Der neue “Ostblock” bröckelt
Seit den Wahlen in Österreich und Tschechien geht in Brüssel die Angst vor einem neuen “Ostblock” um. Beide Länder könnten zur Visegrad-Gruppe stoßen und die EU blockieren, so die Sorge. Doch der Block bröckelt.
Das hat sich jetzt im Streit um die Entsende-Richtlinie gezeigt. Dabei geht es um die Frage, ob die Osteuropäer weiter ihre Arbeitnehmer nach Westeuropa schicken dürfen, (fast) ohne Grenzen.
Jahrelang waren die Osteuropäer, geführt von Polen, gegen jede Änderung. Doch nun wurde über eine Reform abgestimmt – und siehe da: Rumänien, Bulgarien, aber auch die Slowakei und Tschechien fielen vom “Ostblock” ab.
Bewirkt hat dies vor allem Frankreichs nimmermüder Staatschef Macron, der im Sommer fast alle EU-Länder besucht und für eine Reform geworben hatte. Dabei hat er auch versucht, Polen zu isolieren.
Das ist ihm weitgehend gelungen. Allerdings ist der Kompromiss, der nun erzielt wurde, reichlich verwässert. Die Speditionsbranche ist ausgenommen, in Kraft tritt die Reform erst nach vier Jahren.
Aber immerhin: Einen geschlossenen “Ostblock” gibt es in dieser sozialpolitisch heiklen Frage nicht mehr. Nur in der Flüchtlingspolitik sind die Fronten noch verhärtet.
Aber wenn Kanzlerin Merkel keinen neuen Alleingang startet und stattdessen noch mehr auf CSU (und AfD) hört, kann sich das ja auch noch ändern…
Mein Kommentar zur neuen Entsende-Richtlinie steht hier (taz)
Peter Nemschak
24. Oktober 2017 @ 22:02
Ausgenommen sind auch die schlecht bezahlten Altenpflegerinnen aus Osteuropa, die nach wie vor als private Unternehmer klassifiziert werden.
Kleopatra
24. Oktober 2017 @ 16:05
Wenn die beschlossene Reform erst in vier Jahren in Kraft tritt, hat dieser späte Termin für Macron einen großen Vorteil: Falls sie nicht taugt, wird sich das nocht vor zur nächsten Präsidentschaftswahl in Frankreich herausstellen. Man stelle sich vor, es träte nächstes Jahr in Kraft: dann hätte man bei der Wahl schon drei Jahre Erfahrung! Da ist es schon besser, wenn sie pünktlich wie ein Wahlgeschenk kommt.