Feige “Euroretter”
Sein oder Nichtsein – darum geht es angeblich im Endspiel der Eurokrise um Griechenland. Sollte dies stimmen (woran Zweifel erlaubt sind), so müssten nun unsere “Euroretter” die Regie übernehmen und Schaden für EUropa abwenden. Doch sie schicken Technokraten vor.
Das absurde Prozedere dieser neuen Eurokrise habe ich in diesem Blog bereits aufgespiesst. Monatelang passiert nichts, die Gläubiger streiten, die Griechen bremsen.
Dann beruft Kanzlerin Merkel einen Krisengipfel im Kanzleramt ein, der die üblichen EU-Verfahren und “Formate” auf den Kopf stellt und mit einem neuen Spar- und Reformdiktat endet.
Doch statt nun zu ihren neoliberalen Zumutungen zu stehen (z.B. Kürzungen bei den kleinsten Renten, Absage an Kollektivverträge auf dem Arbeitsmarkt) dürfen nun Technokraten die Drecksarbeit übernehmen.
Nicht etwa gewählte Politiker, sondern die Staatssekretäre der völlig intransparenten Euro-Arbeitsgruppe trafen sich am Freitag in Bratislava, um vertraulich einen Plan B zu besprechen, von Kapitalverkehrskontrollen bis Grexit.
Gespräche auf “niedriger technischer Ebene”
Derweil gingen in Brüssel die Verhandlungen (über was eigentlich, es steht doch eh alles fest, oder Frau Merkel?) auf “niedriger technischer Ebene” weiter, wie die EU-Kommission mitteilte.
Kommissionschef Juncker warnte zwar lauthals vor den Folgen eines Rauswurfs aus dem Euro. Offenbar ist er sauer auf den IWF, der den harten Mann markiert und Kompromisse ablehnt.
Doch statt einen Euro-Krisengipfel einzuberufen oder wenigstens eine politische Entscheidung zu fordern, lässt auch Juncker, der Chef der “politischen” EU-Kommission, dem Drama seinen Lauf.
Merkel überlässt es der SPD, Tsipras den Rest zu geben
Auch Merkel duckt sich weg. Sie, die für das ultimative Spardiktat – pardon, “Angebot” – verantwortlich ist, überlässt es lieber der SPD und der “Bild”-Zeitung, dem “netten Herrn Tsipras” den Rest zu geben.
Offenbar sind unsere Euroretter zu feige, zu ihren fatalen Entscheidungen zu stehen. Und gleichzeitig sind sie zynisch genug, alles auf die “technische Ebene” zu schieben – als sei der Grexit ein Verwaltungsakt…
…aber vielleicht handelt es sich ja auch nur um eine perfide Inszenierung – oder einen Bluff, wie Finanzminister Varoufakis wohl immer noch glaubt?
Siehe dazu auch “Die inszenierte Krise”
Horst Hektor
22. Juni 2015 @ 00:00
Zu Andres Müller 18. Juni 2015 at 23:10 # : Dieser grundstürzende Artikel jetzt in deutscher Abhandlung bei DWN unter http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2015/06/21/der-grexit-als-erster-akt-der-finalen-zerstoerung-der-eu/…Die begriffenen Konsequenzen sind unglaublich bis unfassbar oder unendlich befreiend. MfG HH
winston
15. Juni 2015 @ 20:46
Return to devalued drachma, cost-push inflation and international competitiveness
Abstract
This paper presents empirical estimates of the effects of a return to devalued drachma on the cost-inflation rate in the Greek economy. The results show moderate effects and the potential for substantial improvements in the balance of goods and services.
http://mpra.ub.uni-muenchen.de/35413/
Johannes
15. Juni 2015 @ 18:15
Geil, die Geldgeber sind wie immer hier auf dem Blog die Bösen und lügen ohne Ende und Griechenland hat in allem recht und sagt jedes mal die totale Wahrheit, köstlich, köstlich.
Giannis Varoufakis sagt heute oder am WE, dass GR ein Geld mehr von Deutschland und der EU haben will – Damit ist endlich alles gesagt, niemand muss mehr für GR zahlen … und in diesem Blog hat ja wohl jeder gelernt: Griechenland sagt immer die Wahrheit.
GR will kein Geld mehr von uns. ENDLICH 🙂 .
