Der Ausverkauf geht weiter
Griechenland erzielt wieder Überschüsse, die Vorgaben der Gläubiger werden sogar übertroffen. Auch der Eurorettungsfonds ESM ist zufrieden – denn er muss weniger Geld auszahlen als geplant. Dennoch geht der Ausverkauf weiter.
Bei den jüngsten Verhandlungen ist ein “Meilenstein” im Bereich Privatisierungen erreicht worden: Vier der wichtigsten Kraftwerke der staatlichen Elektrizitätsgesellschaft (DEI) sollen 2018 privatisiert werden.
Die Gewerkschaft der Elektrizitätsgesellschaft (GENOP DEI) kündigte Streiks an, um den Verkauf noch zu verhindern. “Wir leisten Widerstand”, hieß es auf der Homepage der Gewerkschaft.
Doch das dürfte ihr nicht viel nützen. Denn auch das Streikrecht wird eingeschränkt – noch so ein “Meilenstein”. Und natürlich muss auch noch in der griechischen Verwaltung kräftig gekürzt werden.
Doch warum eigentlich? Die Kürzungen lassen sich vielleicht noch damit begründen, dass der griechische Staat seine Fixkosten verringern will. Aber die Privatisierungen? Sie helfen nur den Gläubigern.
Die Bürger hingegen müssen schlechtere Leistungen und höhere Tarife fürchten, wie bei den meisten Privatisierungen. Zwar spült der Ausverkauf auch Geld in die griechische Staatskasse.
Dabei wäre das wäre eigentlich gar nicht nötig. “Wir freuen uns, dass die Darlehenssumme für Griechenland deutlich unter dem ESM-Programmdeckel von 86 Mrd. Euro bleiben dürfte”, sagte ESM-Chef Regling erst vor einer Woche.
Zu gut deutsch: Griechenland braucht weniger Geld. Dennoch soll es noch mehr sparen. Und was geschieht mit den nicht benötigten Krediten? Na klar, die streichen die Geldgeber wieder ein.
Nur ein Teil soll dazu genutzt werden, Griechenlands Darlehen zurückzuzahlen – also die Schuldenlast zu erleichtern. Das aber auch nur, wenn Athen noch mehr kürzt und privatisiert…
Muss man noch daran erinnern, dass der IWF diese Politik für gescheitert erklärt hat? Und ist eigentlich allen klar, dass sie von ESM-Chef Regling – einem deutschen Hardliner – verantwortet wird?
Regling dürfte auch die Regie führen, wenn der ESM – wie von Berlin gefordert – in einen Europäischen Währungsfonds umgewandelt wird. In Griechenland läuft er sich schon mal warm…
Siehe auch “EU bricht Versprechen bei Wasser-Privatisierung” und “Eine verpasste Chance”
MichaelE
5. Dezember 2017 @ 16:44
“Zu gut deutsch: Griechenland braucht weniger Geld. Dennoch soll es noch mehr sparen. Und was geschieht mit den nicht benötigten Krediten? Na klar, die streichen die Geldgeber wieder ein.”
Ja was den sonst????
Oder wollen Sie Griechenland noch mehr Schulden aufbürden?
ebo
5. Dezember 2017 @ 17:29
Die meisten Schulden hat Schäuble Griechenland aufgebürdet – mit dem 3. Hilfsprogramm, das Athen bekanntlich gar nicht wollte. Im Übrigen ist Kürzen kein gutes Rezept zum Schuldenabbau, in Wachstum investieren ist viel besser – fragen Sie mal den IWF.
Peter Nemschak
4. Dezember 2017 @ 16:13
@ebo Um nicht durchfüttern zu müssen, wurden die schmerzhaften Sanierungsmaßnahmen durchgeführt. Der Schuldenberg muss irgendwann teilweise abgeschrieben werden. Sie sollten nichts beschönigen. Will Griechenland im Euro bleiben, geht es nicht ohne Fiskaldisziplin oder einer Transferunion.
Baer
4. Dezember 2017 @ 09:40
LieberHerr Nemschak,
Ich bin zwar nicht mit Ihnen per Du,es geht aber auch so:“halten Sie einfach mal den Mund bzw.lassen Sie einfach mal eine 1-2-jährige Pause verstreichen.
Wäre vielen gedient.
Peter Nemschak
4. Dezember 2017 @ 13:04
Ich sehe es nicht als meine Aufgabe irgend jemandem zu dienen. Es interessiert mich zu beobachten, wie Leute, vor allem an den Rändern des politischen Spektrums, die Welt interpretieren. Die Meinungen, die bei diesem Blog gepostet werden, zeigen, dass unterschiedliche Weltanschauungen aufeinander stoßen. Eine liberal und marktwirtschaftlich denkende Mitte scheint hier jedenfalls in der Minderheit zu sein. Ein wirtschaftlicher und ethnischer Protektionismus reichen sich die Hände, wenn es um den Ruf nach mehr direkter Demokratie geht. Weltoffenheit und Wettbewerb sind den politischen Rändern ein Gräuel. Dass unsere repräsentative Demokratie doppelten Schutz gewährt übersehen jene, die nach mehr direkter Demokratie rufen; den Schutz vor den Mächtigen und den Schutz vor den Launen des Volkes.
