Die Chefin kommt

So stellt die Bundesregierung die beiden dar – optimistisch lächelnd

Geht die Eiszeit zwischen Berlin und Brüssel zu Ende? Fast könnte man dies glauben, da Kanzlerin Merkel sich heute persönlich in die EU-Kapitale bemühte, um mit Kommissionschef Barroso zu sprechen. Seit Barrosos Brandbrief zur Eurokrise im August war das Verhältnis angespannt. Doch Merkel lässt sich nichts anmerken. Lieber nutzt sie ihre Stippvisite, sich als überlegene Chefin im deutschen Europa zu präsentieren, das im Zuge der so genannten Euro-Rettung entsteht – übrigens an der EU-Kommission vorbei.

Gleich zu Beginn des Besuchs macht Merkel Druck auf die Slowakei und die Niederlande: diese sollten endlich den Rettungsschirm EFSF ratifizieren. Danach geht sie auf die Bankenkrise ein und kündigt an, Deutschland sei bereit, seine Banken zu stützen: „Die deutsche Bundesregierung steht bereit, wenn notwendig, eine solche Kapitalisierung der Banken durchzuführen“, sagte Merkel in Brüssel. 

Dies ist ein wichtiger Schwenk – schließlich hatte Merkel bis vor kurzem noch bestritten, dass es Probleme im Bankensektor gebe. Doch seit die belgisch-französische Großbank Dexia wackelt und die Deutsche Bank wegen der Eurokrise ihre Gewinnprogrnose senken musste, hat die Kanzlerin umdenken müssen. 

Leider geht sie nicht weit genug: Statt neuer nationaler sind europäische Stützungsmaßnahmen nötig. Ansonsten würde die EU den Fehler der Finanzkrise 2008 wiederholen, in der jedes Mitgliedsland unterschiedlich auf die Misere reagierte – manche mit Verstaatlichungen, andere mit Stützungen, wieder andere gar nicht. Außerdem würde sie den Eindruck verstärken, dass es bei der Euro-Rettung nicht in erster Linie um die betroffenen Länder, sondern – wie schon 2008 – um die eigenen Banken und deren Profite geht.

Ganz entscheidend ist zudem, den Rettungsschirm EFSF auszuweiten, damit dieser nicht nur Banken stützen, sondern auch Staatsanleihen etwa aus Italien oder Spanien aufkaufen kann. Nur so ließe sich verhindern, dass die Eurokrise auf diese Länder überspringt. Kommissionschef Barroso hat dies schon in seinem Brandbrief im Sommer gefordert. Ähnlich äußerte sich heute der IWF, der offenbar selbst erwägt, Staatsanleihen zu kaufen.

Doch so weit will die Kanzlerin dann wohl doch nicht gehen. Sollte es dabei bleiben, dann wird sie sich in Brüssel wieder mal als kleine Deutsche präsentiert haben – und nicht als große Europäerin.


 

 

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