Juncker eilt Merkel zu Hilfe
Erst stellte er sich hinter Österreichs Kanzler Kurz und dessen Abschottungs-Politik. Dann schwieg Kommissionschef Juncker – bis die Krise in Berlin ausbrach. Nun eilt er Kanzlerin Merkel zu Hilfe, mit einem hastig einberufenen Sondergipfel.
Hier die offizielle Erklärung der EU-Kommission, die fast nichts erklärt:
Kommissionspräsident Juncker hat für Sonntag ein informelles Arbeitstreffen in Brüssel zum Thema Migration und Asyl einberufen, um mit einer Gruppe von Staats- und Regierungschefs interessierter Mitgliedstaaten im Vorfeld des anstehenden Europäischen Rates an europäischen Lösungen zu arbeiten.
Die Brüsseler Behörde teilte zunächst nicht einmal mit, wer an diesem Treffen teilnehmen wird. Später war von zehn Staaten die Rede – knapp ein Drittel der 28 EU-Mitglieder.
Der für Gipfeltreffen zuständige EU-Ratspräsident Tusk hatte sich geweigert, Merkel ein eigenes Forum zu bieten. Juncker hat weniger Skrupel – doch auch er dürfte es schwer haben.
Denn wieso sollten Griechen und Italiener neuen Rücknahmeabkommen zustimmen, die am Ende nur Merkel helfen? Und von welcher “europäischen Lösung” spricht Juncker überhaupt?
Bisher hat er stets so getan, als sei sie längst in der Pipeline. Jetzt zeigt sich, dass sie in letzter Minute zusammengezimmert werden muss, denn die EU-Kommission steht mit leeren Händen da.
Sie kann nicht einmal erklären, ob das Dublin-Abkommen es erlaubt, Asylbewerber an der (deutschen) Grenze zurückzuweisen, wie dies Innenminister Seehofer und die CSU vehement fordert.
Die “Hüterin der Verträge”, als die sich die Kommission gern feiert, schweigt zu dieser entscheidenden Frage. Auch die Frage der gerechten Lastenteilung, vulgo Umverteilung von Flüchtlingen, ist ungelöst.
Klar ist nur, dass Juncker & Co. Angst vor Seehofer und den “Populisten” haben. Deshalb soll die EU nun mal wieder Merkel helfen – wie schon 2015. Ist das wirklich die ”Aufgabe der Kommission?
Oder geht es nicht auch darum, dass Juncker seine eigene Haut rettet?
Siehe auch “So scheitert die Union (in Berlin und Brüssel)” sowie “Game over” (E.Book zum Juncker-Finale)
supergirl
22. Juni 2018 @ 21:45
Das Zusammenkommen per Junker auf einen Gipfel, den Merkel braucht, vorher in Merseburg mit Macron und Junker besprach, und die vorab verschickten Abschlusserklärung zeigt doch auf, das Frau Merkel nicht unbedarft handelt. Sie wollte sich ein Papier sichern, um den innenpolitischen Streit beizulegen.
Die Visagrad-Staaten haben das Spiel durchschaut und von vorneherein so kommuniziert, ihre Absage so begründet.
Merkel geht wirklich so weit, innenpolitische Probleme nach aussen zu tragen, um innenpolitisch…”zu überzeugen”.
Das ist in meinen Augen einer der schwächsten Stunden in Demokratie und einer der schwächsten Stunden der “eu”, welche nun dort über Junker ermöglicht wird.
Die eu erweckt den Eindruck, sie wäre Merkel…das hat das team Junker, Merkel, Macron erreicht. Es wird Jahre dauern, diesen Fehler auszubügeln…und es wird, wie Oettinger es befürchtet, natürlich deutschen Einfluss kosten. Zu Recht; das ist ein ganz mieser Stil zur Rettung der Merkelschen Dominanz. Vor allem dumm; sie ist jetzt in Methode aufgeflogen. Überzeugen kann sie nicht mehr.
kaush
21. Juni 2018 @ 17:02
@ebo Wenn Dir das wirklich nicht klar ist – Dir kann geholfen werden. Stichpunktartig:
Bundestag: Wir hatten auch in der letzten Legislaturperiode eine tief rot-grüne Bundeskanzlerin, die natürlich nicht von der rot-grünen Opposition für rot-grüne Politik angegriffen wurde. Irgendwie logisch, oder?