Peter Nemschak
3. Dezember 2017 @ 18:48
Sie plädieren für den unintelligenten Konsumenten. So einer passt in die untergegangene DDR aber nicht in unsere Gesellschaft. In Österreich übernimmt der Verein für Konsumenteninformation, der Arbeiterkammer nahe stehend, die Arbeit zum Wechsel des Stromanbieters. Mich wundert nicht, dass die Gesellschaft gespalten ist, in die dynamischen und lahmen Gruppen. beide haben einander wenig zu sagen. Letztere wollen bei den dynamischen schmarotzen, was sich erstere nicht gefallen lassen. Warum auch?
Dixie Chique
6. Dezember 2017 @ 13:18
Mit “unserer Gesellschaft” meinen Sie sicherlich die mit den 5-Jahresplänen für Glyphosat?
Ich plädiere für nichts als den und die Menschen als Fokus allen politischen Handelns.
Konsumenten, Wähler, Prekäre und Bankiers, Schmarotzer und Dynamiker sind, wenn überhaupt, untergeordnete Kategorien.
Wiederholt kolportieren Sie den Unsinn, die Abgehängten und die Vorpreschenden hätten sich nichts mehr zu sagen. Die dummen, abgehängten Schmarotzer haben aber sehr viel zu sagen. Bisweilen erstatten sie sogar Anzeigen. Pech nur, daß die 3. UND 4. Gewalt den Vorpreschenden gehört und gehorcht. Dabei fordern die Lahmen von den Dynamikern nur Selbstverständliches, nämlich Verantwortung zu übernehmen für die Konsequenzen Ihres Vorpreschens.
Leider sind weit und breit keine Atomdynamiker zu erkennen, die mit Schlauchbooten versuchen den Pazifik wieder zu dekontaminieren. Auch sehe ich nirgends dynamische Genetiker in weißen Kitteln, die mit feinen Netzen Wald und Flur vor erbgutveränderten Pollen und Insekten zu befreien suchen. Wo sind die Smartphonedynamiker, die laut zugeben, Mikrowellen braten das Hirn? Und dynamische Investoren, die mit den besonders weichen, handgenähten Lederschuhen, die sich Gentech-Startups im Vorbeigehen mit ihrem Wechselgeld aus der Hosentasche kaufen, deren Schneeballsysteme nebenbei ganze Volkswirtschaften in den Ruin treiben, die haben sich meines Wissens auch noch nirgends entschuldigt, oder irre ich mich?
Es sind die Dynamiker, die sich den nötigen Diskursen entziehen, weil sie keine Argumente haben, außer den Verweis auf ihre Brieftasche, ihren Club und ihre vermeintlich höhere Intelligenz. Und weil sie angeekelt sind bei dem Gedanken, mit dem armen Plebs überhaupt im selben Raum sitzen, deren Atem riechen, sich auch noch deren Vorwürfe anhören zu müssen, als wäre die nervige olle Griechin Kassandra nicht längst entsorgt!
Die DDR ist Geschichte, Herr Nemschak. Das Prinzip Treuhand nicht.
Sie aber verteidigen die überführte Seite der Geschichte.
Karl Pongratz
3. Dezember 2017 @ 15:17
Es wird dann wahrscheinlich noch schwieriger die Dreckschleudern stillzulegen bzw alternative Energiekonzepte zu fördern.
Peter Nemschak
3. Dezember 2017 @ 12:29
Privatisierung ersetzt nicht Regulierung. In Österreich kann sich der Stromkunde seinen Lieferanten aussuchen und periodisch wechseln, wenn dessen Angebot nicht mehr wettbewerbsfähig ist. Entscheidend ist die Trennung von Infrastruktur (Leitungen, Messgeräte) und Stromlieferanten. Für erstere gibt es, da es naturgemäß keinen Wettbewerb gibt, eine unabhängige Preisregulierungsbehörde. Die Konsumenten sind bisher gut damit gefahren. Warum soll es in Griechenland anders sein?
ebo
3. Dezember 2017 @ 13:02
Ach so, sind in Österreich alle Anbieter in privater und – wie in Griechenland zu erwarten – ausländischer Hand?
Peter Nemschak
4. Dezember 2017 @ 13:57
Einverstanden. Nur, haben dann die anderen Mitgliedsstaaten das Recht Griechenland nicht auf ihre Kosten durchfüttern zu müssen. Man kann nicht beides haben. Im übrigen will die Mehrheit der Griechen den Euro behalten. Was tun?
ebo
4. Dezember 2017 @ 14:23
Was heißt denn hier durchfüttern? Griechenland wird den gewährten Kreditrahmen nicht einmal ausschöpfen; und die Kredite sind Kredite, keine Geschenke.