Außenminister: “Nationale Alleingänge waren ein Fehler”
Die EU hat die Grenzen in der Coronakrise überhastet und unkoordiniert geschlossen. Nun müssen die Außenminister die Folgen ausbaden. Zehntausende EU-Bürger sitzen in den entlegensten Winkeln der Welt fest.
Die EU-Staaten wollen ihre Rückholaktionen für Reisende und Touristen im Ausland besser koordinieren. Die nationalen Möglichkeiten seien weitgehend ausgeschöpft, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell. Nun komme es auf gegenseitige Hilfe an, erklärte Bundesaußenminister Heiko Maas.
Deutsche Reiseveranstalter und die Bundesregierung hätten bisher 120.000 wegen der Corona-Krise gestrandete Reisende nach Deutschland zurückgeholt, sagte Maas in Berlin.
Mehr als 80.000 weitere deutsche Touristen seien aber noch im Ausland. Sie sollten nun auch mit Hilfe anderer EU-Staaten in die Heimat zurückgebracht werden.
Derzeit gebe es weltweit etwa 20 „Hotspots“, bei denen der Rücktransport nach Europa Probleme bereite, sagte Borrell. Schwierig sei die Lage vor allem in Lateinamerika, Afrika und Südostasien.
Einige Flughäfen seien komplett geschlossen worden, außerdem ließen immer mehr Airlines ihre Flieger am Boden. Die EU werde aber niemanden allein lassen.
Bisher sind die gemeinsamen Bemühungen allerdings eher bescheiden. Insgesamt wurden seit Beginn der Corona-Krise erst 1381 Betroffene mit EU-Hilfe aus China, Japan, den USA, Marokko, Tunesien sowie einigen anderen Ländern zurückgebracht.
Die meisten Staaten setzen bisher auf nationale Alleingänge.
Diese Alleingänge haben auch zu den Problemen für viele Reisende und Touristen geführt. Insgesamt 14 von 27 EU-Ländern haben ihre Grenzen geschlossen, darunter auch Deutschland.
Zudem wurde überhastet eine weitgehende Einreisesperre in die EU verhängt, was zu massiven Problemen und Annullierungen im internationalen Flugverkehr führte.
In der Folge sind viele Touristen und Geschäftsreisende im außereuropäischen Ausland gestrandet. „Wir brauchen mehr und nicht weniger internationale Zusammenarbeit“, sagte Borrell.
Wenn jeder nur an sich selbst denke, so werde das nicht zu einer Lösung der Krise beitragen. Hätte er das mal früher gesagt – bevor die EU ihre Grenzen dicht gemacht hat….
Siehe auch: Einreiseverbote: Wir sind noch dümmer als Trump und “Chronik des Versagens: Schengen”
P.S. Borrell hat sich auch für Hilfen für Iran und Venezuela ausgesprochen.Wegen der US- und EU-Sanktionen droht diesen Ländern in der Coronakrise eine humanitäre Katastrophe. An den Sanktionen gegen Venezuela hat übrigens auch Maas maßgeblich mitgewirkt – mehr hier
Holly01
25. März 2020 @ 08:11
Ein Text auf TP von Ralf Streck (ich glaube ich nenne die Autoren ab jetzt, es ist ja nicht richtig zu verlinken ohne zumindest zu sagen, wer die Arbeit gemacht hat):
” https://www.heise.de/tp/features/Danteske-Szenen-in-Spanien-Alte-Menschen-zum-Sterben-zurueckgelassen-4689706.html?seite=all ”
Also “national” aufzubrechen und auf EU zu dehnen ist imo überhaupt nicht möglich.
Denn “national” findet ja überhaupt nicht statt. Ähnlich wie in Deutschland (anderer Verlauf darum andere Zustände) bricht sich alles auf die Regionen herunter.
Die Frage lautet also:
Was machen die Katastrophenpläne eigentlich, wenn es keine regionalen Katastrophen sind?
Wir haben doch Berufsbeamte, warum haben wir dann keine strukturellen Vorkehrungen? Was tun die entsprechenden Leute eigentlich?
Da ich nicht annehme das da welche nur auf dem Baum pennen, würde ich annehmen, das ist alles bei der Verteidigung gebündelt. Darum kommen da auch immer wieder anfragen wegen militärischer Hilfe.
Kann es sein, das die nationalen Krisenstäbe weder Kompetenzen noch Mittel haben?
Wenn das so ist, warum denkt dann überhaupt jemand die EU könnte etwas tun?
Was soll die EU denn da aufbauen, wenn die auf nationalem Treibsand agiert?
Da muss man wohl mal unter einige Teppiche schauen.
Politisches Totalversagen, weil diese “unsichtbaren” Strukturen offensichtlich alle geschliffen wurden. Zumindest in der BRD gab es das Mal.
Neoliberale, verbrannte Erde, die zum Friedhof wird.
…. und bis jetzt ist quasi noch nichts passiert. Das ist alles noch Vorbeben und die Hoffnung das Hauptbeben findet nicht statt.
Die Wirtschaftskrise hat (wie ich immer wieder gerne schreibe) nichts damit zu tun.
Die Wirtschaftskrise ist auch neoliberal aber völlig eigenständig und genauso hausgemacht.
vlg
Holly01
24. März 2020 @ 12:40
Die politische Inkompetenz zeigt sich auch in der Sprache.
Statt zu sagen “Wir haben so reagiert, wie es nach derzeitiger Lage vorgesehen ist (national) , ergeht man sich in unsinnigen Lippenbekenntnissen.
Wenn man verbal den Eindruck erweckt, es gäbe eine EU Komponente, dann muss man die auch ausstatten.
Kurzer Blick zum Haushalt der EU: ne, das will keiner.
Liebe Aussenminister, wenn ihr nichts investiert in die EU, dann wird da auch nichts zurück kommen und dann dürft ihr auch nicht jammern.
Die unkoordinierten Handlungen haben die Situation jedenfalls sehr verschlechtert.
Deutschland, Tschechien und Polen scheinen jedenfalls über “nationale” Lösungen weit hinauszugehen. Da werden Schutzmittel die andere Staaten bestellt haben, gestohlen (beschlagnahmt).
Das sind gerade zu kriegerische Maßnahmen.
Ich finde das unerträglich und einen Skandal, aber vielleicht bin ich damit alleine ….
Dieses Wischi Waschi der “Wünsche” die in der EU nicht durchsetzbar sind und der Vorwürfe, weil nicht passiert, was nicht in den Sonntagsreden seit 30 Jahren fordert, aber nie umgesetzt hat sollte jedenfalls aufhören.
Das gilt im Übrigen genauso für die Ökonomie. Es ist peinlich wie jedes Mal alles auseinander fällt und jeder für sich und Gott für uns alle gespielt wird.
Wenn die EU das nicht hin bekommt und eine gemeinsame Währung als Klammer nicht ausreicht die Staaten zur Koordination und Zusammenarbeit zu bringen, dann löst den ganzen Schweiss ganz auf.
Keiner braucht so eine Schönwetter Institution, die immer bejubelt wird, um dann bei Regen nationale Regenschirme raus zu holen.
Dann jamert aber auch nicht wenn die “Märkte” Euch einzeln abkochen und ausplündern (kurzer Blick zum UK, läuft).
vlg