Die Harvey-Fans zittern schon

Es gab keinen dringenden Termin und auch keinen aktuellen Anlass. Trotzdem hat die EU ungewöhnliche heftige Drohgebärden über den Atlantik geschickt. Was ist da los, droht ein Handelskrieg?

Nicht wirklich. Denn zum einen ist das Unheil, das die EU abwenden will – einseitige Maßnahmen zum Schutz der amerikanischen Stahl- und Aluminium-Industrie – noch nicht eingetreten.

Das US-Handelsministerium hat nur mitgeteilt, dass es Stahl und Aluminium für eine Frage der nationalen Sicherheit hält. US-Präsident Trump hat noch keine Entscheidung getroffen.

Zum anderen sind die angedrohten EU-Strafzölle auf Harley-Davidson-Bikes und Bourbon-Whiskey nicht geeignet, Trump das Fürchten zu lehren – es sind eher symbolische Nadelstiche.

Wenn es wirklich zu einem “Handelskrieg” kommen sollte, wie die FAZ fürchtet, dann könnten diese europäischen Sanktionen nicht viel ausrichten. Nur die Harvey-Fans zittern schon.

Zudem ist die europäische Warnung ziemlich bigott. Schließlich hat die EU selbst schon Strafzölle gegen chinesischen Stahl erlassen – vor einem Jahr. Warum sollen die USA das nicht auch tun dürfen?

Zudem sind es die Europäer – und nicht die Amerikaner – die den Weltmarkt mit ihren Produkten überschwemmen. Der EU-Exportüberschuss mit den USA ist in Trumps erstem Amtsjahr sogar noch gestiegen.

Nach Angaben der Statistikbehörde Eurostat lag der Wert der Exporte 2017 um 120,8 Mrd. Euro über der Summe der Importe aus den Vereinigten Staaten. Dies waren 7,7 Mrd. Euro mehr als 2016.

Das heißt aber auch, dass die EU besonders viel in einem Handelskrieg zu verlieren hätte. Trump weiß dies natürlich – seine Entscheidung für oder gegen Schutz-Maßnahmen wird im April erwartet.

WAS FEHLT? Menschenrechte. Amnesty International stellt heute seinen Jahresbericht zur Lage der M. vor. Er dürfte düster ausfallen – auch in und um Europa. So hat die Türkei gerade eine neue Verhaftungswelle gestartet und die Seeblockade vor Zypern verlängert. Brüssel schweigt.