Ausgezählt und kalt gestellt
Nach dem Umsturz in der Ukraine ist Präsident Janukowitsch von der Bildfläche verschwunden. Die EU scheint dies nicht zu stören, selbst wenn sie gerade noch mit ihm verhandelt hat. Janukowitsch ist schließlich nicht der erste Staats- oder Regierungschef, der kalt lächelnd fallen gelassen wird.
Vorsicht, dieser Beitrag ist nichts für GlobalEUrope-Fans, #Euromaidan-Touristen und politisch korrekte Menschen. Er ist auch nicht als Beitrag zur Ukraine-Debatte gedacht (ich habe mir ein paar Tage Pause verordnet).
Ich bin bloß in mein Archiv gestiegen und habe mal nachgeschaut, wer in den letzten Jahren in EUropa gestürzt, fallen gelassen und/oder kaltgestellt wurde, weil er sich nicht der EU-Linie beugen wollte oder konnte.
Schließlich heißt dieser Blog ja “LOST in EUrope”, der Titel verpflichtet 🙂 Und siehe da, es ist eine stattliche Liste:
- Irland: B. Cowen – ihm wurde die Eurokrise zum Verhängnis
- Portugal: J. Socrates – dito
- Slowakei: I. Radicova – dito
- Griechenland: G. Papandreou – wurde von Merkel und Sarkozy schachmatt gesetzt
- Italien: S. Berlusconi – dito
- Spanien: J. Zapatero – wurde hängen gelassen und abgewählt, erst danach gab es Hilfe aus Brüssel
- Zypern: d. Christofiadis – dito
- Ukraine: Janukowitsch – wurde fallen gelassen, nachdem er eine EU-Partnerschaft abgelehnt hatte
Natürlich kann man die Fälle schwer miteinander vergleichen. Allerdings ging es jedesmal um Geld, viel Geld – und um die Macht in EUropa.
Gemeinsam ist allen zudem, dass sie von heute auf morgen in Ungnade fielen – und dann aus dem Kreis der EU-Elite verbannt wurden.
Jankowitsch ist natürlich besonders krass – nur zwei Tage nach seiner Vereinbarung mit den EU-Außenministern (remember, Steinmeier?) ist er aus allen offiziellen Dokumenten verschwunden.
Aber vielleicht tröstet es ihn ja, dass auch Berlusconi und Papandreou quasi über Nacht “abgestellt” wurden – letzterer sogar, weil er die Frechheit besass, ein Referendum anzusetzen (Demokratie!?)…
Wie dem auch sei, die angeblich so “softe” EU hat in den letzten Jahren die Kunst entwickelt, missliebige Politiker kalt zu stellen. Entwickelt sich da doch eine “Hard power”, vielleicht sogar um einen “harten Kern”?
Peter Hofmann
24. Februar 2014 @ 09:39
Aber Janukowitsch ist Rekordhalter, er wurde zweimal abgesägt.
Tim
24. Februar 2014 @ 09:38
Da gab’s doch zum Beispiel diesen kleinen Franzosen, der mitten in der schwersten Wirtschaftskrise aller Zeiten völlig unerwartet sein höchstes Staatsamt niederlegen mußte. Oder diese Dänin, die plötzlich Regierungschefin wurde. Auch in Holland gab’s einen Machtwechsel. Und sogar in Luxembourg mußte der eigentlich total sattelfeste Premierminister weichen.
Alles auf geheimen Druck der neoliberalen Turbokapitalisten.
Deine Theorie hat mir die Augen geöffnet!
ebo
24. Februar 2014 @ 11:23
Theorie? Welche Theorie? Ich stelle nur fest, dass EUropa seit Beginn der Finanzkrise zu einem Stabilitätsanker der Welt geworden ist, und dass der demokratische Wechsel heutzutage etwas schneller geht als in den 80ern 🙂 ‘
Tim
24. Februar 2014 @ 08:45
Die Politiker, die ganz ohne EU-verschwörungstheoretischen Hintergrund verschwunden sind, werden natürlich mit weiser Sorgfalt nicht erwähnt. 🙂
ebo
24. Februar 2014 @ 09:10
Wen meinst Du? Nenn doch mal Namen, ich kann die Liste gerne erweitern…
fufu
23. Februar 2014 @ 19:25
@ebo, Du must die Entwicklung der EU in Zusammenhang mit der Finanzkrise sehen. Das westliche Finanzsystem steht am Rande eines Kollapses wie ihn sich wohl nur einige vorstellen koennen. Recht und Gesetz, demokratische Rechte sind nicht mehr angesagt. Es geht um absolute Kontrolle, “whatever it takes”, territoriale Expansion, bedingungslose Unterordnung unter die Interessen der Hegemonialmacht, Krieg, nur die Mehrheit hat es noch nicht bemerkt.
Dein und mein Europa war gestern, die heutige EU ist auf dem Weg in eine faschistoide Diktatur um etwas zu retten, das nicht zu retten ist.
ebo
23. Februar 2014 @ 18:07
Jaja der alte Adenauer! Zu seiner Zeit sollte die EU/EG noch für Stabilität in Europa sorgen und Deutschland im Westen integrieren. Heute gehts nach Osten, auch nach Süden, und die Regierungen purzeln wie die Dominosteine. Nur Adenauers Enkelin steht wie ein Fels in der Brandung…
Peter Nemschak
23. Februar 2014 @ 17:12
Schon Adenauer soll gesagt haben: “was schert mich mein Geschwätz von gestern”. Für eine kurze Aus-Zeit, die sich ebo verordnet hat, empfehle ich das Handorakel des Balthasar Gracian, die Kunst der Weltklugheit in 300 Regeln, zur Erbauung und zum Amusement. Das Handorakel ist 360 Jahre alt, könnte aber gestern geschrieben worden sein; ein echter Leitfaden für Menschen, die es sich im Leben nicht unnötig schwer machen wollen, nichts für Jogger, die sich Bleigewichte in die Taschen stecken.
Lambeer
23. Februar 2014 @ 14:27
vollig daneben!
Berlusconi z.B. wurde endlich von seinen kriminellen Machenschaften eingeholt.- Auch Italiener verlieren irgendwann den Spaß an Gaunergeschichten.
Janukowitch hat unter Vermittlung von EU Außenministern ein nicht annehmbares Angebot gemacht, wodurch aber ein weiteres Blutvergießen verhindet wurde. Nach als (laut ITAR-TASS) Russland ablehnte ihn bei der Abspaltung des Ostteils zu unterstützen wollte er seine vorherige tel. Abdankung widerrufen.
ebo
23. Februar 2014 @ 15:48
Ob es einem gefällt oder nicht, beide waren demokratisch gewählt und lange geschätzte EU Partner – bis zum Tag X
Ein Europäer
23. Februar 2014 @ 13:59
Guten Tag ,
nun frage ich mich , wie groß ist eigentlich der deutsche Einfluss auf die Innen- und Außenpolitik der EU ?