Der Skandal, der keiner sein darf
Die europäischen Medien sind voll davon. Doch in Brüssel und Berlin wird der neue Skandal um das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat und den Monsanto-Konzern glatt geleugnet.
„Glyphosat: Der EU-Expertenbericht ist voller Copy-and-Paste-Versatzstücke von Monsanto“, titelt „Le Monde“. „Die Vorwürfe sind genauso alt wie falsch“, kontert die EU-Kommission.
Worum geht es? Um rund 100 der 4.300 Seiten des Schlussberichts der europäischen Agentur EFSA aus dem Jahr 2015, und zwar ausgerechnet um die umstrittensten Kapitel.
Die EFSA mit Sitz im italienischen Parma hatte sich vor zwei Jahren für eine Verlängerung der Zulassung von Glyphosat ausgesprochen – dem will die EU-Kommission demnächst folgen.
„Die Kapitel im EFSA-Bericht über die bisher veröffentlichten Studien zur Wirkung von Glyphosat auf die menschliche Gesundheit sind quasi Wort für Wort von einem Monsanto-Bericht aus dem Jahre 2012 übernommen“, schrieb nun „La Stampa“. Damals hatte der US-Chemiekonzern – mittlerweile in Besitz des deutschen Bayer-Konzerns – im Namen des Konsortiums „Glyphosate Task Force“ den Bericht eingereicht.
Sie seien vielmehr in einem Bericht Deutschlands, das in der Causa Glyphosat Berichterstatter aller nationalen Regierungen ist, enthalten.
Wenn das stimmt, so würde es die Sache allerdings noch schlimmer machen.
Denn es würde ja bedeuten, dass Deutschland den Bericht eines deutschen Konzerns ungeprüft übernimmt – um damit eine EU-Position zu präjudizieren…
Winston
19. September 2017 @ 21:31
Die EU ist nichts anderes als ein Lobby Verein. Schon 2010 wusste man über der Diesel Problematik bescheid, drückte aber auf Druck der Deutschen Autolobby beide Augen zu. Damaliger EU Umwelt Kommissar war übrigens ein gewisser Hr. Tajani, der heutige Präsident des Europäischen Parlaments.
Das dieser Monsanto Dreck bei der EU Kommssion problemlos durchkommt dürfte klar sein. Der Profit der Chemie und Pharma Lobby kommt vor der Gesundheit. Was interessiert den Bonzen schon die Gesundheit des Lumpen Präkariats, die gehen sicher nicht bei Lidl und Aldi einkaufen sondern in Luxusläden.
Die EU gehört abgewickelt und das sofort.
Peter Nemschak
20. September 2017 @ 11:50
Vergessen Sie nicht, hinter der Auto- und Chemielobby stehen viele tausend gut bezahlte Arbeitsplätze, nicht das von Ihnen so genannte Lumpenprekariat.
Dixie Chique
20. September 2017 @ 12:19
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Kleopatra
19. September 2017 @ 07:54
Wenn eine deutsche Regierung durch ihre gutachterliche Äußerung einem deutschen Konzern entweder a) schaden oder b) nützen kann, wird es für keine deutsche Regierung eine Frage sein, wofür sie sich entscheidet. Dieselbe Überlegung gilt natürlich für andere Staaten. Und wenn andererseits jede Regierung nur über Unternehmen in anderen Mitgliedstaaten urteilen dürfte, würden sie untereinander Kompensationsgeschäfte vereinbaren (deckst du meinen Umweltverschmutzer, decke ich deinen).
Vielleicht wäre es einfach besser, jeder Staat würde diese Zulassungsverfahren selbst unabhängig voneinander machen. Letztlich sind sie nämlich keine objektiven Entscheidungen, sondern Abwägungen (welche Schäden nimmt man für einen möglichen Nutzen in Kauf). Und für solche Abwägungen ist eine Bürokratie der falsche Ort. Theorien, nach denen die bürokratische Überwachung sicherstellt, dass nur unbedenkliche Mengen usw. sind alles Selbsttäuschung.
Peter Nemschak
19. September 2017 @ 11:18
Umweltbelastungen wirken grenzüberschreitend. Daher ist eine supranationale Lösung vorzuziehen. An der sinnvoll zulässigen Höchstbelastungsgrenzenproblematik ändert sich dadurch nichts.
Volker Birk
19. September 2017 @ 06:11
Monsanto ist de facto die Aufsichtsbehörde für die Zulassung eines Monsanto-Produktes.
