„Die Lobbyisten sind immer dabei“

Wie ist die Einigung zur Agrarreform zustande gekommen? Und warum bedeutet sie einen Rückschlag für den „Green Deal“? – Ein Interview mit dem grünen Europaabgeordneten Martin Häusling.

Die Agrarminister haben sich doch noch auf eine Reform geeinigt. Die deutsche Ratspräsidentin Julia Klöckner spricht von einem Erfolg und sogar von einem „Systemwechsel“ hin zu einer klimafreundlichen Landwirtschaft. Ihre Reaktion?

Martin Häusling: Dieser Verkaufsversuch ist originell, aber inhaltlich ist es totaler Quatsch. Das alte System der Agrarsubventionen bleibt erhalten, wie es ist. Auch künftig werden 60 Prozent der Gelder nach Hektar vergeben. Damit bleiben zum Beispiel die großen Agrarunternehmen im Vorteil.

Aber nun sollen doch neue Öko-Regelungen kommen, die so genannten „Eco Schemes“?

Das ist Blabla. Diese „Eco Schemes“ sind freiwillig, und wir wissen noch gar nicht, was die Mitgliedsstaaten daraus machen werden.

Sie werden also keine Steuerungswirkung entfalten – hin zu einer ökologischen oder klimafreundlichen Landwirtschaft?

Nein. Die Ambition ist so gering, dass man sich fast schämt. Das Ganze erinnert mich an den alten Spruch „Raider heißt jetzt Twix, sonst ändert sich nix“. Dieser Etikettenschwindel hat fast schon Trump’sche Dimensionen.

Die Agrarlobby scheint damit durchaus zufrieden…

Das wundert mich nicht. Der Dachverband COPA COGECA sitzt seit 50 Jahren am Tisch der Agrarminister. Die Lobbyisten sind immer dabei, auch beim Treffen in Luxemburg konnten sie ihre Position in aller Ausführlichkeit schildern. Die kritischen Umweltverbände waren nicht einmal eingeladen!

Scheitert nun der European Green Deal? 

Der Ministerrat fällt EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen gnadenlos in den Rücken. Bei dieser „Reform“ fehlt sowohl die „Farm to Fork“- als auch die Biodiversitätsstrategie. Wenn man bedenkt, dass die Landwirtschaft etwa zu einem Viertel an den Treibhausgasen beteiligt ist, so ist der „Green Deal“ schon im Ansatz gestorben.

Weiterlesen auf taz.de. Siehe auch „Der Green Deal verblasst“