Die EZB folgt dem grünen Zeitgeist

Die EZB will künftig gelassener mit der Inflation umgehen, dafür aber den Klimaschutz ernster nehmen. Dies geht aus der neuen geldpolitischen Strategie hervor. Wirtschaftspolitische Ziele bleiben weiter tabu.

Es ist der erste Kurswechsel seit 2003, als die bisher gültige Doktrin festgelegt wurde. Er bedeutet eine Abkehr vom Fetisch „Preisstabilität“, dem vor allem in Deutschland gehuldigt wird, und eine Hinwendung zu „grünen“ Zielen – also zum Zeitgeis. 

Bisher galt für die Inflation die restriktive Vorgabe von „unter, aber nahe zwei Prozent“. Künftig streben die Euro-Währungshüter eine Teuerungsrate von exakt zwei Prozent an.

Das neue Ziel liegt damit etwas höher, ist aber auch flexibler. Es erlaubt Abweichungen nach unten und nach oben – die EZB muß nicht sofort die Zinsen erhöhen, wenn die Inflationsrate mal über zwei Prozent liegt.

Neu ist das Klimathema. Der EZB-Rat beschloss „einen umfassenden Aktionsplan zur weiteren Einbeziehung von Klimaschutzüberlegungen in seinen geldpolitischen Handlungsrahmen“, wie die Notenbank mitteilte.

Beim Kauf von Unternehmensanleihen habe die EZB bereits damit begonnen, „relevante Risiken des Klimawandels“ zu berücksichtigen. 

Was das in der Praxis bedeutet, muß sich noch zeigen. Die EZB könnte bevorzugt Unternehmen stützen, die sich für den Klimaschutz engagieren. Analysten erwarten jedoch zunächst wenig spürbare Auswirkungen, da der Klimaschutz nur ein „Nebenziel“ wird – im Vordergrund steht weiter die Inflation.

Keine wirtschaftspolitischen Ziele

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Zum Ziel der Vollbeschäftigung oder eines sozial verträglichen Wachstums will sich die EZB auch künftig nicht bekennen. Damit bleibt sie hinter der amerikanischen Federal Reserve zurück, die bei ihren geldpolitischen Entscheidungen auch regelmäßig auf die Arbeitslosenzahlen schaut.

EZB-Chefin Lagarde ließ durchblicken, dass die EZB vorerst an ihrer umstrittenen lockeren Geldpolitik festhalten will. Die Zeit der Niedrigzinsen ist also noch nicht vorbei, trotz wieder steigender Verbraucherpreise.

Im Juni lag die Inflationsrate im Euro-Raum bei 1,9 Prozent – und damit nur noch leicht unter der neuen Zielmarke…

Siehe auch „Die Rückkehr der Inflation“