Alles wackelt
Kommt die nächste große Finanzkrise? Während in den USA die Angst vor einer Zinswende wächst, deutet sich in Europa die Rückkehr der Eurokrise an. Doch die Eurogruppe macht in Business as usual – und knausert, wo sie kleckern müsste.
Es sollte die gute Nachricht des Tages werden: “Eurogruppe beschließt Eckpunkte für Bankenhilfe”, meldet die “Süddeutsche”. Ein Jahr nach einem Grundsatzbeschluss der EU-Chefs einigten sich die Finanzminister auf die Prinzipien.
Doch wie so oft in Euroland kommt die Hilfe zu spät – erst Ende 2014 soll es losgehen. Und es ist zu wenig: Nur 60 Mrd. können wankende Banken künftig direkt aus dem Rettungsfonds ESM erhalten.
Mit dieser Summe lässt sich weder eine Bankenkrise wie in Spanien abfedern. Noch kommt die Hilfe rechtzeitig, um Irland oder Portugal zu entlasten, die an die Märkte zurückkehren wollen, dabei aber auf Entlastung angewiesen sind.
Neue Unsicherheit in Griechenland
Schlimmer noch: während die Eurogruppe tagte, wurde bekannt, dass auch schon wieder das Hilfsprogramm für Griechenland wackelt. Der IWF drohe mit einem Zahlungsstop, meldete die britische FT.
Die Meldung wurde zwar später dementiert, doch dafür wurde bekannt, dass sich auch mehrere Zentralbanken sträuben, Griechenland weiter Geld zu leihen. Zudem wankt die Regierung in Athen.
Fehlt noch jemand? Ach ja: Zypern: Obwohl das “Rettungs”programm für die Insel ganz offensichtlich gescheitert ist – 21Prozent der Bankeinlagen sind futsch, die Realwirtschaft blutet aus – wollen die Finanzminister nicht nachbessern.
Schäuble spielt auf Zeit
Alles wackelt, nur einer steht: Finanzminister Schäuble, der sich jeder Änderung entgegensetzte und auf Zeit spielte. Nun gut, der Mann macht Wahlkampf. Da kann und will er wohl keine Fehler einräumen.
Aber nach der Bundestagswahl muss er bzw. sein Nachfolger wieder Feuerwehrmann spielen – wetten?
Johannes
22. Juni 2013 @ 20:24
Off Topic, aber wunderschön, Merkel will das eine, Schäuble das andere, eine Direktwahl des EU-Kommissionspräsidenten. Aber demokratisch wäre die Wahl ja so oder so nicht wenn man das EU-Parlament als Vorbild nimmt. Aber immer wieder schön, diese CDU.
ebo
21. Juni 2013 @ 14:30
Das sehe ich ein wenig anders. Denn wie bei jedem Feuerwehr-Einsatz kommt es auf den Zeitpunkt an. Die ganze Debatte begann ja mit der Bankenkrise in Spanien. Zunächst war die Regierung in Madrid problemlos in er Lage, ihre Banken selbst zu stützen, der Haushalt war ja in Ordnung. Doch die Bondmärkte spielten plötzlich verrückt und brachten Madrid in die Bredouille. Damals hat Spanien um Hilfe der EZB gefleht – eine Intervention auf den Anleihemärkten hätte eine Verschärfung verhindern können. Doch die EZB sagte – nicht zuletzt mit Rücksicht auf Berlin – Nein. Als sich die Krise zuspitzte, war es ausgerechnet Berlin, das Madrid ESM-Kredite aufdrängte – allerdings nicht direkt an die Banken, sondern über den Umweg des Staates. Seitdem geht es mit Spanien bergab. Die Regierung in Madrid zog darauf – genau wie Rom – den Schluss, dass eine direkte Banken-Rekap sinnvoller wäre. Hätte man dies vor einem Jahr eingeführt, so hätte sich wohl auch Zypern noch retten lassen. Doch wiederum bremste Berlin. Nun sind wir in der Tat in einer Lage, wo 60 Mrd. nicht mehr ausreichen, denn aus den schwachen sindZombie-Banken geworden. Die Feuerwehr ist zu spät gekommen; bzw. sie kommt gar nicht mehr, sondern wacht nur noch darüber, dass die Beletage mit D, NL und FIN sicher bleibt. Bis der Euro-Tower einstürzt…
Andres Müller
21. Juni 2013 @ 16:36
@ebo, ich gebe Recht dass die Koordination der Hilfen ungeschickt war und ist. Aus meiner Sicht haben sich viele Banken allerdings bereits im Verlauf der Subprime -Krise in den USA das bis in die 80er Jahre zurückgeht, zu Zombie -Systemen entwickelt. Deren Schwerpunkt sind heute die Superreichen, Kleinkredite lohnen kaum mehr.
Daran war auch die Politik Schuld, die ihre Schwerpunkte in die Exportindustrie legte und auf beschleunigten Abbau der Sozialleistungen, die Vernachlässigung des Binnemarktes.
Was in der Politik offenbar noch immer nicht klar geworden ist (oder es ist ihnen egal), der Aufstieg oder Abstieg von Nationen ist direkt an den Umgang mit den schwächeren Teilen der Gesellschaft gebunden.
Das gilt übrigens auch für China, das im Schnellzugstempo wirtschaftlich aufgestiegen ist, oder Brasilien das nun an einem Scheideweg steht. Man weiss in China inzwischen nur zu gut, dass die Minister für das Soziale und die Umwelt die entscheidenden Schlüsselfiguren der chinesischen Gesellschaft geworden sind.
