An diesen drei Zielen wird Merkel gemessen

Normalerweise kümmert sich kaum jemand um den halbjährlich wechselnden EU-Vorsitz. Doch nun, da Deutschland ‘mal wieder an der Reihe ist, sieht das anders aus. Kanzlerin Merkel und Kommissionschefin von der Leyen sollen die EU retten, heißt es. Wir halten das – gelinde gesagt – für übertrieben. Teil 3 einer dreiteiligen Serie.

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Will Deutschland wirklich ein starkes Europa? Möchte Merkel tatsächlich als „große Europäerin“ in die Geschichtsbücher eingehen, so wie Helmut Kohl? Darüber wird viel spekuliert, einige schreiben schon jetzt Lobeshymnen auf Merkels europapolitisches Vermächtnis.

Doch dafür ist es zu früh. Entscheidend ist, was hinten raus kommt, pflegte Kohl zu sagen. Entscheidend wird auch für Merkel, was am Ende der kommenden sechs Monate übrig bleibt. Hier die drei Ziele, an denen sich Merkel messen lassen muß:

  • Wenn die EU im Dezember noch steht und Großbritannien sich mit einem Vertrag geordnet vom Binnenmarkt verabschiedet, wäre schon viel gewonnen.
  • Wenn die Bundesregierung das “deutsche Semester” zudem nutzen würde, um ihre Interessen neu zu definieren und eine neue, solidarischere Europapolitik zu konzipieren, wäre dies noch besser. Denn dann könnte man hoffen, dass Deutschland sich dauerhaft für eine stärkere EU einsetzt – und nicht nur für sechs Monate.
  • Sollte es zudem noch gelingen, den „Green Deal“ auf den Weg zu bringen und eine fairere Asyl- und Flüchtlingspolitik zu konzipieren, so wäre dies ein großer Erfolg.

Dann – und nur dann – könnte Merkel zurecht behaupten, dass sie ihr europapolitisches Erbe geordnet habe. Denn auch die Migrationskrise 2015 und der Flüchtlingsdeal mit der Türkei lasten auf ihrer Bilanz.

Und was ist, wenn das alles nicht gelingt – oder nur ein geringer Teil davon? Was passiert, wenn die deutsche Wette für Europa platzt? Das weiß keiner.

Wenn überhaupt jemand die EU retten kann, dann nur Deutschland, pflegt man in Brüssel auf skeptische Fragen zu antworten. Es klingt wie Pfeifen im dunklen Wald.

Klar ist nur eins: Europa wird am Ende dieses Jahres nicht mehr so sein, wie es früher einmal war. Allein schon der Abschied Großbritanniens wird dafür sorgen, dass die EU schwächer wird als bisher – und nicht stärker.

Sorry, Herr Maas, aber Ihr Spruch ist einfach daneben!

Damit endet die dreiteilige Serie. Teil 1 steht hier, Teil 2 hier. Der ganze Text ist in der “taz” erschienen, und zwar hier. Mehr zum deutschen EU-Vorsitz hier