Bei Anruf Pleite (Update)

“Das Bild sieht aus wie das Kardiogramm eines Toten”

Die EU hat sich ein neues Druckmittel ausgedacht, um Griechenland zur Erfüllung der rigorosen Sparauflagen zu zwingen: die Telefonkonferenz. Nachdem eine erste Schalte am Montag ohne Ergebnis blieb, plant die Gläubiger-Troika (EU, EZB, IWF) heute Abend eine neue Runde. Der Anruf könnte entscheidend werden: entweder kommt es nun endlich zum Durchbruch und Athen erhält frisches Geld, oder dem Land droht die Pleite.

Am Wochenende hatten sich die Euro-Finanzminister geweigert, die fällige nächste Tranche über 8 Mrd. Euro aus dem aktuellen Rettungspaket freizugeben. Dies hatte die Märkte erneut in Panik versetzt und zu einem Schwächeanfall des Euro geführt. IWF-Vertreter Traa goß noch Öl ins Feuer: “Das Bild sieht aus wie das Kardiogramm eines Toten, nichts bewegt sich“, kommentierte er das Reformtempo in Athen. “Wenn Ihr weiter wartet, wird das Land zahlungsunfähig werden”, warnte Traa laut Zeit online.

Heute ist die Stimmung angeblich besser. Doch die Forderungen, die die Troika an Athen stellt, haben es in sich. Nach Angaben der FTD sollen rund 50.000 Staatsbedienstete sofort und weitere 100.000 bis 2015 entlassen werden. 117 Betriebe, die vom Staatshaushalt unterstützt werden, müssten so bald wie möglich schließen. Außerdem soll der Preis für Heizöl steigen, während die Sozialausgaben sinken.

Das liest sich wie ein Rezept für einen Volksaufstand. Tatsächlich sind heute wieder reihenweise Proteste geplant, wie die Website Keep Talking Greece meldet. Vor allem Studenten und Beschäftigte des Öffentlichen Dienstes gehen auf die Straße, um gegen den geplanten neuen Kahlschlag zu protestieren.

EU-Währungskommissar Rehn behauptet dagegen, die Troika fordere nicht mehr und nicht weniger, als längst vereinbart war. Fest steht, dass dieses Radikalprogramm Regierungschef Papandreou den letzten Rest an Rückhalt bei den Bürgern kosten dürfte. Gerüchte, dass er ein Referendum plane, um wenigstens einen Hauch von Legitimität zu sichern, wurden schon wieder dementiert.

Offenbar haben sich Griechenland und seine Gläubiger in eine Lose-Lose-Situation hineinmanövriert. Setzt Papandreou die „Giftliste“ aus Brüssel um, ist er politisch erledigt. Weigert er sich, droht die Pleite, und das schon in drei bis vier Wochen. Würde man hingegen die Bedingungen lockern, gäbe es einen Aufstand der Populisten in den reichen Euro-Ländern.

Neben den „wahren Finnen“ würden wohl auch die „wahren Ordo-Liberalen“ von der FDP mobil machen, nicht wahr, Herr Rösler?

 

Nachtrag 21.9.11

Diesmal ist noch alles gut gegangen. Die Troika fand das Telefonat mit den Griechen nett und erklärte sich freundlicherweise bereit, demnächst zu einer Inspektion nach Athen anzureisen, wie die FDT meldet. Gerettet ist das Land damit natürlich immer noch nicht. Es ist lediglich die Hoffnung gestiegen, dass die nächste Hlfstranche ausgezahlt wird…


 

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