Wie wahrscheinlich ist ein Grexit?
Der Countdown läuft: Wenn Griechenland bis Ende Juni nicht den neuen Reformplan abarbeitet, droht ein Ende der Hilfszahlungen – und der “Grexit”. Doch wie wahrscheinlich ist der Rauswurf aus dem Euro?
Offiziell ist das Risiko gleich Null. Schließlich wurde das zweite Hilfsprogramm ja gerade erst verlängert, ein drittes ist angeblich schon in Arbeit.
Doch Premier Tsipras möchte keine neue Zwangshilfe. Bisher hat er noch keinen Cent von der EU gesehen. Wie eine im März fällige Zahlung an den IWF beglichen werden soll, ist völlig unklar.
Wer sich in Berlin umhört, kann zudem den Eindruck gewinnen, dass Deutschland nicht mal den kleinen Finger krümmen würde, um Tsipras und seinem Finanzminister Varoufakis aus der Patsche zu helfen.
Die Grexit-Gefahr besteht also weiter. Da das Land fast nur noch öffentliche Gläubiger hat, lässt sie sich jedoch nicht – wie üblich – an Spreads und anderen Markt-Indikatoren ablesen.
Das Risiko ist fast ausschließlich politisch – und es hängt vor allem von Griechenland, Deutschland und den “drei Institutionen” ab. Hier meine Einschätzung (weiterlesen auf Members only)
Nemschak
3. März 2015 @ 12:50
@ebo Ein Grexit wäre in seiner unmittelbaren Wirkung auf die Großen eher abschreckend, weil kurzfristig mit starken Verwerfungen und Wohlstandseinbußen in Griechenland verbunden. Zypern ist zu klein, um im griechischen Tumult wirklich aufzufallen.
Tim
3. März 2015 @ 09:49
@ ebo
Warum Grexit-“Gefahr”?
Nemschak
3. März 2015 @ 10:30
Ein Grexit wäre eher für Griechenland und potentielle Nachahmer von links oder rechtsaußen schmerzhaft und abschreckend als eine Gefahr für die EU. Wenn der Grexit vor den spanischen Parlamentswahlen passieren sollte, wäre er für Podemos nicht gerade hilfreich. Wenn die Angst vor dem Chaos und die Verunsicherung, was die eigene Brieftasche betrifft, groß genug sind, werden die Bürger erstaunlich konservativ.
ebo
3. März 2015 @ 10:38
Das bezweifle ich. Ein Grexit würde Zypern mitreissen und andere schwache Euro-Länder auf die Probe stellen (Italien, Frankreich, Niederlande, vielleicht sogar Finnland?). Er würde deutsche Banken treffen, die immer noch (oder schon wieder) besonders exponiert sind. Und dann sind da noch die politischen Konsequenzen: Sollte es im Juni passieren, könnte dies auch die britische Entscheidung für oder gegen einen Brexit (negativ) beeinflussen. Wenn GR und UK die EU verlassen, ist es aus mit dem europäischen Projekt…
Tim
3. März 2015 @ 10:55
@ ebo
Ich sehe darin eher eine Chance. Es wäre nicht aus mit dem europäischen Projekt, sondern mit einem europäischen Irrweg. Meiner Meinung nach wäre Europa am besten gedient, wenn man die EU von Grund auf neu baut. Daß der Zentralismuswahn Europa spaltet, ist doch inzwischen offensichtlich.
marianne
2. März 2015 @ 22:30
Es wurde aber kein Ton gesagt als Europa Millarden ausgab um im Iraq, in Syrien, in Lybien, etc. die “Demokratie” zu verteidigen. Und jetzt lässt ein Haufen allerdings nicht gewählter Funktionäre und Beamten ZWEI Männer, die das Mandat ihres Volkes verteidigen, allein auf weitem Feld, um dem Mandat des Finanzlobbys zu folgen. Und so etwas nennt man dann Demokratie. Ich weiss, dieser Standpunkt ist ausschliesslich moralisch, aber vielleicht sollte man auch manchmal die menschliche Seite sehen, und nicht nur Zahlen und Statistiken…
Tim
3. März 2015 @ 09:53
@ marianne
Dieser Standpunkt ist nicht “moralisch”, sondern auf bizarre Weise falsch. Auch die Regierungen der anderen Euro-Länder sind schließlich demokratisch gewählt. 10 Mio. Griechen können nicht einfach über 500 Mio. Europäer entscheiden.
Und diese 500 Mio. Europäer sind nicht bloß “Zahlen und Statistik”.
marianne
3. März 2015 @ 13:54
Stimmt schon, sind alle gewählt. Aber als Frankreich und Irland infolge eines Referendums nein sagten, wurden sie schlussendlich doch weich gekocht.
Inwieweit die “gewählten” Abgeordneten sich dann einem Volksmandat unterwerfen, ist meines Erachtens dahingestellt. Was macht denn die offizielle Presse? Die Leute sind doch einer unglaublichen Manipulation ausgesetzt. Ich glaube nicht, dass diese 500 Millonen Europäer alle einverstanden wären, wenn man sie ein bisschen besser informieren würde (siehe Bild-Foto!), um 10 Millonen dem völligen Elend auszusetzen, zumal in den meisten Ländern halt auch immer grössere Not herrscht.