Ein Herz für Separatisten?
WATCHLIST EUROPA 20.09.17 Wird sich die EU in den schweren Konflikt um Katalonien einschalten? Und wenn ja – wie? Bisher hat Brüssel immer zum konservativen Regierungschef Rajoy gehalten.
Nun fordern alle – von der Linken bis zur “Süddeutschen”, dass die EU Partei für die Separatisten ergreifen soll. Angesichts der brutalen Repression durch die Regierung ist dies ein verständlicher Wunsch.
Allerdings gibt es ein Problem: Die EU hat schon einmal Partei für Separatisten ergriffen – im Kosovo. Spanien hat es bis heute nicht verziehen – schon damals fürchtete Madrid die “Ansteckung” in Katalonien.
Zudem ist die EU nun plötzlich selbst gegen Separatisten – in der Ostukraine und auf der Krim. Auch in Großbritannien hütet sie sich, Partei für Schottland oder andere abtrünnige Regionen zu ergreifen.
Und als sich Kommissionschef Juncker dann kürzlich doch einmal zu Katalonien äußerte, ging es prompt schief…
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Ansonsten ist heute Jubel angesagt – das lange umkämpfte CETA-Abkommen mit Kanada tritt vorläufig in Kraft. Ab Mitternacht fallen damit die Zölle auf 98 Prozent aller Produktgruppen, die zwischen beiden Seiten gehandelt werden.
Die EU-Kommission beziffert die Einsparungen für europäische Unternehmen auf 590 Millionen Euro pro Jahr. Zudem bekommen Firmen besseren Zugang zu öffentlichen Ausschreibungen.
Dennoch ist CETA noch nicht in trockenen Tüchern. Warum, steht hier – und in einem Interview, das sich mit der CETA-Kritikerin P. Eberhardt geführt habe (Link zur taz)
Peter Nemschak
21. September 2017 @ 11:01
Spanien fehlt der Sinn für Konsensdemokratie: nichts gelernt aus der eigenen Geschichte. Erstaunlich, dass sich die junge Generation, auch jene der Konservativen, das gefallen lässt.
Hella-Maria Schier
21. September 2017 @ 08:56
Die EU sollte Druck auf Rajoy ausüben, die Katalanen zu respektieren und auf ihre Bedürfnisse einzugehen, zu verhandeln. Längst nicht alle Katalanen wollen die Abspaltung, aber Rajoys idiotische reine Druck von oben- Politik, wird auch sie noch für die Seperatisten gewinnen. Die PP mit ihren alten Franquisten im Hintergrund, die immer die historische Dominanz Kastiliens für ganz Spanien repräsentiert haben, unter Franco war ja sogar die katalanische Sprache verboten, hätte überhaupt nicht wieder an die Macht kommen sollen, was ja auch seltsam genug zuging. In puncto Katalonien sind alle anderen Parteien klüger und kompromissbereiter. Jetzt haben die Basken, welchen mehr Autonomie zugestanden wird als Katalonien, den Katalanen schon ihre Unterstützung zugesagt. Beide Regionen besitzen eine eigene Sprache und Kultur und beide sind wirtschaftlich stark. Dem kann man nicht einfach mit stupidem Druck von oben begegnen. Anders als bis in jüngerer Zeit den Basken, kann man den Katalanen noch nicht einmal Gewaltmethoden vorwerfen, sie waren bislang vorbildlich und aus Prinzip gewaltfrei, aber sie waren immer das Zentrum der Opposition gegen die jahrhundertelange Dominanz Kastiliens und gegen den Franquismus, während die PP noch immer in deren Tradition steht. Auch in anderen Regionen Spaniens, wie Galicien (das ebenfalls eine eigene Sprache hat) und sogar Andalusien stehen die Menschen dem Zentralstaat eher skeptisch gegenüber und identifizieren sich lieber mit ihrer Region, haben aber nicht die wirtschaftlichen und kulturellen (außer Galicien) Argumente Kataloniens. All das ist nicht zuletzt eine Folge der nur sehr ansatzweise aufgearbeiteten Franco-Diktatur, mir deren Hinterlassenschaften endlich aufgeräumt werden müsste. Aber hier spielen alte finanzielle Verflechtungen und Machtstrukturen eine Rolle, die auch über Spanien hinausgehen. Schließlich haben Nazi-Deutschland und Mussolinis Italien den Faschisten damals in den Sattel geholfen, was besonders peinlich ist, wenn man Angela Merkels freundschaftliches Verhältnis zu Rajoy betrachtet. Auch die USA sind strategisch daran interessiert, dass Spanien sich keinesfalls nach links entwickelt. Vor einem Bürgerkrieg indes dürften alle Spanier zurückschrecken, denen das Trauma des letzten noch in den Knochen sitzt. Insgesamt hatte Spanien bisher eine bewundernswert gewaltfreie Demonstrationskultur. Aber wenn die Konservativen den Bogen der Unnachgiebigkeit überspannen fragt sich, wie lange noch. Die linke Podémos ist gegen die Abspaltung, will aber die Katalanen selbst entscheiden lassen. Das ist das einzig kluge. Wenn die EU hier ihren Einfluss wahren will, wird sie die anderen Kräfte unterstützen müssen, die Katalonien gegenüber zumindest kompromissbereit sind und den Konservativen ihre Loyalität entziehen. .