Nun steht allerdings der soziale Raubbau des Westens bei seinen Bürgern als Hindernis vor dem chinesischen Umstieg auf den Binnenmarkt, die Lohnkosten müssten dazu aber Weltweit steigen, die Arbeitskräfte müssten besser bezahlt und sozial abgefedert werden. Das Kapital ist nach Oben gewandert und verbleibt nun dort, als Ergebnis sehen wir deshalb weitum Tendenzen zu Deflation und Stagnation. Etwas vernebelt wurde diese Entwicklung durch technologische Fortschritte, sie machte Glauben es würde noch Zuwachs im Wohlstand geben. In Wirklichkeit erhält man aber weniger als früher für seine Arbeit, die Dinge sind nur billiger herzustellen als früher. Hier ist man nun aber am Limit angelangt, es geht kaum noch günstiger, wegen der Rohstoffkosten die man kaum mehr massgeblich senken kann.
Zurück zu den Banken, sie sind keine Träger des Wohlstandes mehr, es gibt keine Zinsen mehr und die Kredite sind infolge Deflation und tiefer Zinsen ebenfalls real teurer geworden. Auch die Vergabe von Hypotheken ist höchst gefährlich geworden für die Kunden, infolge dessen dass die Banken diese Kredite weiter verkaufen und zu Paketen schnüren. Man lesen nur mal das Kleingedruckte im Hypovertrag, die Risiko sind Umfangreich.
Für Private ist es wohl Zeit sich gegenseitig Geld auszuleihen, das Pendel des Risiko ist umgekippt -Banken sind heute hoch riskante Partner.
Einige Grosskonzerne haben eigene Banken gegründet, weil diese mehr Sicherheit und Vorteile bieten, so etwa Siemens. Banken sind zu einem Ballast für die Gesellschaft geworden, und die Ursache liegt weit zurück in den 70er Jahren, es ist die Schaffung einer sozialdarwinistischen Privatisierungswelle mit Verkauf der Alterssicherheit an das meistbietende Schneeballsystem und die Abkoppelung der Geschäftsideen von der Realwirtschaft hin zu Zombie -Finanzinstrumenten. Kurzum, mit Produktion muss man sich heute hundertfach mehr anstrengen um Geld zu generieren als via Finanzinstrumente. Das alles kann man nur Politisch lösen, es reicht schon lange nicht Banken zu retten, es ist sogar schädlich und Verhangnissvoll für unsere Zukunft.
Johannes
21. Juni 2013 @ 18:49
Ja die Bankenrettung überfordert Spanien. Aber ich will als Steuerzahler auf keinen Fall, dass Politiker die Verantwortung für Bankenrettungen auf den ESM abwälzen können. In DE und der EU habe ich gesehen, dass man lieber Banken rettet als die zu schließen. Den Kredit, die Glaubwürdigkeit, Banken mit unserem Geld retten zu müssen, nahm die Elite 2008 in Anspruch mit großen Versprechen. Versprechen wurden gebrochen und der Kredit, meine Bereitschaft zu retten, ist nicht mehr vorhanden. Am Ende gilt: Die Eurozone ist ein rechtsfreier Raum, sowas dachte ich, gibt es nur in Diktaturen. Ich sehe zwar ein, dass die Banken immer mehr das Problem werden, aber das haben die Politiker zugelassen, nicht ich. Und die Politiker haben die Euro-Zone zu einem rechtsfreien Raum gemacht, nicht ich. Ich habe immer nur felsenfest an die Eurobefürworter geglaubt und wurde nach Strich und Faden belogen, auch von dem deutschen Qualitätsjournalismus!
Andres Müller
21. Juni 2013 @ 13:22
Es ist blind zu versuchen mit der Feuerwehr durch Brände löschen in den obersten Stockwerken, die angeschlagenen Banken vor dem Einsturz zu bewahren. Dadurch wurde zwar Zeit gewonnen, aber die angestaute Energie verstärkt, welche dann die Stahlträger zerschmelzen lässt wie erhitzte Honigwaben. Diese Analogie mit den einstürzenden WTC -Türmen ist zwar makaber, trifft den Nagel aber auf den Kopf, und zwar mehrfach.
Der erneute Feuerwehr -Einsatz wurde auf 2014 verschoben, weil einige Politiker befürchten bei der bevorstehenden Flurbereinigung unter den Banken ( die ist bereits angekündigt) zuvor noch die gesamten Mittel zu verlieren um den Rest zu retten, also wurde zum strategischen Rückzug geblasen. Es ist nicht mehr genug Löschwasser vorhanden um sämtliche Banken zu retten.
Genauso wie Bernanke in den USA Gelder an die Zombies ausgedruckt hat, die sich in der Folge auch noch stark vermehrten und in neue Häuser einzogen, hat die EZB mit Verfassung widrigen Mitteln und Umständen versucht, das Ungleichgewicht in der Eurozone abzufedern -durch Hilfen an Zombies.
Die Zombies wiederum verwendeten das Geld, mit dem sie “gerettet” werden, um die Netzwerke zu anderen Zombies aufrecht zu erhalten, das sind die obersten 1% der Gesellschaft. Diese Zombie -Eliten besitzen nun praktisch das gesamte freie Vermögen unseres Planeten, wie kürzlich mehrere Studien aufklärten. Die Investition nach Unten, in die Welt der Lebenden, ist blockiert. Zombies haben von der Finanzkrise also profitiert, ihre Lobby in der Politik will keine Abkehr vom entstandenen Zentralbank gestützten Zitronensozialismus. Nun zehren diese Kräfte gegeneinander und wahrlich sind die Zombis für die Realwirtschaft mit Abstand gefährlicher als Osama bin Laden mit Anhang.