Der größte Steuerskandal – Das größte Manöver
Durch ausgeklügelte Steuertricks soll der Fiskus in Deutschland und anderen EU-Ländern um bis zu 55 Milliarden Euro geprellt worden sein. Doch in Brüssel und Berlin stellt man sich taub.
Den deutschen Behörden liegen schon 418 Fälle vor, die die so genannte CumEx-Affäre betreffen. Auf Nachfrage will das Bundesfinanzministerium aber nicht sagen, welche Länder über das Schlupfloch informiert wurden – und wann.
Neben Dänemark, das nun Beschwerde in Berlin eingelegt hat. wurden auch Frankreich, Spanien, Italien und fünf weitere EU-Länder sowie die Schweiz geschädigt.
Auch die EU-Kommission zeigt bisher wenig Ehrgeiz bei der Aufklärung der „Cum-Ex-Files“. Bis zur Enthüllung durch das Recherchenetzwerk „Correctiv“ und mehrere Medien erklärte sich die EU-Behörde für nicht zuständig:
Man befasse sich nur mit Steuerbetrug, wenn es sich um grenzüberschreitende Vorfälle handelt, hieß es. Auch eine Anhörung im Europaparlament brachte wenig Fortschritt.
Der für Steuern zuständige EU-Kommissar Moscovici zeigte sich zwar empört: „Ich halte das für absolut unmoralisch und die Bürger sind solche Geschäfte zu Recht leid“, sagte er.
„Deswegen brauchen wir eine bessere EU-weite Regulierung.“ Doch konkrete Schritte kündigte Moscovici nicht an. Dies ruft nun die Europaabgeordneten auf den Plan – sie verlangen Aufklärung und politische Konsequenzen.
„CumEx ist der größte europäische Steuerskandal“, sagte der grüne Finanzexperte S. Giegold. Das müsse Konsequenzen haben: „Wir brauchen eine europäische Untersuchung des Skandals durch die Finanzaufsichtsbehörden“.
Die EU-Behörden müssten ihre Sonderkompetenzen nutzen, um die Integrität der europäischen Finanzmärkte wiederherzustellen. Auch das temporäre Verbot von Handelspraktiken dürfe kein Tabu sein.
WATCHLIST:
- Die Nato beginnt am Donnerstag ihr größtes Manöver seit Ende des Kalten Krieges. Zu der Übung „Trident Juncture“ werden rund 50 000 Soldaten aus den 29 Nato-Staaten sowie aus Finnland und Schweden erwartet. Natürlich richtet sie sich nicht gegen Russland, man reagiert nur auf die Ereignisse auf der Krim (die übrigens nie Nato-Mitglied war)…
WAS FEHLT:
- Sanktionen gegen Saudi-Arabien. Während US-Präsident Trump erste Strafmaßnahmen ankündigt, hält sich die EU weiter bedeckt. Ratspräsident Tusk warnt zwar vor „Heuchelei“, die „Schande“ über Europa bringen würde. Doch anders als im Fall Skripal unternimmt er – nichts. Wie war das noch mal mit der globalen Rolle der EU und den europäischen Werten?
Claus
25. Oktober 2018 @ 12:38
Schon interessant: Auf der einen Seite der Kleinanleger mit seiner VW-, Telekom-oder-was auch-immer-Aktie (Motto: Dividende ist der neue Zins), dem man gleich mal 25% von seinen spärlichen Erträgen wegsteuert ohne dass er sie sieht, und der nicht mal mehr seine Fahrt zur Teilnahme an der Hauptversammlung mit freien Würstchen als Werbungskosten absetzen darf, und auf der anderen Seite ein bandenmäßiges agieren von „Finanzeliten“, die sich gleich mal 55 Milliarden durch Ausnutzung von Steuerschlupflöchern einsacken.
Und was sagt die Politik? „Das ist aber nicht in Ordnung!“ Man könnte lachen wenn es nicht so traurig wäre.
Peter Nemschak
25. Oktober 2018 @ 09:51
Wenn bestehende Gesetze gebrochen wurden, gehe ich davon aus, dass die Steuerfahndung der betroffenen Staaten die Täter ermitteln wird. Wenn legale Schlupflöcher ausgenutzt wurden, müssen die zuständigen nationalen Behörden die Gesetze entsprechend ändern. Üblicherweise sind die Steuergesetze so gemacht, dass Umgehungshandlungen als nichtig gewertet werden bzw. die dahinter liegende Absicht ausschlaggebend für einen Gesetzesbruch ist (Scheingeschäfte, um Steuern zu hinterziehen). Wenn die Zuständigkeit für Steuern und deren Erhebung, soweit sie nicht von den Nationalstaaten an die EU delegiert ist, bei den nationalen Behörden liegt, müssen diese (warum ausschließlich Deutschland?) tätig werden, mangels entsprechender Kompetenzen und Ressourcen nicht die EU.