Barleys erster Faux-Pas

Sie ist die große – und vielleicht letzte – Hoffnung der SPD: Die scheidende Justizministerin Katharina Barley soll die Genossen in Brüssel wieder aufrichten. Doch noch vor der Ankunft im Europaparlament hat sich Barley ihren ersten Faux-Pas geleistet.

Ausgerechnet beim Thema Spitzenkandidaten hat sich Barley ins Fettnäpfchen gesetzt. Und das gleich doppelt. Erst erklärte sie, die liberale Dänin Margrethe Vestager könne nicht Kommissionspräsidentin werden – weil sie keine Spitzenkandidatin gewesen sei.

Dann gab sie auch noch zum Besten, man könne das Mandat des nächsten Kommissionschefs doch einfach splitten – genau so, wie dies im Europaparlament bereits üblich ist. Es seien „viele Konstellationen denkbar“, sagte die SPD-Politikerin im SWR.

Sorry, aber das ist falsch. „Die Amtszeit der Kommission beträgt fünf Jahre“, heißt es in Artikel 17 des EU-Vertrags. Sie wurde noch nie aufgesplittet – und das wäre auch keine gute Idee. Denn das hieße ja, sie zur Beute der Parteien zu machen, die sich die fünf Jahre „aufteilen“.

Im Europaparlament ist das üblich – aber auch nicht unumstritten. So hat Ex-Parlamentspräsident Martin Schulz lange gezögert, bevor er nach zweieinhalb Jahren seinen Sessel geräumt hat. Rechtlich sah er sich nicht verpflichtet, es gab nur ein Gentleman’s-Agreement.

Der Kommissionschef würde sich jedoch zum Hampelmann machen, wenn er mal von den Konservativen (in diesem Fall wohl Manfred Weber), mal von den Sozis (Frans Timmermans) gestellt würde. Es wäre eine Politisierung der Kommission auf niedrigstem – parteipolitischem – Niveau.

Dass ausgerechnet eine Justizministerin auf solche Ideen kommt, ist enttäuschend. Und dass ausgerechnet eine Frau die erste weibliche Kandidatin für die Spitze der EU-Kommission – Vestager – ausschließen will, ist unverständlich.

Sogar die Grünen gestehen Vestager neuerdings den Titel „Spitzenkandidat“ zu. Doch für die Nominierung spielt der ohnehin keine Rolle. Es sind nämlich die Staats- und Regierungschefs, die den Nachfolger von Jean-Claude Juncker benennen.

Und im EU-Vertrag, auf den sich die Chefs berufen, kommt das Wort „Spitzenkandidat“ an keiner Stelle vor…