Ist der Brexit-Deal nun tot – oder nicht?
Der Brexit-Deal ist tot – hoch lebe der Brexit-Deal! Einen Tag nach der historischen Niederlage im britischen Unterhaus hat die EU den Schuss immer noch nicht gehört. Das Europaparlament will den Deal sogar noch unverändert ratifizieren!
Dies sagten mehrere EU-Abgeordnete bei einer turbulenten Aussprache. Auch EU-Kommissionschef Juncker hält an dem Deal fest. “Der Deal liegt auf dem Tisch, er ist gut und fair”, erklärte er allen Ernstes.
Dabei schwenkt sein Chefunterhändler Barnier schon leise, aber vernehmlich um. Man sei zu Neuverhandlungen bereit, sagte er in Straßburg. Voraussetzung sei aber, dass die Briten ihre bisherigen “roten Linien” ändern würden.
Gemeint ist vor allem Theresa Mays Weigerung, über eine dauerhafte Zollunion zu reden. Genau dazu wäre aber Labour-Chef Corbyn bereit. Er hat die Zollunion sogar öffentlich als Alternative gepriesen.
Und so kommt es, dass selbst konservative EU-Abgeordnete nun plötzlich auf Corbyn hoffen. Aber erst muß May das Misstrauensvotum überstehen, das der Oppositionsführer eingereicht hat.
Danach müßte es Gespräche zwischen May und Corbyn geben. Und dann ein parteiübergreifendes Bündnis. Und dann einen neuen Vorschlag aus London. Und dann die Bereitschaft der EU, darüber zu reden…
Wenn man sich das durch den Kopf gehen lässt, kann man eigentlich nur zu einem Schluß kommen: Der Brexit-Deal ist tot – ist traut sich in Brüssel und Berlin nur noch niemand, es zu sagen!
P.S. Die einzige Möglichkeit, den Deal zu retten, wäre ein Aufschub des Brexit. Tatsächlich wird das in Brüssel bereits erwogen. Ein Gedankenspiel besagt, dass man den Briten bis Ende 2020 Zeit gibt – bis dahin würde der Deal im Kühlschrank bleiben…
Holly01
17. Januar 2019 @ 08:27
Für maximale Zersetzung gäbe es noch eine Option:
UK verbleibt in der EU und geht auf Blockade.
Der Brexit wird nur ausgesetzt.
Mit dem unbestimmten Ziel diesen Brexit „vorzubereiten“ blockieren die Britten jede Entscheidung, die ihrem Brexit zuwider laufen könnte.
Das würde den Briten die Möglichkeit geben zB auch die Regeln für den Euro maximal zu behindern, denn die 3% und die 60% sind ja nun nicht gerade sichere Marken.
Also es muss nicht zu einem no deal Austritt kommen, es kann auch einen no deal Verbleib geben.
Das wird lustig, wenn die Briten irgendwann im Sommer um die Ecke kommen und „Ihre“ Proporzpöstchen einfordern …..
2019 scheint ein buntes Jahr zu werden.
@ Hr. Nemschak: Absolut niemand interessiert sich für das was Sie reale Wirtschaft nennen. Desto größer der Schaden, desto besser die show. Die EU soll geschwächt werden, egal auf welcher Ebene, die EU soll runter.
vlg
Peter Nemschak
17. Januar 2019 @ 11:53
Schadenfreude und Masochismus sind menschliche Eigenschaften, Ergebnis narzisstischer Kränkung. Viele Menschen, die für den BREXIT gestimmt haben, taten dies nicht, weil sie für sich eine materielle Besserstellung erhofften, sehr wohl aber , weil sie für “die da oben” eine Verschlechterung herbeisehnten. Auf Ebene der Staaten sollten derlei niedere Instinkte keinen Platz haben und rechnerisches Kalkül das Handeln bestimmen. Man wird sehen, ob die Eliten ihrem Ruf gerecht werden, gescheiter als die Masse zu sein. Wenn man die Debatten im Unterhaus verfolgte, kommen diesbezüglich berechtigte Zweifel auf.