What could possibly go wrong?
Peter Nemschak
18. September 2017 @ 16:43
Wie gefährlich ist die Verwendung von Glyphosat wirklich? Offenbar gibt es unterschiedliche Einschätzungen.
ebo
18. September 2017 @ 16:56
Es geht hier nicht um irgendwelche „Einschätzungen“, sondern um das angeblich wissenschaftliche Gutachten, auf das die EU-Kommission ihre Empfehlung stützen will.
Peter Nemschak
18. September 2017 @ 18:00
Das von Monsanto stammende Gutachten muss nicht unwissenschaftlich sein. Ich gebe Ihnen in so ferne recht als die Optik schief ist. Die Kommission hätte, um sich Vorwürfe zu ersparen, zusätzliche Gutachten in Auftrag geben sollen, auch wenn wir vielleicht davon nicht gescheiter geworden wären. Was Gutachten betrifft, bin ich ähnlich skeptisch wie bei den Grenzwerten für Stickoxyde, die angeblich im Straßenverkehr niedriger als in Innenräumen sein sollen.
Dixie Chique
19. September 2017 @ 11:36
Sie sind sich noch nicht mal zu schade, für Monsanto und IG Farben in die Bresche zu springen, eh? Ein harter Typ wie Sie putzt sich mit Glyphosat die Zähne! Sind bei Ihnen in der Trollfabrik noch Stellen frei? Mein neoliberaler Neffe sucht grad was. Bei solchen Auftraggebern sollte das Gehalt ja stimmen.
Peter Nemschak
19. September 2017 @ 13:11
Ich springe für niemanden in die Bresche, bin alt und erfahren genug, mich nicht über alles und jedes aufzuregen, hinter jeder Ecke eine Verschwörung dunkler Kräfte zu vermuten und aus allem einen Skandal zu machen. Die Alternative zum Brüsseler Lobbyismus, an dem nicht nur die „bösen profitgeilen“ Konzerne sondern auch jede Menge NGOs mitwirken, die für das Publikum intransparente Begutachtung durch die nationalen Interessensvertretungen ist um nichts besser. Grenzwerte für Umweltbelastungen sind stets eine Resultante der unterschiedlichen Interessen (siehe Dieselemissionen). Was mich allerdings wundert ist, wie unvorsichtig und blauäugig die EU-Bürokratie ihren Kritikern notorisch ins Messer läuft. Ein wenig mehr Umsicht beim Texten von Verordnungen hätte ich mir erwartet.
paul7rear
19. September 2017 @ 15:29
WHO verkündet: Glyphosat ist ein Krebserreger
Dies dürfte aber bei der neuen, erwähnten Studie nicht mehr so einfach sein, da diese von der International Agency for Research on Cancer (IARC), einer Einrichtung der WHO, durchgeführt wurde.Die im März 2015 in der Fachzeitschrift Lancet Oncology veröffentlichte Studie zeigt auf, dass insgesamt fünf Organophosphate, die als Herbizide oder Pestizide zum Einsatz kommen, krebserregend sind.Darunter befindet sich auch das Herbizid Glyphosat, das in die Gruppe 2A eingestuft wurde. Diese Kategorie umfasst Substanzen, die bei Tieren definitiv und bei Menschen höchstwahrscheinlich Krebs auslösen.Die Studie bezieht sich auf diverse Untersuchungen in den USA, Kanada und Schweden, die seit 2001 durchgeführt wurden. Hierbei kamen Krebs-Experten aus 11 Ländern einstimmig zum Schluss, dass Roundup bei Tieren Krebs auslösend wirkt.
Die Forschungen ergaben mitunter eine Häufung von Karzinomen der Nierentubuli und von bösartigen Tumoren im Stütz- und Bindegewebe. Zudem erhöhte Glyphosat die Rate von Geschwülsten in der Bauchspeicheldrüse und es kam zu einer erhöhten Rate von Hautkrebs.Doch auch der Mensch bleibt nicht verschont: Die Wissenschaftler konnten überzeugende Beweise vorlegen, dass das Herbizid Lymphdrüsen- und Lungenkrebs auslöst.Zudem haben Untersuchungen gezeigt, dass Glyphosat in menschlichen und tierischen Zellen DNA- und Chromosomenschäden verursacht
Peter Nemschak
19. September 2017 @ 16:19
Andere Organisationen verkünden anderes und verweisen auf Gefahren bei nicht sachgemäßer Anwendung. Fest scheint zu stehen, dass das Produkt umstritten ist.