Damit ist der Grexit vom Tisch und alles ist super. Niemand braucht mehr irgendwelche Gipfel noch Treffen, denn die sind ja nur nötig, weil GR Geld WOLLTE. Aber GR will ja kein Geld mehr, sagt Giannis Varoufakis, und Griechenland sagt ja immer die Wahrheit!!!!!!!!!!!!!
ebo
15. Juni 2015 @ 18:24
@Johannes Richtig. Ein Land, das Primärüberschüsse macht UND wächst, braucht keine neuen Hilfskredite. Ein Land hingegen, dass nur Überschüsse macht, um die alten Schulden zu bedienen, aber nicht mehr wächst, ist ohne Hoffnung. Es ist eine Schulden-Kolonie und ein abschreckendes Beispiel für alle, die es wagen, keine GroKo zu wählen. QED
Peter Nemschak
16. Juni 2015 @ 14:31
Der Schuldendienst Griechenlands für die Altschulden ist in den nächsten Jahren minimal. Allerdings sind die Altschulden ein Druckmittel der Gläubiger für Reformen.
winston
15. Juni 2015 @ 13:52
Der Austritt Deutschlands wäre die günstigste und unproblematischste Variante diesen Wahnsinn zu beenden.
Bezweifle aber das der Deutsche Arbeitgeberverband da zustimmen würde.
Wenn die EZB die ELA Kredite stoppt ist Schluss. Dann hat Griechenland 2 Möglichkeiten:
a) Es geht sprichwörtlich vor die Hunde.
b) Die Griechische Zentralbank wird aktiviert und Druckt Drachmen. Dabei müssen die Banken nationalisiert werden. Um das zu machen muss Griechenland aus dem Euro raus und seine Monetäre Hoheit zurückerlangen.
Die Überbrückungszeit bei der Umstellung von Euro auf Drachme wird hart, Sobald alles umgestellt ist kann’s nur noch eine Richtung geben für das Griechische BIP, nach oben. Sobald das passiert kann man den Euro zu grabe tragen.
Von wegen Irreversibilität des Euros. Es gibt nur 2 Sachen die Irreversibel sind: Dummheit und der Tod.
GS
15. Juni 2015 @ 17:23
Hi Winston, für das griechische BIP geht’s dann vermutlich rauf, da stimme ich Dir zu. Aber das bedeutet nicht unbedingt, dass dadurch der Lebensstandard der Bevölkerung steigt. Der wird erst einmal noch einen weiteren empfindlichen Schlag erfahren, bevor es wieder aufwärts geht.
Reinard
15. Juni 2015 @ 08:54
@Renzo. Richtig. Tut es auch nicht. Wie fast alles, was man versucht, uns unterzujubeln.
Renzo
14. Juni 2015 @ 21:23
Tja, Geldsäcke scheinen überall Narrenfreiheit zu haben. Rentner haben ja auch kein Heer von Anwälten. Allerdings scheinen die Rentner in Griechenland ja tatsächlich mehr Rente zu bekommen als hier bei uns und früher in Rente zu gehen. Liest man jedenfalls überall – muß aber deswegen nicht unbedingt stimmen.
Peter Nemschak
15. Juni 2015 @ 07:13
Ein objektiver Vergleich der Rentensysteme in der EU, basierend auf Fakten, könnte Emotionen aus der griechischen Rentendebatte nehmen. Schuldzuweisungen, wer an einem Grexit, falls er stattfindet, Schuld trägt, sind in Wahrheit unsinnig. Faktum wäre, dass sich die Verhandlungspartner politisch nicht einigen konnten. Ob das griechische Rentensystem bei einem Grexit in der jetzigen Form aufrecht erhalten werden kann, muss die griechische Regierung ihren Wählern erklären.
DerDicke
15. Juni 2015 @ 12:25
Sagen wir wie es ist:
es wird nicht zusammenwachsen, was nicht zusammen gehört. Wir haben unsere eigenen Probleme, also lösen wir erst mal die, bevor die von anderen angehen.
Und wenn das ganze System mit jeder Wahl in jedem Mitgliedsland auf der Kippe steht ist es müßig, sich zu fragen ob es crasht, sondern die Frage ist nur noch das wann.
Die Parteien stehen bereit, viele Wähler haben die Nase voll.
Daher lässt sich Europa langfristig nur noch mit Gewalt und Abschaffung der Demokratie zusammenhalten, es kann ja nicht sein dass “das Volk” auf einmal seine Nationalität (und Souveränität!) zurück haben will.
Aber keine Angst – das hat schon bei den Sowjets nicht funktioniert.
