Deutsch-griechische Kraftprobe
Deutschland verzögert die Auszahlung der fälligen Griechenland-Kredite. Dabei hat die Bundesregierung viel mehr zu verlieren als die Regierung Samaras. Die Griechen könnten es daher auf eine Kraftprobe ankommen lassen.
Es ist gerade einmal ein paar Tage her, dass Finanzminister Schäuble hinausposaunte, er sei gegen ein deutsches Europa. Jetzt ist klar, was davon zu halten ist: nichts.
Denn es ist Deutschlands Finanzminister, der den Griechen zum x-ten Male mit Kreditentzug droht. Natürlich im Alleingang, wie immer. Vor einem Jahr hätte es Schäuble beinahe auf die Spitze getrieben – bis zum „Grexit“.
Damals musste ihn US-Finanzminister Geithner zur Räson bringen. Sonst hätte ein wildgewordener deutscher Prinzipienreiter die gesamte Eurozone in die Luft gesprengt.
Diesmal geht es vordergründig „nur“ um 2,5 Mrd. Euro. Damit die ausgezahlt werden, und Griechenland „nachhaltig“ wachsen kann (so Schäubles Begründung) müssen 4200 Staatsdiener gefeuert werden, heißt es in Berlin.
Doch in Wahrheit geht es um Wahlkampf. Schäuble und seine Helferlein Kampeter und Barthle möchten sich als harte Knochen präsentieren, um den euromüden CDU-Wählern zu imponieren.
Gleichzeitig müssen die Griechen wenigstens den Schein wahren, dass sie das neue absurde Spardiktat nach den eigenen, „demokratischen“ Regeln und Zeitplänen abarbeiten.
Wer hat bei diesem unwürdigen Gezerre, dem schon der griechische Rundfunk zum Opfer fiel, am meisten zu verlieren? Die Griechen, wenn sie nachgeben – dann sind nämlich 4200 Jobs futsch.
Und diese Jobs kommen nicht wieder, vermutlich führt ihre Streichung nicht mal zu Einsparungen (denn die Arbeit muss trotzdem getan werden – dann privat, also teurer).
Die Deutschen hätten aber noch viel mehr zu verlieren – wenn sie nicht nachgeben und eine neue Euro-Krise provozieren.
Denn Schäuble findet für seine Haltung in der Eurogruppe kaum Rückhalt. Eurogruppenchef Dijsselbloem fordert eine Freigabe der Kredite bis zum kommenden Montag.
In Wahrheit hätte in Europa und in der Welt niemand Verständnis dafür, wenn Deutschland jetzt Griechenland vor die Wand fahren lässt.
Am Ende stünde nicht Griechenlands, sondern Deutschlands Glaubwürdigkeit auf dem Spiel. Nicht Samaras, sondern Schäuble stünde am Pranger.
In dieser Kraftprobe haben die Griechen deshalb letztlich die besseren Karten. Ob sie sie auch ausspielen, bleibt abzuwarten.
Ich würde es jedenfalls begrüßen – und sei es nur, um das zynische Kalkül „Kredit gegen Kahlschlag“ zu durchkreuzen…
Alex Schmitt
30. Juli 2013 @ 10:42
Den Griechen bleibt nur der Euro-Ausstieg als Rettung. Die Währung muß um 30-40% oder noch tiefer abwerten um die Wettbewerbslücke zu Deutschland zu schließen. Dann müssen sie keine Löhne mehr senken und die Schulden können sie ruhig in selbst gedruckten Drachmen zurück zahlen. Und wer die Drachmen nicht haben möchte, der muß sich von den Ansprüchen verabschieden. Der Gläubiger verliert immer, und der Gläubiger sind nun die Deutschen mit den Lebensversicherungen, Betriebsrenten, Riesterrenten, Rüruprenten und Bausparverträgen.
Den Weg werden Griechen,Spanier, Italiener, Franzosen, Zyprioten gehen müssen, die Deutschen wollen ja die eigene Wettbewerbsposition verteidigen. Höhere Tarifabschlüsse sind auch in diesem Jahr in Deutschland nicht bekannt, die Produktivität wird weiter zur Senkung der Preise eingesetzt. Export über alles. Dabei zerstören die Deutschen ihre Kunden in der EU.
Johannes
25. Juli 2013 @ 20:33
Jeder hier weiß, Deutschland wird zahlen. Alles nur Show, und die Aufregung ist überflüssig. Das Wort Euro bedeutet heute Betrug, dank der Griechen und Politiker Europas. Na ja, Betrug ist ja eine positive Sache, dafür wird jeder belohnt, sonst würde man den Griechen nicht helfen, gell 😉
Ernst
25. Juli 2013 @ 20:31
Schäuble hat Recht. Es bringt ja nichts, wenn das Geld wider verschwindet. Das Geld muss arbeiten. Die Griechen sollen marode Wirtschaft sanieren und nicht für immer unterstützt werden. Das war irgendwie ganz am Anfang das Ziel. Wurde aber schon von allen vergessen.
ebo
25. Juli 2013 @ 20:34
@Ernst
Schäuble sorgt dafür, dass gerade so viel überwiesen wird, wie die Gläubiger für den Schuldendienst verlangen. Das Geld arbeitet also nicht – oder wenn, dann nicht in Griechenland. Und die Menschen arbeiten auch nicht, denn sie werden auf Schäubles Befehl rausgeschmissen. Sogar Behinderte und sozial Schwache finden keine Gnade….
denkbonus
25. Juli 2013 @ 15:35
Reichtum der Levante
Griechenland verfügt über mehr als nur Olivenöl. Während in der Ägäis reiche Ölvorkommen lagern, schlummern vor Zyperns Küsten Gasreservoirs von solch ungeheuerlichem Ausmaß, dass sie das politische und wirtschaftliche Machtgefüge der Welt verändern würden. Zugleich schlummern die Bodenschätze vor den Küsten der Insel, die unter griechischer Hoheit stehen, während die Türkei leer ausgeht.
Daher ist es offenbar die Absicht Schäubles und seiner transatlantisch ausgerichteten Vasallenfreunde, Griechenland solange ins Elend zu stürzen, bis die hungrigen Konzerne sich den Kuchen zum Spottpreis unter den Nagel reißen können. Die Explorationen werden derzeit durchgeführt von Nobel- Energy, einem ameroisraelischem Konzern.
Den Schäuble, diesen schlecht gelaunten Euro- Troll, könnte die Kanzlerin übrigens langsam mal auf’s Ruhegleis schieben. Mit seiner erpresserischen Rabulistik gegenüber den Griechen wirkt er nachgerade anachronistisch. Damit könnte sie sogar im Wahlkampf punkten, was ich nicht hoffe.
Infoliner
25. Juli 2013 @ 12:37
Bist Du sicher, daß Du das System verstanden hast? Es soll .de als der böse Bube dargestellt werden, das hat System und kann überall beobachtet werden. Viel wichtiger als was die veranstalten, finde ich, die Situation zu durchschauen und nicht mit zu spielen. Wenn also dort Zynismus beschrieben wird im Artikel, so sehe ich denen ausschließlich gegenüber den Menschen, sowohl hier als natürlich auch in Griechenland.
ebo
25. Juli 2013 @ 20:05
@Infoliner
Von welchem System redest Du? Ich kenne keines, das Deutschland zum bösen buben machen will. Ich stelle nur fest, dass unsere bundesregierung härter auftritt als andere Geberländer wie FR oder IT. Und das macht mich traurig – denn, wie Du richtig sagst: die Zeche zahlen die Menschen in Griechenland.