Belarus wird abgestraft, die Türkei nicht

And the winner is: Germany! Auch bei diesem EU-Gipfel konnte sich Kanzlerin Merkel durchsetzen. Belarus wird (endlich) mit Sanktionen abgestraft, die Türkei (immer noch) nicht. Doch damit ist wenig gewonnen, in der Praxis ändert dieser Beschluß gar nichts.

A. Lukaschenko und R. Erdogan können sich entspannt zurücklehnen: Sie werden von den neuen EU-Sanktionen nicht getroffen. Kanzlerin Merkel & Co. haben nur ein paar gesichtslose Schergen des belorussischen Regimes abgestraft, das türkische Sultanat kam völlig ungeschoren davon.

Im Gipfelbeschluß zur Türkei wird das Wort “Sanktionen” nicht einmal erwähnt – ein diplomatischer “Erfolg” für Merkel. Sie hat alles getan, um das Türkei-Problem klein zu reden und sich die Option für einen neuen, milliardenschweren Flüchtlingsdeal offen zu halten.

Allerdings wird es für sie nun ein wenig schwerer. Denn die “positive Agenda”, zu der neben Ablasszahlungen an Erdogan auch eine modernisierte Zollunion zählt (da winken Geschäfte!), kommt nur, wenn die Türkei ihre Bohrungen vor Zypern einstellt und dauerhaft Ruhe gibt.

Eine Strategie für den Umgang mit der neoosmanischen, imperialen Türkei hat dieser Gipfel ebenso wenig gebracht wie eine Roadmap für ein demokratisches und europäisches Belarus. Das schlecht vorbereitete Treffen hat nur die Widersprüche und Risse der EU offen gelegt.

Merkel sprach dennoch von einem “großen Fortschritt”. Klar, sie hat ihren Willen gekriegt und kann nun heimlich mit Erdogan weiterverhandeln. Wiedervorlage “spätestens” im Dezember, heißt es in Brüssel…

Siehe auch “Wie Merkel das Türkei-Problem klein redet”

P.S. Von den sonst üblichen Forderungen nach freien Wahlen, Meinungsfreiheit oder Befreiung politischer Gefangener ist in dem EU-Beschluss übrigens keine Rede mehr. All dies wird nur von Belarus verlangt, nicht jedoch von der Türkei. Willkommen zu den neuen deutschen Doppelstandards!