Obama meint Merkel

US-Präsident Obama gibt den Europäern die Schuld an der neuen Finanzkrise. Die Eurokrise mache „der Welt Angst“ und bedrohe das Wachstum in den USA. Die Europäer hätten zu zögerlich auf die Krise reagiert, so Obama laut Zeit online. Damit kann er eigentlich nur Kanzlerin Merkel meinen – denn die steht von Anfang an auf der Bremse.

Auf den ersten Blick klingt Obamas Kritik ziemlich unverfroren. Schließlich nahm die Eurokrise ihren Anfang in der Bankenkrise, die durch den Crash der US-Bank Lehman Brothers ausgelöst wurde. Angeheizt wurde sie durch spekulative Attacken von US-Hedgefonds, verantwortlungslose Ratings durch US-Agenturen und den Rückzug amerikanischer Banken und Investoren aus dem Geschäft mit Südeuropa und Frankreich. 

Die USA als einzige Weltmacht und Immer-Noch-Hegemon in der Finanzpolitik sind also ganz wesentlich mit Schuld an der Eurokrise. Böse Zungen in Brüssel und Berlin behaupten sogar, die Amerikaner heizten die Krise bewußt an, um von den eigenen Problemen mit der Verschuldung abzulenken. Von einem „Währungskrieg“ Dollar gegen Euro ist die Rede, auch von einem Kampf Amerikas gegen den drohenden Abstieg.

Alles richtig. Richtig ist und bleibt aber auch, dass die USA Deutschland als Powerhouse in der Eurozone und Merkel als Powerfrau betrachten, die die Führung übernehmen soll und muss. Und genau da hat Merkel versagt.

Hätte sie die Schuldenkrise in Griechenland im Frühjahr 2010 gelöst, was damals durchaus möglich war, hätte sie sich nicht zur Euro- und Systemkrise ausgewachsen. Und hätte sie die Beschlüsse vom letzten Eurokrisen-Gipfel im Juli umgesetzt, statt sie auf die lange Bank zu schieben, gäbe es jetzt keine Schuldzuweisungen an ihre Adresse.

Doch Merkel scheint dies immer noch nicht zu verstehen. Statt endlich entschlossen zu handeln, laviert sie sich zu Hause in Berlin weiter durch – und gibt den Schwarzen Peter an Griechenland weiter. Wenn sie heute abend Regierungschef Papandreou im Kanzleramt empfängt, will sie ihn wieder auf „Reformen“ einschwören.

Dabei wäre es höchste Zeit, endlich die nächste Hilfs-Tranche freizugeben, wie dies vereinbart war. Wichtig wäre es auch, den Euro-Rettungsschirm mit “mehr Feuerkraft” zu versehen, wie dies US-Finanzminister Geithner vorgeschlagen hat. Konzepte “made in USA”, aber auch “made in Europe” liegen auf dem Tisch – scheitern jedoch immer wieder am Widerstand der Kanzlerin und ihrer chaotischen Koalition.

Wenn Merkel so weiter macht und die Probleme nach Kohl-Manier aussitzt, könnte sie am Ende alles verlieren: ihre eigene Mehrheit, das Vertrauen der Bürger – und die Unterstützung der USA…