Bundesverfassungsgericht: “…Die Bundestagsabgeordneten waren nicht gewillt, das Bundesverfassungsgericht anzurufen. Und die Verfassungsbeschwerden von Bürgern nahm das Bundesverfassungsgericht ohne Begründung nicht zur Entscheidung an. Auch der Autor hatte bereits im September 2015 – erfolglos – eine solche Verfassungsbeschwerde gegen die Grenzöffnung erhoben, andere taten es einige Zeit später ebenfalls erfolglos. …”
https://www.tichyseinblick.de/daili-es-sentials/wissenschaftlicher-dienst-des-bundestags-keine-rechtsgrundlage-fuer-merkels-grenzoeffnung/
Also Bundesverfassungsgericht: Dröhnendes Schweigen. Tausende Anzeigen von Bürgern gegen Merkel – die Bundesanwaltschaft sieht keinen Handlungsbedarf, ein Verfahren wird nicht eröffnet.
So viel zur unserer “unabhängigen” Justiz. Es gibt somit keine rechtliche Klärung. Bis jetzt. Aber noch ist nicht aller Tage Abend.;)
Wahlen: Richtig, viele haben noch CDU und SPD gewählt.
Zwei Gründe sehe ich da:
1. eine gewaltige Propagandamaschinerie. Das öffentlich-rechtliche Regierungsfernsehen kann 8 Milliarden Euro Zwangsgebühren / Jahr verfeuern. Das wird für gnadenloses Bashing gegen die AFD eingesetzt. Göbbels wäre stolz auf seine Nachfolger. Auch wenn sie und die grünen Leitartikler dramatisch an Reichweite und Deutungshoheit verlieren – es bleibt (noch) nicht ohne Wirkung.
2. Desinteresse und / oder der Glauben, dass wird schon alles irgendwie spurlos an mir und meiner Familie vorüberziehen. Es trifft ja immer nur die anderen.
ebo
21. Juni 2018 @ 17:57
Merkel ist nicht tief rot-grün, sondern Umfragen-hörig. Sie folgt einfach dem Trend, der schon lange kein Genosse mehr ist und auch kein Öko. Ihr aktuelles Problem ist, dass der Trend in Berlin und München völlig auseinander laufen. Deshalb eiert sie rum wie noch nie. Das “europäisch” oder “pro-französisch” ist nur noch Fassade, in Wahrheit macht sie seit 2015 nur noch nationale Deals – erst mit Griechenland in der Schuldenkrise, dann mit der Türkei in der Flüchtlingskrise, morgen vielleicht mit Tunesien, Algerien oder Ägypten… Gerade eben ist sie vor den Nationalisten in Rom eingeknickt und hat den Masterplan von Juncker in die Tonne gekloppt, um Salvini und Conte zu gefallen!
Thomas
21. Juni 2018 @ 16:08
Sie hat offenbar vollkommen die Orientierung verloren und taktiert immer hektischer. Ein anderes Ziel als Machterhalt (oder so viel Immigration wie möglich nach D zuzulassen?) ist nicht ersichtlich.
Solveig Weise
21. Juni 2018 @ 19:21
Merkel steht für völlige intellektuelle Leere. Diese Frau hat keine Visionen und keine Ziele abseits des Machterhaltes. Sie regiert denkbar schlecht einer diffusen Demoskopie hinterher und tut meistens nichts. Wenn die Dame dann einmal eine Entscheidung trifft ist es (zumindest aus meiner Perspektive) die denkbar schlechteste Alternative. Merkel gibt infantiler Orientierungslosigkeit ein Gesicht.
Kleopatra
21. Juni 2018 @ 12:22
Zehn Staaten sind nicht knapp, sondern ein bisschen mehr als ein Drittel von 28; und wenn man den Bevölkerungsanteil heranzieht, möglicherweise noch deutlich mehr. Es ändert nichts daran, dass das Vorgehen “fischig” wirkt. Dass ein Kommissionspräsident auf die Schnelle einen Teil-EU-Gipfel wenige Tage vor dem ohnehin regulär stattfindenden ansetzt; dass er dies abrupt macht, nachdem innerhalb von wenigen Tagen sich die deutsche Politik verfahren hat; dass er somit anscheinend auf ein von einem Teil der deutschen Regierung an die deutsche Regierungschefin formuliertes Ultimatum reagiert; dass er somit den Eindruck entstehen lässt, dass für ihn die Stützung eines bestimmten amtierenden Regierungschefs ein Ziel für die EU-Kommission ist (als ob es nicht ein völlig normaler Vorgang wäre, dass in einem demokratischen Staat auch mal eine Regierung gestürzt wird): Lauter Merkwürdigkeiten. Gehört Junckers Loyalität primär der EU oder Merkel?
