Gestörte Kommunikation

Vor der Vorlage seines Budgetentwurfs für 2021-2027 hat EU-Kommissar Oettinger die Hauptstädte der Mitgliedstaaten konsultiert. Trotzdem kommt sein Plan nicht an. Woran liegt das?

Offenbar haben wir hier einen Fall von gestörter Kommunikation. Das fängt schon mit der Pressearbeit an: Die 1000 Brüsseler EU-Korrespondenten wurden von der Vorlage regelrecht überrumpelt.

Die angekündigte Pressekonferenz wurde kurzfristig abgesagt, stattdessen traten Oettinger und sein Chef Juncker im Europaparlament auf. Die Presseinfos wurden viel zu spät verschickt, viele Reporter waren sauer.

Für Verwirrung sorgte auch das Zahlenwerk der Kommission. Oettinger präsentierte zwei Datensätze: mit und ohne Inflation. Dabei setzte er bis 2027 eine Inflationsrate von 2 Prozent an – derzeit ist sie nur halb so hoch.

Zudem gab es Änderungen in letzter Minute. Um den Mitgliedstaaten entgegenzukommen,  wurde das Budget weniger stark erhöht als angekündigt. Doch das “freundliche” Manöver zeigte nicht die erhoffte Wirkung.

Denn viele EU-Staaten sind gegen ein höheres Budget – egal, wie groß die Erhöhung im Detail ausfällt. Sie sehen nicht ein, dass die EU mehr ausgeben will, obwohl sie nach dem Brexit kleiner wird.

Offenbar hat das Weißbuch zur Zukunft der EU, das die Kommission vor einem Jahr vorlegte, seine Wirkung verfehlt. Juncker wollte erreichen, dass sich die Regierungen zu einem Szenario bekennen, und die entsprechenden Finanzmittel freizugeben.

Stattdessen entscheiden sie nach Tagesform. Das gilt auch für Deutschland, wo man – mit Rücksicht auf die AfD – nicht als Zahlmeister erscheinen will. Finanzminister Scholz (SPD) meldete prompt Bedenken gegen Oettingers Entwurf an.

Dabei hatte Oettinger fast alle deutschen Wünsche aufgenommen. Das wiederum kommt in den anderen EU-Staaten nicht gut an. Dass Oettinger deutsch ist und das CDU-Parteibuch hat, macht die Sache nicht besser.

Und dass hinter den Kulissen der deutsche und CDU-nahe Generalsekretär Selmayr die Strippen zieht, sorgt für noch mehr Argwohn. Die meisten EU-Staaten mißtrauen Junckers “Monster”.

Das “Selmayrgate” hat die Stimmung zusätzlich vergiftet. Juncker und sein Team werden in vielen EU-Hauptstädten nicht mehr ernst genommen, weil sie sich nicht ernst genommen fühlen.

Kurz: Die Kommunikation ist gestört…