Andres Müller
18. Juni 2015 @ 23:10
@Nemschak, wussten Sie dass die (männlichen) Griechen den Arbeitsmarkt im Durchschnitt mit 64,4 Jahren verlässt? Welches Rentensystem hätten Sie denn gerne? Siehe “die Mär von den faulen Griechen”
http://blog.zeit.de/herdentrieb/2015/06/18/die-griechische-rentenluege_8472
Und so ist es noch mit manchen Presseberichten die sich bei genauem Hinsehen als hartnäckige Lügen oder Vorurteile entpuppen. Nicht zuletzt wurde die gesamte griechische Wirtschaft von IWF bis Troika nicht richtig analysiert, anhand falscher Annahmen wurden falsche Auflagen gefordert -und die Irrtümer bestehen seit vielen Jahren: (Analyse über diese Irrtümer und Vorschläge -english-
http://www.socialeurope.eu/wp-content/uploads/2015/06/OccPap-8.pdf
Peter Nemschak
15. Juni 2015 @ 09:31
@ebo Bei Politikern, unabhängig von ihrer politischen Ausrichtung, habe ich diesbezüglich einen Generalverdacht, der durch jahrelange Beobachtung immer wieder bestätigt wurde. Erinnern Sie sich an die Schwarzgeldkonten französischer Linkspolitiker in der Schweiz. Die Rechten und Rechtspopulisten sind um nichts besser. Nur erwarten viele nichts anderes von ihnen. Aus moralischen Gründen drängen die Menschen selten an die Macht. Macht ist und macht geil. Womit begründen Sie ihren Optimismus?
Renzo
14. Juni 2015 @ 21:05
Warum holen sich die Griechen nicht endlich mal Steuern von ihren reichen Reedern? Oder versuchen transferiertes Geld aus der Schweiz zurückzuholen? Die Schweiz hat doch ihre Hilfe angeboten. Warum passiert da nichts? Versteh ich nicht.
ebo
14. Juni 2015 @ 21:07
Gute Frage, verstehe ich auch nicht! Aber die Troika scheint das nicht zu kümmern, die holt das Geld lieber bei kleinen Rentnern…
Peter Nemschak
15. Juni 2015 @ 08:31
Die Antwort liegt auf der Hand: es liegt der Verdacht nahe, dass einige prominente Mitglieder der jetzigen griechischen Regierung substantielle private Gelder in der Schweiz steuerhinterziehend geparkt haben. Warum sollen gerade griechische Politiker eine Ausnahme zu der in Griechenland besonders weit verbreiteten Unart der Kapitalflucht und Steuerhinterziehung darstellen?
ebo
15. Juni 2015 @ 09:09
Wo haben Sie das denn her? Irgendwelche Belege?
DerDicke
14. Juni 2015 @ 17:17
Man kann Griechenland nicht rauswerfen, man kann sie nur so lange quälen bis sie freiwillig gehen.
Sollte die Zone dadurch kollabieren hat man auch gleich den Sündenbock.
Scheinbar erkennt man langsam, dass die Kunstwährung in der aktuellen Form in den Crash führt. Wenn es schon crashen muss will man wenigstens nicht als Schuldiger in den Geschichtsbüchern enden.
Renzo
14. Juni 2015 @ 21:37
Das denke ich auch. Merkel hat die SPD (und die FDP) schonmal verarscht. Hat ein Talent dafür alle unangenehmen Entscheidungen einer Regierungszeit ihrem Koalitionspartner in die Schuhe zu schieben. Und sie selbst ist Teflon in Reinkultur. Könnte man fast bewundern, wenns nicht so gruselig wäre.
ebo
14. Juni 2015 @ 22:20
Wenn Merkel & Gabriel Griechenland aus dem Euro werfen wollen, ist das ihr gutes Recht. Nur sollen sie es dann bitteschön auch offen sagen, auf einem Euro-Gipfel in Brüssel und nicht in Berlin) beschließen lassen – und dann die Konsequenzen tragen!
DerDicke
15. Juni 2015 @ 08:34
Zeig mir bitte den Passus in den Verträgen, der den expliziten Rauswurf eines Landes aus der Währungsunion ermöglicht.
Wer darf über den Rauswurf bestimmen, wer stimmt darüber ab, mit welcher Mehrheit muss dies erfolgen, wie sind die Fristen, wie kann sich ein Land dagegen wehren,…
Es ist daher nicht “ihr Recht”, da dies a) weder gesetzlich noch vertraglich geregelt ist und b) nicht die Kanzlerin und der Finanzminister eines einzelnen Mitgliedslandes darüber entscheiden können wer bleibt und wer geht. Ebensogut könnten unsere zwei Griechen entscheiden, Deutschland aus dem Euro zu werfen. Ok, das wäre wenigstens sinnvoll und würde den Rest der Eurozone extrem entlasten…
Renzo
14. Juni 2015 @ 22:53
ja, nur das “offen sagen” und “Konsequenzen tragen” nicht gerade die Lieblingsbeschäftigungen von Politikern sind.