Deutschland in der Krise: Das Ende der Merkel-Ära

Wie kommt Deutschland aus der Coronakrise? Was bleibt von der versprochenen Solidarität mit der EU? Teil fünf und Schluß einer fünfteiligen Serie auf “Lost in EUrope”.

Dies ist ein Vorabdruck aus der Neuauflage unseres E-Books “Die Coronakrise und die EU: Todesstoß oder heilsamer Schock?” Das vollständige Buch kann für 2,99 Euro hier heruntergeladen werden.

Die Coronakrise verdichtet wie im Brennglas die Stärken und Schwächen der deutschen Europapolitik der Merkel-Ära.

Nach dem „Go-it-alone“ zu Beginn der Pandemie gab es eine bemerkenswerte Phase der Solidarität, die zu „historischen“ Fortschritten führte, aber schnell wieder von nationalen Alleingängen abgelöst wurde.

Als Ratspräsident kümmerte sich Deutschland um den Zusammenhalt der EU. Nach dem Ende des deutschen EU-Vorsitzes standen aber bald wieder nationale Interessen im Vordergrund.

Auffällig ist auch, dass die Coronapolitik der deutschen Bundesregierung stark von wirtschaftlichen Interessen geprägt war.

Das gilt für die massiven deutschen Staatsbeihilfen ebenso wie für das europäische Hilfsprogramm Next Generation EU, das letztlich zur Stützung des Binnenmarktes und damit der deutschen Exporte gedacht ist.

Die Grenzen für Waren wurden offen gehalten, die für Bürger geschlossen oder undurchlässig gemacht. Sogar die EU-Institutionen wurden von dieser egoistischen Politik nicht ausgenommen.

Ökonomische Logik

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Selbst der Lockdown im Winter 2020/21 folgte einer ökonomischen Logik – Betriebe wurden monatelang von Zwangs-Maßnahmen ausgenommen. Dies ist ein Grund dafür, dass die deutschen Maßnahmen in der zweiten und dritten Welle schlechter wirkten als etwa in Belgien oder Frankreich.

Es hilft aber auch zu verstehen, warum die Konjunktur in Deutschland zunächst nicht so stark eingebrochen ist wie bei den europäischen Nachbarn – und Deutschland wie ein Gewinner aussieht, jedenfalls wirtschaftlich.

Politisch fällt die Rechnung jedoch ganz anders aus. Das Versagen der schwarzroten Bundesregierung im Winter 2020/21 könnte zu einem Erdrutsch bei der Bundestagswahl im September 2021 beitragen.

Vom Wahlergebnis wird ganz entscheidend abhängen, wie es mit der deutschen und europäischen Coronapolitik weiter geht – und wie die EU aus dieser Krise herauskommt. Die neue Regierung sollte die Lehren aus den Fehlern der Großen Koalition unter Merkel ziehen und sich europapolitisch neu aufstellen.

Es gibt Alternativen zum “Modell Deutschland”

Deutschland ist nicht mehr das unangefochtene „Modell“ für Europa, das es früher einmal war.

Die neue Regierung wird erst einmal die eigenen „Hausaufgaben“ machen müssen, bevor sie der EU sagt, wo es in der Coronapolitik langgeht. Dabei sollte sie sich vor falschem Sendungsbewußtsein hüten und versuchen, aus den Erfahrungen der Nachbarn zu lernen.

Die dritte Welle hat gezeigt, dass es Alternativen zum deutschen Kurs der „Wellenbrecher“ und „Notbremsen“ gibt – und dass Alleingänge niemanden voran bringen.

(Schluß der Serie)