Holly01
17. Januar 2019 @ 12:31
Die Briten haben im 19. Jahrhundert schon einmal Europa mit destruktiver Politik zerrüttet und in den Doppelweltkrieg getrieben.
Die Deutschen haben da mit Ihrer Überheblichkeit und Dummheit gut mitgearbeitet und tragen dank der Nazi-Exzesse eine moralische Hauptlast.
Betreiber der Entwicklung waren aber die Briten (und die Franzosen, zumindest vor dem DoppelWK, danach hatten die nicht mehr so die Wahl).
Und sie sind es jetzt wieder, ich hoffe nur Deutschland verhält sich dieses Mal klüger.
vlg
Holly01
16. Januar 2019 @ 23:41
Es ist schon erstaunlich, wie das Umfeld der “Brexit” Geschichte weggeblendet wird.
Es war eine Kampagne.
Haben die Protagonisten Nachteile? Nein.
Ist es etwa unbekannt, welche Mittel und Lügen eingesetzt wurden? Nein
Gab es zu irgend einem Zeitpunkt von der EU oder dem UK eine Verhandlungsposition, die eine Chance auf ein Abkommen gehabt hätte? Nein.
Gab es von Seiten UKs Vorbereitungen für den Brexit? Nein.
Gab es von Seiten der EU Vorbereitungen? Nein.
Wurde das Referendum in Frage gestellt? Nicht ernsthaft.
Man hat ein Ergebnis herbeigeführt und dafür gesorgt, das es kein tragfähiges Ergebnis gibt, mit dem die Folgen abgemindert werden können.
Es gab nie einen “deal” und es sollte auch nie einen geben.
Der ungeregelte, knall harte Austritt war von Anfang an das Ziel und das werden wir sehen.
Warum?
Da kann ich genau so gut spekulieren wie jeder andere.
Es passt in das Umfeld.
Es gab ja von Bannon nahen Kräften bereits den Begriff des “europäischen Frühlings”.
Das Umfeld ist bereitet.
Auch das Jugoslawien Szenario ist möglich, auch dieses Umfeld ist bereitet.
Vieles deutet auf Krieg hin, noch viel mehr auf bürgerkriegsähnliche Zustände innerhalb der EU.
Egal was es wird, die Drähte werden in D.C. gezogen.
Die EU Politiker (also die in Brüssel wie die nationalen) werden hörig genau das tun, was ihnen angewiesen wird. Das ist sicher.
Für die wahrscheinlichste Variante halte ich die Zerstörung des Euro (also Absicherung des Dollar) und einen Hansel dem man als Watschenheini die Schuld zuweisen kann.
Die Aggressivität der USA gegenüber Deutschland, lässt mich vermuten, dass es da einen Favoriten gibt.
Wir werden sehen.
UK wird auf Zeit spielen und die show so lange ziehen wie irgend möglich. Wahrscheinlich mit Neuwahlen und anschliessendem neuen Votum der Briten, aber auf jeden fall alles lange (LAAAAANNNNGGGGGEEEEE) nach der Wahl zum EU Parlament, um einen schicken Schwebezustand zu erhalten.
Destabilisierung ist das Stichwort bzw. Zersetzung wenn man es genauer betrachtet.
vlg
Oudejans
16. Januar 2019 @ 14:07
>>”Der Brexit-Deal ist tot – [es] traut sich in Brüssel und Berlin nur noch niemand, es zu sagen!”
Brüssel ist einfach nicht daran gewöhnt, Entscheidungen der Mitgliedsparlamente politische Wirkung zuzuschreiben.
Alleine dafür: Rule, Britannia.
#BentUVoorOfTegen
Peter Nemschak
16. Januar 2019 @ 16:34
Im wirtschaftlichen Interesse des UK und der EU könnte es vor dem BREXIT zu einem neuen Deal kommen: freier Güterverkehr zwischen der EU und dem UK, um die Wertschöpfungsketten nicht unnötig zu beeinträchtigen. Über den Rest kann man später verhandeln.