Die Festung Europa wankt

“Ich frage mich, ob es noch Sinn hat, in der Europäischen Union zu sein”

 

Der Zustrom von Flüchtlingen aus Nordafrika erschüttert die Festung Europa. Italien und Malta versuchen, sich „ihrer“ Flüchtlinge zu entledigen und fordern Solidarität der anderen EU-Staaten. Unterstützt werden sie von EU-Innenkommissarin Malmström und dem Uno-Flüchtingskommissariat. Demgegenüber lehnen Deutschland und Frankreich die Aufnahme von Flüchtlingen ab und drohen mit der Einrichtung von Grenzkontrollen.

Während Frankreich vor allem tunesische Flüchtlinge abwehren möchte, da diese Französisch sprechen und ihre Verwandeten nachholen könnten, versucht Deutschland, sich komplett abzuschotten. Italiens neue Praxis, den Flüchtlingen befristete Visa aus humanitären Gründen auszustellen und ihnen so die Weiterreise zu ermöglichen, widerspreche dem „Geist von Schengen“, klagt Bundesinnenminister Friedrich (CSU).

Italiens Alleingang ist in der Tat fragwürdig. Denn nach EU-Recht muss das Aufnahmeland allein mit „seinen“ Flüchtlingen fertigwerden. Regierungschef Berluscon versucht aus durchsichtigen Motiven, das Problem auf ganz Europa abzuschieben. Gleichzeitig ist die Forderung nach EU-Solidarität legitim. Denn in Nordafrka herrscht unbestreitbar eine Ausnahmesituation, die allenfalls mit dem Zusammenbruch des Ostblocks vergleichbar ist.

Dass Deutschland darauf mit einer „neuen Berliner Mauer“ regiert (mein Blog vom 24.2.11), ist schändlich. Die Bundesregierung sollte vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte zu den ersten zählen, die sich für eine solidarische Lösung einsetzen. Friedrich sollte sich auch an die Visa-Affäre in der deutschen Botschaft in Kiew erinnern, die tausenden Ukrainern zur Ausreise in die EU verhalf. Die meisten landeten nicht in Deutschland, sondern in Portugal – damals scherte sich niemand um den „Geist von Schengen“ ….

Kein Wunder also, dass Italiens Innenminister Maroni enttäuscht auf die Abfuhr reagierte. “Wir haben um Solidarität gebeten, und uns wurde gesagt, helft euch selbst. Ich frage mich, ob es noch Sinn hat, in der Europäischen Union zu sein”, sagte er nach den Beratungen der EU-Innenminister in Luxemburg. Der Italiener fügte hinzu: “Es ist besser, allein zu sein als in schlechter Gesellschaft.”

 

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