So viel Machtkampf war nie

Die Spitzenkandidaten für die Europawahl haben einen Aufbruch in eine neue, bürgernahe und umweltfreundliche EU versprochen. Doch vier Wochen später sind sie in einer Sackgasse gelandet. Nun entbrennt ein noch nie da gewesener Machtkampf.

Dabei geht es nicht mehr nur um die „klassische“ Schlachtordnung „Europaparlament gegen Rat“ oder „Deutschland gegen Frankreich“. Der Machtkampf erreicht alle Ebenen der EU – und nimmt extreme Formen an.

Davon zeugen die kurzfristig angesetzten Konsultationen und Krisensitzungen, die noch vor dem EU-Gipfel am Donnerstag geplant sind. Es sind mehr denn je – und sie beginnen früher als gewohnt.

So wird Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron schon am Vormittag in Brüssel erwartet, wo er sich u.a. mit Ratspräsident Donald Tusk und Kanzlerin Angela Merkel unterhalten wird.

Ebenfalls am Vormittag wollen die Vorsitzenden der Fraktionen im Europaparlament einen neuen Versuch starten, sich auf eine Art Koalitionsvertrag zu einigen. Eigentlich sollte er schon am Montag stehen.

Parallel treffen sich sechs Staatschefs, die die drei Mainstream-Parteien EVP, S&D und Liberale repräsentieren. Auch sie versuchen, in letzter Minute einen Kompromiss zu finden – auf Parteiebene.

Am Nachmittag finden dann – immer noch vor dem EU-Gipfel – die traditionellen Parteien-Gipfel statt. Dort dürfte es aggressiv zugehen. Einen Vorgeschmack hat schon CDU-Chefin AKK gegeben.

Es gebe einen „systemischen Unterschied“ zwischen Deutschland und Frankreich sagte Kramp-Karrenbauer am Mittwoch bei einem Besuch in Paris.

Macron sei „kein Freund“ des Spitzenkandidaten-Prinzips, während sich die deutsche Politik dafür einsetze. Allerdings will die SPD einen anderen Spitzenkandidaten als AKK…

Eine Kampfansage kam auch aus dem Europaparlament. Die EU-Kommission sei in den letzten Jahren zu einer Erfüllungsgehilfin des Rates geworden und seine Rolle als „Motor“ verloren, heißt es dort.

Deshalb müsse das Parlament nun ein Gegengewicht bilden und selbst „Motor“ spielen. Dabei können sich die Abgeordneten bisher selbst nicht einigen – denn auch im Parlament tobt ein Machtkampf…Siehe auch „Patt im Personalpoker“ und „Weber wankt, Weidmann winkt“