Geschenk mit Hintergedanken
Die EU-Kommission will den Telekom-Markt liberalisieren und die Roaming-Gebühren abschaffen. Auf den ersten Blick ist dies endlich mal eine gute Nachricht aus Brüssel. Doch leider hat sie einen Haken.
Immer wenn Europa in der Krise ist, sinnt die EU-Kommission auf ein Geschenk an die Bürger. Am liebsten senkt sie dann die Roaming-Gebühren – schließlich freuen sich die Menschen, wenn ihre Handyrechnung bei Urlaubs- und anderen Auslandsreisen nicht mehr explodiert.
Das war schon 2005 so – nach dem Nein der Franzosen und Niederländer zur EU-Verfassung. Damals hat Brüssel zum ersten Mal an der Roaming-Schraube gedreht. Und das ist auch heute noch so – nach dem massiven Vertrauensschwund infolge der immer noch nicht überstandenen Eurokrise.
Die für Telekom zuständige EU-Kommissarin Kroes will diesmal nicht kleckern, sondern mal so richtig klotzen. Die verhassten Roaming-Gebühren sollen 2016 ganz verschwinden, die ärgerlichen Aufschläge bei Auslandsgesprächen sollen bereits 2014 fallen.
Endlich einmal eine gute Nachricht aus Brüssel, werden sich viele sagen. In der Tat sticht die Ankündigung von Frau Kroes wohltuend aus den Meldungen der letzten Wochen heraus. Zuletzt war man aus Brüssel fast nur noch Spardiktate und andere bürokratische Zumutungen gewöhnt.
Freuen wir uns also, zumindest für einen Tag. Denn viel länger dürfte die Begeisterung nicht anhalten. Zum einen hat Kroes die Rechnung ohne die Telekom-Konzerne gemacht. Sie werden sicher Mittel und Wege finden, die Roaming-Gebühren an anderer Stelle einzutreiben, wie sogar Verbraucherministerin Aigner fürchtet.
Zum anderen hat der Entwürf mehrere Pferdefüsse, etwa bei der so genannten Netzneutralität im Internet. Er stößt daher auch auf Widerstand im Europaparlament. Dass er schon 2014 in Kraft treten könnte, wie die EU-Kommission wünscht, erscheint daher unwahrscheinlich.
Schade eigentlich. Denn vor der Europwahl im Mai nächsten Jahres braucht die EU dringend gute Argumente, um die Bürger zu überzeugen. Vielleicht sollte die EU-Kommission auf die Schnelle noch ein paar verbrauchernahe Initiativen ergreifen, wenn möglich ohne Pferdefuss?
Dieser Kommentar erschien zuerst in der “taz”
Ludwig Büchner
13. September 2013 @ 12:29
Ist mal wieder eine schön verpackte Falle und das kann man auch schon heraus arbeiten, so wie hier in der Zeit: http://www.zeit.de/digital/internet/2013-09/netzneutralitaet-verordnung-kroes