Orban lenkt nicht ein – im Gegenteil
Kanzlerin Merkel fordert es. Kommissionschef Juncker verlangt es. Doch V. Orban denkt gar nicht daran, nach der Niederlage vor dem höchsten EU-Gericht seine Flüchtlingspolitik zu ändern – im Gegenteil.
„Wir erkennen das Urteil an, aber wir werden alle politischen und rechtlichen Mittel einsetzen, um es nicht umzusetzen“, sagte ein Orban-Sprecher in der ungarischen Botschaft Brüssel.
Ungarn habe 2015 bereits mehrere Zehntausend Flüchtlinge aufgenommen und mit dem umstrittenen Zaunbau auch gehandelt, um Schengen und Dublin (also die EU-Regeln) zu verteidigen.
Juncker hingegen versuche nun nachträglich, die europäische Solidarität neu zu definieren. Die umstrittene Umverteilung der Flüchtlinge sei jedoch eine „verfälschte Definition“ von Solidarität.
Denn es handele sich nicht um eine Flüchtlingskrise, sondern um eine „Krise der Masseneinwanderung“, wobei die Mehrzahl der Menschen aus wirtschaftlichen Gründen in die EU wolle.
Ungarn werde sich nach dem Ende der 2015 beschlossenen, temporären Regeln auch gegen eine dauerhafte Umverteilung von Flüchtlingen stemmen, so der Orban-Sprecher.
Klingt fast wie bei der AfD, oder? Kein Wunder: In Ungarn wird im nächsten Jahr gewählt – offenbar hat Orban seinen Wahlkampf schon eröffnet…
P.S. Den Euro wollen die Ungarn übrigens auch nicht. Wenn Juncker mit seiner Rede letzte Woche Osteuropa umwerben wollte, so ist der Versuch ganz offensichtlich gescheitert.
Kleopatra
19. September 2017 @ 07:45
Der “ungarische Zaun” dürfte Deutschland stärker entlastet haben als jede “ungarische Flüchtlingsquote” es könnte. (Ich weiß, dass es theoretisch num eine Entlastung Italiens und Griechenlands ging. Aber in Wirklichkeit musste der Beschluss so überhastet gefasst werden, weil der deutsche Innenminister eine vorzeigbare Trophäe brauchte). Und dass verkürzt gesagt niemand in der EU Migranten will, auch wenn die deutschen Politiker zu feige sind, um diese Tatsache auszusprechen, ist auch offensichtlich.
Claus
18. September 2017 @ 18:40
Verbringt man mal einige Tage in Budapest, schaut man sich ganz erstaunt um und versteht dann die Haltung von Orban und der Mehrheit des ungarischen Volkes, das ihn gewählt hat. Stadtbilder wie man sie aus Berlin Neukölln, Duisburg Marxloh oder diverser europäischer Metropolen kennt, gibt es dort nicht und offenbar wollen die Ungarn so etwas auch schlichtweg nicht haben. Und sie scheinen glasklar zu sehen, was ihnen jegliche Toleranz gegenüber Zuwanderungs-„Multikulti“ bescheren könnte. Und ich denke, sie werden sich da weder aus Brüssel noch aus Berlin reinreden unter Druck setzen lassen – eher kommt es wohl zum Hungexit, Hongexit oder Magexit – ganz wie man will.
Peter Nemschak
19. September 2017 @ 08:39
Der Trend geht in Zukunft in Richtung vermehrter Abschiebungen temporär Schutzsuchender und von Wirtschaftsmigranten sowieso. Die Kriterien, wer bleiben darf, werden nicht zuletzt auf Grund des Drucks von rechts, enger gefasst und ausgelegt werden. In Syrien dürften die schlimmsten Kampfhandlungen beendet sein, auch wenn ein Friede noch nicht in Sicht ist. Afghanistan ist ohnedies ein hoffnungsloser Fall, bei dem Europa aus der Geschichte nichts gelernt hat. Auch dort gibt es inzwischen relativ sichere Zonen. Die Sicherung der Außengrenzen wird Fortschritte machen und Migranten abschrecken. In Europa wird Realitätssinn einkehren und sich die Erkenntnis durchsetzen, dass wir nicht die Retter der Welt sein können.
Peter Nemschak
18. September 2017 @ 14:53
Das mit dem Euro und den Flüchtlingen war klar. Da hilft vielleicht finanzieller Druck seitens der EU. Im übrigen soll sich die EU durch Staaten wie Ungarn nicht aufhalten lassen.