AKK stellt sich gegen Breton, Maas umwirbt Taliban – und von der Leyen rechnet schön

Die Watchlist EUropa vom 03. September 2021 –

Die EU-Verteidigungsminister haben ihre „Niederlage“ in Afghanistan eingestanden und Besserung gelobt. Nach dem überstürzten Rückzug aus Kabul gehe es darum, die militärische Abhängigkeit von den USA zu überwinden, hieß es bei einem Treffen in Kranj (Slowenien).

An der Zusammenarbeit mit USA und Nato wollen die meisten EU-Länder aber festhalten. Nur Frankreich fordert mehr Autonomie.

Eine eigenständige europäische Verteidigung sei nach dem chaotischen Rückzug aus Kabul keine Option mehr, sondern ein Muß, hatte der französische EU-Kommissar Thierry Breton vor dem Treffen erklärt.

Breton sprach sich zudem für eine schnelle Eingreiftruppe aus, die von einer eigenen militärischen Kommandozentrale befehligt werden soll. Die EU brauche auch eine neue Sicherheitsdoktrin.

Widerspruch kam von der deutschen Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU). “Die Debatte darf nicht in der Frage stehenbleiben, ob wir eine europäische Eingreiftruppe wollen oder nicht“, sagte sie. Die militärischen Fähigkeiten reichten schon jetzt aus, um unabhängig zu agieren.

Eine “Koalition der Willigen”

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Die zentrale Frage sei, wie diese Fähigkeiten gemeinsam genutzt werden könnten. Kramp-Karrenbauer plädierte für eine „Koalition der Willigen“. Bei künftigen Einsätzen könne man nach Artikel 44 des EU-Vertrags vorgehen. Er ermöglicht es, die Ausführung einer Mission einer Gruppe von Mitgliedstaaten zu übertragen.

Dafür ist allerdings ein einstimmiger Beschluss nötig, was als große Hürde gilt. Die „Willigen“ könnten dennoch schneller eingreifen, hofft AKK.

Das Problem in Afghanistan war allerdings nicht das Tempo – sondern die Abhängigkeit von den USA. US-Präsident Joe Biden hatte die Entscheidung für den Abzug im Alleingang getroffen, ohne Beteiligung der Nato oder der EU.

Die Alliierten mußten folgen, weil sie den Flughafen in Kabul ohne US-Hilfe nicht verteidigen können.

In Treue fest zu den USA

“Die nüchterne Wahrheit zu Afghanistan ist: Wir Europäer haben gegen die Entscheidung der Amerikaner zum Abzug kaum Widerstand geleistet, weil wir mangels eigener Fähigkeiten keinen leisten konnten“, sagte Kramp-Karrenbauer.

Allerdings war Frankreich bereits vor zehn Jahren aus Afghanistan abgezogen. Die meisten anderen EU-Staaten hatten ihre Militärpräsenz zuletzt reduziert.

Nur Deutschland blieb bis zuletzt treu an der Seite der USA – und steht nun wieder auf der Bremse, wo es um “mehr Europa” geht. Wobei eine Eingreiftruppe natürlich auch nicht viel bringt, solange man es nicht wagt, Biden zu widersprechen…

Siehe auch “Die EU hat sich in Biden getäuscht”

Watchlist

Was fällt den Außenministern zu Afghanistan ein? Werden sie – wie von den USA gewünscht – sofort auf strammen Anti-China-Kurs schwenken? Dies dürfte sich beim zweitägigen informellen Gymnich-Treffen in Slowenien zeigen. Der deutsche Chefdiplomat Maas bietet den Taliban schon ‘mal Entwicklungshilfe an…

Was fehlt

Neue Kritik an den Impfzahlen der EU-Kommission. Nach einem Bericht von “Politico” liegen die Angaben von Kommissionshefin von der Leyen wieder einmal zu hoch. Statt wie gemeldet 70 Prozent seien gerade mal 68 Prozent der erwachsenen EU-Bürger vollständig geimpft. Nach anderen Berechnungen seien es sogar nur 58… – Mehr hier

Hinweis: Am Samstag kommt die erste Wochenchronik nach der Sommerpause. Der nächste Newsletter erscheint dann wieder am Dienstag