100 Tage Juncker – eine Bilanz

Die neue EU-Kommission ist nun schon rund 100 Tage im Amt. Den versprochenen Neustart hat sie nicht gebracht. Aber haben Juncker & Co. wenigstens die richtigen Entscheidungen getroffen?

Hat Juncker die richtigen Entscheidungen getroffen? Ja und Nein. Richtig war es, mit der Investitions-Offensive zu beginnen und die eigentlich fälligen Defizit-Verfahren gegen Frankreich und Italien aufzuschieben. Mit dem Investitions-Plan bricht Juncker die bisherige einseitige Fixierung der EU auf die von Deutschland gewünschte Austeritätspolitik. Und mit dem Aufschub im Defizit-Streit macht er die überfällige Flexibilisierung beim Stabilitäts- und Wachstumspakt möglich. Allerdings kann der Juncker-Plan bisher noch nicht über-zeugen. Juncker konnte weder zeigen, wo die geplanten Investitionen von 315 Mrd. Euro herkommen sollen – noch, wo sie letztlich hingehen. Auch der Defizit-Streit mit Paris und Rom ist noch nicht gelöst. Insgesamt ist es Juncker in seinen ersten hundert Tagen noch nicht gelungen, die EU auf Wachstumskurs zu bringen. Im Gegenteil: Sogar die EU-Kommission sieht die Eurozone nun in der Deflation.

Was fehlt? Die Politik. Zu Beginn seiner Amtszeit hatte Juncker eine “politische Kommission” angekündigt. Doch nun duckt sie sich weg, sobald es politisch wird. Das war nicht nur bei den LuxLeaks so, sondern auch in der Ukraine-Krise und nach dem Machtwechsel in Griechenland. In der Ukraine-Krise übernahmen Merkel und Hollande das Steuer – von Juncker und seiner Außenbeauftragten Mogherini war nichts zu sehen und nichts zu hören. Den Sieg der Linken in Griechenland ließ die EU-Kommission unkommentiert, genau wie die Drohungen aus Deutschland und den Streit um die Troika.

Wie geht es weiter? Die nächste große Entscheidung steht im März an. Dann muss die EU-Kommission sich für oder gegen ein Defizit-Verfahren gegen Frankreich entscheiden. Leitet sie ein Verfahren ein, so riskiert sie eine Stärkung des “Front National” und einen Wahlsieg von M. Le Pen. Leitet sie kein Verfahren ein, riskiert sie einen schweren Bruch mit Berlin. Mit Deutschland muss Juncker aber noch einen weiteren Strauß ausfechten: Wenn es um die Ausgestaltung seines Investitions-Plans geht. auch da sollen Entscheidungen ab März fallen, doch erst im Juni dürfte man wissen, ob alles nur heiße Luft war – oder eben nicht.