Solveig Weise
21. Juni 2018 @ 16:44
Juncker ist Mitglied der EVP. Da ist doch klar was läuft. Jeder, der der Meinung ist der Mann hätte Anstand sei an den folgenden Satz dieses Herren erinnert: „Wenn es ernst wird muss man lügen“. Noch Fragen?
kaush
21. Juni 2018 @ 08:58
Da gibt es so eine komisches Ding in Deutschland. Nennt sich Grundgesetz.
Da steht:
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
Art 16a
(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist…“
Das bedeutet, jeder, der auf dem Landweg nach Deutschland kommt, hat keinen Anspruch auf Asyl.
Ähnlich muss es bei den Franzosen sein, denn die weisen zehntausende im Jahr, die aus Italien kommen, zurück.
Thomas
21. Juni 2018 @ 13:29
Seit 2010, spätestens 2015 leben wir unter der Herrschaft des Unrechts. Eine der Kernaufgaben, wenn Merkel endlich weg ist, ist die Wiederherstellung der Herrschaft des Rechts.
Wer das Recht ausser Kraft setzt, die Gründe wie vorgeschobene “höhere Moral” spielen keine Rolle, öffnet langfristig die Tore zur Hölle.
Deutschland ist innerlich wie äusserlich verlottert. Der Wiederaufbau, falls noch möglich, wird schwer und schmerzhaft. Merkel hinterlässt ein schlimmes Erbe.
ebo
21. Juni 2018 @ 15:42
Seit 2010? Herrschaft des Unrechts? Und wieso hat das Bundesverfassungsgericht nicht protestiert, der Bundestag alles gebilligt, wieso wurde die Kanzlerin immer wiedergewählt? Die große Mehrheit in Deutschland sieht dies offensichtlich anders.
Solveig Weise
21. Juni 2018 @ 16:40
@ebo: Der Bundestag hat sich z.B. mit der Frage der bedingungslosen Grenzöffnung nie befasst. Aber ich gebe Ihnen selbstverständlich Recht. Hätte man die Frage zur Abstimmung gestellt hätte die große Mehrheit dafür gestimmt, selbst in der CSU. In der Tat gebilligt hat der Bundestag die Rettungsmilliarden für Irland, Zypern, Spanien, Portugal und Griechenland. Aber wer den Politikbetrieb kennt weiß doch wie es läuft. Man will wieder auf die Liste bei der kommenden Wahl……da macht man eben das was Kauder sagt. Ausnahmen bestätigen hier nur die Regel (Bosbach oder Willsch). Schäuble hat die Zustimmung der Union für das dritte Griechenland-Pakt im Bundestag auch damit erkauft, dass sich der IWF beteiligt….passiert ist dies natürlich nicht. Und es interessiert auch niemanden.
ebo
21. Juni 2018 @ 18:00
Dass der Bundestag mit dem “Wir schaffen das” nicht befasst wurde, ist ein demokratischer Skandal. Auch der Umgang mit dem IWF ist skandalös. Aber solange Merkel immer wieder Gefolgsleute findet, die alles mitmachen – sogar in der SPD – wird sich an ihrem Verhalten nicht viel ändern.
Peter Nemschak
20. Juni 2018 @ 16:04
Die Verteilungsfrage ist leichter zu lösen, wenn man den Zustrom Illegaler zum Versiegen bringt, was legale restriktive Prozeduren für einwanderung und eine konsequente Außensicherung erfordert. Wenn die Länder einmal ja dann wieder nein zur Aufnahme sagen, werden es Migranten aus dem Süden immer wieder versuchen. Die EU sendet keine eindeutige Botschaft an Migrationswillige. Es fehlt an Konsequenz und Durchsetzungswillen. Warum eigentlich? Kein Mitgliedsstaat hat ein gesteigertes politisches Interesse daran Migranten aufzunehmen. Wo es rechtliche Hindernisse gibt, sind sie zu beseitigen, um das gemeinsame Ziel zügig zu erreichen. Juncker und Merkel haben in Sachen Migration das Thema verfehlt.