Brüssel braucht einen “Plan B” – gegen Trump
Es hat alles nichts genützt. Trotz der flammenden Appelle von Präsident Macron und Kanzlerin Merkel hat US-Präsident Trump das Atomabkommen mit Iran aufgekündigt. Die Antwort der EU fällt nicht so klar aus wie es scheint.
Zwar haben sich Macron, Merkel und die britische Premierministerin May zum Atomabkommen bekannt. Auch die EU-Außenbeauftragte Mogherini verteidigte den Pakt, der als größter Erfolg der EU-Außenpolitik gilt bzw. galt.
Die Europäer hatten sich eng abgestimmt und sogar noch mit dem stellvertretenden iranischen Außenminister Araghchi in Brüssel darüber beraten, wie man das Abkommen ohne die bzw. vor den USA retten könne.
Doch die Erklärung, die am Dienstag Abend vom Elysée-Palast in Paris verbreitet wurde (Macron war wieder einmal der Erste, neuerdings spricht er für EUropa), lässt einige wichtige Fragen unbeantwortet.
Wie wird die EU auf die von Trump angekündigten “schärfsten” Sanktionen reagieren? Wie soll Iran davor geschützt werden, wie die europäische Wirtschaft, die wie Airbus auch weiter mit den USA Geschäfte machen will?
Und was wird die EU unternehmen, um die nun drohende militärische Eskalation zu verhindern? Israels Premier Netanjahu wartet offenbar nur auf eine Gelegenheit, gegen Iran loszuschlagen. Auch Saudi-Arabien ist bereit…
Allein mit schönen Worten und halbgaren Kompromissen (Iran soll, wie Trump es wünscht, enger an die Kette gelegt werden) werden sich diese ernsten strategischen Fragen nicht lösen lassen!
Die EU braucht jetzt einen Plan B, eine Gegenstrategie, bei der sie nolens volens auch auf Russland und China zugehen muss. Sind Macron & Co. dazu bereit und in der Lage? Oder obsiegt die obskure “Männerfreundschaft”?
Siehe auch “Die Kriegsvorbereitungen gehen weiter (III)” und “Warum EUropa Putin braucht”
WATCHLIST:
- Jetzt richten sich alle Blicke auf Teheran: Wie wird die Führung des Iran auf den Affront aus den USA reagieren? Bleibt sie den Europäern und dem Atomabkommen treu – oder sagt sie sich nun auch noch los? Präsident Rohani spricht bereits über eine mögliche Wiederaufnahme des Nuklearprogramms…
- Es empfiehlt sich aber auch ein Blick nach London, empfiehlt “Haaretz”: The stakes are particularly high for Britain, as London is still a major global financial hub both for banks and insurance companies. The City of London played a central role in imposing the sanctions on Iran at the start of the decade – and will be crucial in either renewing the sanctions or trying to counteract them, should Britain join the international coalition trying to save the Iran deal.
WAS FEHLT:
- Der “Tag des Sieges” über Nazi-Deutschland. In Moskau auf dem Roten Platz nimmt Präsident Putin eine große Militärparade ab. Die heute-Show empfiehlt, die Befreiung alle 75 Jahre zu wiederholen 🙂
Heute vor 73 Jahren wurde Deutschland von den Nazis befreit.
Das sollte man spätestens zum 75. Jahrestag wiederholen.#TagderBefreiung #8mai— ZDF heute-show (@heuteshow) May 8, 2018
Baer
9. Mai 2018 @ 16:49
@Nemschak,
Sich Russland in die Arme zu werfen(zu kooperieren) ist allemal besser,als den Amerikanern in den Allerwertesten zu kriechen.
Ihre Russlandphobie schreit zum Himmel.Eine reale Kritik an der amerikanischen Politik wäre Ihrerseits längsten angebracht.Eine der undemokratischsten Nationen der Welt als den wichtigsten Partner zu betrachten ist geradezu sträflich und wird sich rächen.
Peter Nemschak
9. Mai 2018 @ 18:03
Die USA sind nicht Trump. Sie haben offenbar einen Gusto für autoritäre Regime, ich nicht.
Claus
9. Mai 2018 @ 09:46
„Wie soll Iran davor geschützt werden, wie die europäische Wirtschaft, die wie Airbus auch weiter mit den USA Geschäfte machen will?“ Gute Frage. Wenn Trump Iran wie angekündigt mit “schärfsten” Sanktionen belegen will, steht ihm das ja frei. In puncto Sekundärsanktionen und der extraterritorialen Anwendung des US-Rechtes auf Sanktionsbrecher könnte man sich in einer souveränen EU genauso fragen, ob nicht vielleicht auch Boeing weiter in Europa Geschäfte machen will.
Und schließlich scheint es auch hier wieder nicht um Giftgas-Anschläge, unterirdische Massenvernichtungswaffen oder gar Atomanlagen zu gehen, sondern um Erdöl, Erdgas, Pipelines und wer an ihren Ventilen drehen darf, um den Petro-Dollar und um die hegemonialen Ambitionen der USA.
PS: Zum „Tag des Sieges“ und zur „ZDF-heute-show“: Heute vor 73 Jahren wurde Deutschland keinesfalls von Nazis befreit. Viele der „echten“ Nazis führten ihre Karrieren ganz auskömmlich und angesehen fort in höchsten politischen Ämtern, in der Justiz, Verwaltung, bei Geheimdiensten und in allen „Volksparteien“ einschließlich der Grünen.
Peter Nemschak
9. Mai 2018 @ 11:03
Wer hat ein Interesse den Iran zu schützen? Niemand, nicht einmal Russland, sollte es gegen seine Interessen sein. Dass die Nazis auch nach dem Krieg erfolgreiche Karrieren im demokratischen System machten, zeigt, dass es die Nazis verstanden haben, die damalige technokratische Elite für sich zu gewinnen und zu begeistern. Warum sollte diese Elite nicht unter heutigen autoritären Regimen Karriere machen ? Im meritokratischen China ist das bereits Normalität.
Peter Nemschak
9. Mai 2018 @ 09:36
Unter den gegebenen Umständen wird die EU situationselastisch agieren müssen. Nur wegen Trump sich in die Arme Russlands und Chinas zu werfen, kann nicht das Ziel sein. Selbst wenn die europäischen Staaten das Abkommen weiterhin einhalten, werden sich wenige europäische Unternehmen finden, welche ihr USA-Geschäft zugunsten des Iran riskieren wollen. Derzeit haben auch die USA keinen Plan B. Der Iran wird sich auch in Zukunft nicht einschränken lassen, wenn es um seinen militärischen und politischen Einfluss im Mittleren Osten geht. Sollte Trump dies glauben, überschätzt er die Möglichkeiten der USA. Auch Israel kennt die Grenzen seiner Möglichkeiten, geografisch wie demografisch.
Z65-9
9. Mai 2018 @ 08:48
„Die amerikanische Chaos-Strategie wird jeden Tag gefährlicher“ (Jürgen Todenhöfer) – Wer kontrolliert eigentlich das US-amerikanische Nuklearprogramm?