Update: Leyens erste Krise
Das Europaparlament hat den Kommissars-Anwärter aus Ungarn zurückgewiesen. Nun tobt Viktor Orban. Auch die Linke meldet sich zu Wort – mit einer Warnung.
Dass sein früherer Justizminister Laszlo Trocsanyi vom Rechtsauscchuss zurückgewiesen wurde, sei ein “feiger Angriff aus dem Hinterhalt”, schimpft Orban.
“Sein ‘Verbrechen’ war es, dass er der Regierung geholfen hat, Ungarn vor der Migration zu schützen”, sagte der rechts-nationale Politiker. “Das werfen sie ihm jetzt vor.”
Mit der Wahrheit hat das nicht viel zu tun. Das Europaparlament wirft Trocsanyi vielmehr einen Interessenkonflikt vor, weil er noch an einer Anwaltskanzlei in Ungarn beteiligt sei.
Orban versucht nun, seinen Buddy mithilfe der kommenden Kommissionschefin von der Leyen zu retten. Die CDU-Politikerin soll den Rechtsausschuss noch einmal umstimmen.
Die Abgeordneten hätten es unterlassen, eine klare Empfehlung auszusprechen, wie dies vorgesehen sei, heißt es in Leyens Umfeld. Angeblich soll der Ausschuss am Montag nachsitzen!
Doch das will die Linke nicht mitmachen. Die Entscheidung sei “final”, warnt Manon Aubry von “La France insoumise”. Trocsanyi und die rumänische Kandidatin seien aus dem Rennen.
“This imbroglio shows once more how faulty the process is and how urgent it is to reform it and create an independent body!”
Manon Aubry
Tatsächlich ist die Rechtslage nicht klar. Die Linke fordert daher, ein unabhängiges Ethikkomitee einzusetzen. Man darf gespannt sein, was die anderen Fraktionen sagen.
Vielleicht lassen sie sich doch noch von Orban und von der Leyen “umstimmen”? Oder bleiben sie hart und wagen den Aufstand?
Peter Nemschak
30. September 2019 @ 10:43
Die strukturelle Konfliktlinie besteht zwischen dem EU-Parlament und den nationalen Parlamenten. Wollen manche nationalen Parlamente vom EU-Parlament überstimmt werden, insbesondere in Zeiten, wo das Nationale wieder in den Vordergrund tritt ?
Kleopatra
30. September 2019 @ 08:27
Die Rechtslage ist die, dass das Parlament nur das Recht hat, eine vom Rat vorgeschlagene Kommission en bloc zu bestätigen oder insgesamt abzulehnen (Art. 17 Absatz 7 Unterabsatz 3 EUV). Die Anhörungen einzelner Kandidaten sind nicht explizit vorgesehen und nicht verboten, sondern der Versuch des Parlaments, seine Macht auszudehnen. Je mehr die Kommission von den Mitgliedstaaten als eine Staatenvertretung gesehen wird, umso mehr werden sie (nachvollziehbarerweise) darauf bestehen, dass jeder Staat das letzte Wort über die Nominierung “seines” Kommissionsmitglieds hat. Und dass das so gesehen wird, sieht man schon daran, dass etwa gesagt wird, Großbritannien müsse ein Kommissionsmitglied nominieren, wenn es über den 31.Oktober hinaus in der EU bleibt.