Endspiel um Iran

Netanajahu und Obama sprechen von Krieg, sie plant Verhandlungen

Die EU hat neue, möglicherweise letzte und entscheidende Gespräche mit Iran über das umstrittene Atomprogramm angekündigt. Zuvor hatte Teheran sich überraschend bewegt und zugesagt, Inspektoren könnten den Militärstützpunkt Parchin besichtigen. Das Mullah-Regime reagiert damit offenbar auf die kaum verhüllte Kriegsdrohung, die Israels Premier Netanjahu bei einem Besuch bei US-Präsident Obama abgegeben hatte. 

Ist Iran das neue Griechenland, also das neue Top-Thema für Medien und Märkte? Diese Frage treibt Analysten und Kommentatoren seit Tagen um. Seit die EU ihre Sanktionen gegen das Mullah-Regime ausgeweitet hat und einen Ölboykott vorbereitet, reagieren die Märkte empfindlich auf jede Bewegung im Atomkonflikt. Vor allem der Ölmarkt ist extrem volatil geworden, was für die krisengeschüttelten Länder Südeuropas zusätzliche Unsicherheit bedeutet. 

Es fehlt nicht mehr viel, und die Iran-Öl-Euro-Krise, über die ich bereits vor Tagen in diesem Blog schrieb, verdrängt die Schuldenkrise in Griechenland. Die geht zwar munter weiter – offenbar zweifelt selbst der Bankenverband IIF am Gelingen des Schuldenschnitts und warnt vor Milliarden- und Billionenschweren Risiken. Doch seit dem Wohlfühl-EU-Gipfel letzte Woche wurden die Scheinwerfer aus Griechenland abgezogen und auf die Atomkrise in Iran gelenkt.

Die Dramaturgie schien dabei klar: Netanjahu würde Obama bei seinem Besuch in Washington zu einem Angriff auf die mutmaßlichen Atombombenfabriken in Iran drängen, Obama würde zögern, aber nicht Nein sagen – und die nächsten Wochen würden der Kriegsvorbereitung dienen. So kam es denn auch, wie das Wall Street Journal berichtet. Allerdings haben Amerikaner und Israelis die Rechnung ohne die trickreichen Iraner und die kriegsunwilligen Europäer gemacht. 

Die EU-Außenbeauftragte Ashton kündigte heute an, die seit einem Jahr unterbrochenen Atomgespräche wiederaufzunehmen. Ort und Zeit der Gespräche würden nun festgelegt. Das klingt hoffnungsvoll. Doch vermutlich handelt es sich, wie schon in früheren Jahren, um einen Bluff. Weder die USA, die an den Gesprächen der so genannten Sechsergruppe teilnehmen, noch Iran sind wirklich zu Kompromissen bereit. Israel ohnehin nicht: Netanajahu warnte, die Zeit laufe ab.

Das Endspiel um Iran hat begonnen – und ich fürchte, die EU wird dabei der große Verlierer sein. Ihre halbherzige und ambivalente Doppelstrategie mit Verhandlungen und Sanktionen ist seit Jahren nicht aufgegangen, warum sollte dies nun plötzlich anders sein? Und wenn es dann nach dem absehbaren Scheitern der Gespräche um Krieg oder Frieden geht, wird die EU nicht viel zu melden haben. Bei Netanjahus Besuch bei Obama wurde Mrs. Ashton nicht einmal erwähnt…

Vielleicht dienen die Gespräche ja nur noch dazu, die Europäer von der “Notwendigkeit” eines Kriegs zu “überzeugen”? Dabei hatten sie sich nach dem Irakkrieg geschworen, es im Iran besser zu machen und eine Eskalation zu verhindern…

 

 

Update 18.30h: Heute erleidet der DAX den größten Einbruch seit Jahresbeginn, meldet die FTD. Offenbar war die Angst vor einer neuen Griechenland-Krise stärker als die Hoffnung auf eine Verhandlungs-lösung in Iran – was nicht unbedingt ein Kompliment für die EU ist..

 

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