Deutsches Europa (III)
SOMMERSERIE: Seit dem Griechenland-Debakel ist das “deutsche Europa” in aller Munde. Dabei ist die deutsche Dominanz in Euroland nicht neu, wie eine vierteilige Serie mit Beiträgen aus diesem Blog zeigt.
TEIL 3, Repost vom 05.01.2015
Berlin hat nicht dementiert, die neue “Grexit”-Debatte nimmt ihren Lauf. Doch bisher schadet sie nicht etwa Griechenland, sondern vor allem dem Image Deutschlands. Hat sich “Merkiavelli” (U. Beck) verkalkuliert?
Eines seiner letzten Werke widmete der Soziologe U. Beck dem „deutschen Europa“. Deutschland sei zur alles beherrschenden Führungsmacht in der EU aufgestiegen, konstatierte er. Kanzlerin Merkel kritisierte Beck scharf für ihren Schlingerkurs in der Eurokrise.
Die neue Griechenland-Debatte zeigt, wie recht der Vordenker hatte. Wieder bestimmt die deutsche Haltung die europäische Diskussion. Wieder fällt Merkel durch ihren Schlingerkurs unangenehm auf. Ein Wort von ihr würde genügen, um das „Grexit“-Gespenst zu vertreiben.
Doch statt dessen: Schweigen im Kanzleramt. Und neue Rausschmiss-Drohungen von E. Brok, dem Merkel-Flüsterer aus dem Europaparlament. Wie schon 2010, als die Griechenland-Krise anfing, spielen Merkel und ihre CDU-Follower auch diesmal ungeniert mit dem Feuer.
In Brüssel kommt das gar nicht gut an. Ungewöhnlich offen distanzierte sich am Montag die EU-Kommission von den „Spekulationen“ aus Berlin. Ein Euro-Austritt sei in den EU-Verträgen nicht vorgesehen, stellte ein Sprecher klar. Auch Paris möchte sich an der Kampagne nicht beteiligen.
Erstaunlich ist das nicht: Schließlich kann Europa derzeit nichts weniger gebrauchen als eine neue Grexit-Debatte. Kommissionschef Juncker hat schon jetzt alle Hände voll zu tun, den Laden zusammenzuhalten und Großbritannien von einem EU-Austritt abzuhalten.
Dass Merkel in dieser Lage quer schießt, ist aus Brüsseler Sicht ein schwerer, womöglich unverzeihlicher Fehler. Juncker wollte gerade die „letzte Chance“ ergreifen und die Eurokrise ein für allemal abschließen. Jetzt funkt ihm Merkel dazwischen – schon wieder.
Ein Gutes hat die Sache aber vielleicht doch: Diesmal ist klar, wer zuerst geschossen hat. Und nun wird außerdem klar, dass das „deutsche Europa“ ein kaltes Europa der Diktate und Drohungen ist. Ulrich Beck hätte das nicht gewollt. Die Mehrheit der Europäer sicher auch nicht.
Mehr zum deutschen Europa hier.
KH
4. August 2015 @ 19:53
Lieber Steffen
In der Griechenlanddebatte wird mit soviel Pathos argumentiert daß die Tatsachen dahinter of verloren gehen.
Bei einer jetzt notwendigen Debatte um eine Reform der EU un des Eurosystems sollten wir nicht den gleichen Fehler begehen.
Kein deutsches Europa soll doch wohl heißen : keine monetaristisches Europa.
Wir sollten aber anerkennen daß die Implementierung einer Insolvenzordnung für Staaten speziell für das Euro-System unumgehbar wird. Das mag zwar sehr Fiskalpaktmäßig und nach deutscher Regelungssucht klingen, Entweder wir diskutieren da mit oder wir überlassen den Monetaristen das Feld.
Und da steht Merkiavelli ( ich glaube der Titel steht dem Wendehals nicht zu ) leider in Europa nicht alleine.
zu Johannes:
Was ist denn so schlimm wenn sich Europa seine ökonomische Stabilität ähnlich den USA oder Japan mit der Druckerpresse zurechtbiegt.
Johannes
5. August 2015 @ 18:33
Ich verliere als kleiner Bürger Geld, die Zinspolitik macht man für Süd Europa und die Reichen werden dadurch noch reicher. Das kann man eine Weile machen, aber nicht über zig Jahre hinweg, und darauf läuft es doch hinaus.
Den Vergleich mit Amerika stimmt doch nicht, wir sind nicht die USA, wird sind die EU, das ist ein riesen Unterschied. Zudem,wie geht Washington mit dem Pleitestaat Kalifornien um, die kriegen keine Rettungspakete, da müssen dann Lehrer und andere Angestellte Kürzungen hinnehmen!
Japan und seine Geldpolitik sind nicht umbedingt ein riesen Erfolg.
Von all diesen Punkten mal abgesehen, gibt ein ein riesen Argument, warum man das nicht machen darf: Die Versprechen und Gestze von CDU, SPD, Grüne, FDP.
Ich kann doch nicht aus dem Euro eine schwache Süd-Währung machen, das sind alles Sachen, die die Parteien als “Spinnereien, nationalistisches Gerede” abgetan haben. Nochmals, das ist laut der Grünen “nationalistisch”.
Ganz ehrlich, wir alle hier wollen doch nix “nationalistisches”, oder? 😉
Wenn das alles kommt, auch was Ebo hier fordert, dann ist das ein komplett anderer Euro, den man uns versprochen hat. Dann sollte man lieber den Euro spalten, damit nicht Süd und Nordeuropa WEITER aufeiander los gehen. So wie jetzt geht es nicht mehr weiter!
Johannes
4. August 2015 @ 17:47
Wie ist das denn, wenn England / GB Austritt? Ich habe Angst, dass Süd Europa zusammen mit Frankreich mächtiger wird und entgültig aus dem Euro eine schwache Währung nach IHREM Vorbild gestalten werden (es wäre das Gegenteil von dem was man uns Deutschen versprochen hat, ob das schon Betrug ist?).
Andere meinen, dass bei dem Austritt eher Deutschland an Macht dazugewinnen wird.
GS
4. August 2015 @ 19:12
Das siehst Du schon ganz recht, wir sind dann mit den großen Staatsquote-50+-Ländern alleine. Das wird ein Spaß.