Europa rüstet hoch, Deutschland kauft F-35 – und Urteil zu CETA

Die Watchlist EUropa vom 15. März 2022 –

Kanzler Scholz sprach von einer “Zeitenwende”, als er wegen des Ukraine-Kriegs die massive Aufrüstung Deutschlands ankündigte. Doch es war gar keine. Europa rüstet schon seit langem auf, der Unsinn hat schon vor dem Krieg begonnen und den Frieden nicht sicherer gemacht.

In den fünf Jahren bis 2021 hätten die europäischen Staaten 19 Prozent mehr Großwaffen eingekauft als fünf Jahre zuvor, meldet das Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri. Weltweit seien die Waffenimporte dagegen um 4,6 Prozent gesunken – Europa rüstet gegen den Trend.

Die Entwicklung spiegele die in dieser Zeit gewachsenen Spannungen mit Russland wider, meinen die Sipri-Experten. Doch das ist nicht die ganze Erklärung. Vor allem ist sie eine Folge der Nato-Forderung, mindestens 2 Prozent des BIP für Rüstung aufzuwenden – und des amerikanischen Drucks. Remember Trump?

Aufrüstung hat Krieg nicht verhindert

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Hinzu kommt, dass die EU seit 2019 ebenfalls aufrüstet. Die von Ex-Verteidigungsministerin von der Leyen geführte Kommission hat sogar einen eigenen “Verteidigungsfonds” eingerichtet – neben der “Friedensfazilität”, die nun als Kriegskasse für die Ukraine genutzt wird. All das passierte wohlgemerkt vor dem Krieg in der Ukraine.

Das zeigt, wie abwegig die These der Neocons ist, dass der Westen geschlafen und auf “Appeasement” gegenüber Russland gesetzt habe. Eher lässt sich das Gegenteil belegen: Die verstärkte Aufrüstung hat Putin provoziert und den Krieg wahrscheinlicher gemacht.

Zumindest aber hat sie die Eskalation nicht verhindert. Dabei wendet die EU schon jetzt deutlich mehr Geld für Rüstung auf als Russland, wie Luxemburgs Premier Bettel beim EU-Gipfel in Versailles einräumte. Doch “genutzt” hat es nichts – der Krieg kam trotzdem.

Vierte Sanktionswelle heizt Krise an

Immerhin hat der Überfall auf die Ukraine gezeigt, dass die russische Armee nicht so schlagkräftig ist wie erwartet – und dass die Nato schon jetzt über genug Kapazitäten verfügt, um die Ostfront abzusichern. Wozu brauchen wir also noch mehr Waffen?

Schon jetzt wirkt die Hochrüstung in Europa anachronistisch, verglichen mit dem Rest der Welt. Sie wird wertvolle Ressourcen verschwenden und die Welt nicht sicherer machen – im Gegenteil: Denn wir führen ja nun auch noch einen Wirtschaftskrieg gegen Russland.

Am Dienstag wurde eine neue Sanktionswelle auf den Weg gebracht. Es ist bereits die vierte – sie trifft Chelsea-Eigner Roman Abramovich sowie diverse Medien-Mogule. Die Liste wirkt beliebig, offenbar gehen der EU langsam geeignete “Ziele” aus…

Siehe auch unsere neue Schwerpunktseite “Europa im Wirtschaftskrieg” (mit Live-Blog)

Watchlist

Scheitert CETA doch noch? Am Dienstag wird das Bundesverfassungsgericht seine Urteile zu den Klagen gegen das europäisch-kanadische Freihandelsabkommen verkünden. Zivilgesellschaftliche Organisationen hatten Klage eingereicht. Aus ihrer Sicht verstößt das Abkommen gegen das Grundgesetz, weil sie durch CETA eine Einschränkung der Handlungsspielräume der Parlamente befürchten, weil sie die Sonderrechte ausländischer Investoren für unzulässig halten und in dem Abkommen das Vorsorgeprinzip, Kernelement der europäischen Regulierungspolitik, rechtlich nicht abgesichert sehen.

Was fehlt

Der jüngste Erfolg der US-Rüstungsindustrie: Als erstes großes Beschaffungsprojekt nach dem russischen Angriff auf die Ukraine will die Bundeswehr F-35-Tarnkappenjets kaufen. Bis zu 35 Maschinen des US-Herstellers Lockheed Martin seien vorgesehen, heißt es nach Informationen des ARD-Hauptstadtstudios in Berlin. Damit stößt die Bundesregierung nicht nur Frankreich vor den Kopf, wo Präsident Macron von einer gemeinsamen Beschaffung (möglichst französischer) Jets träumt. Sie macht auch den nächsten Schritt zur Atommacht – die F-35 können mit Atombomben ausgerüstet werden.