Abwarten, aussitzen, bremsen

Deutschland blockiert schon wieder ein Projekt zur Euro-Rettung. Diesmal geht um die geplante Bankenunion. Die EU-Kommission will die dafür nötige zentrale Aufsicht über rund 6000 Banken in der EU bereits 2013 einführen, doch Bundesfinanzminister Schäuble steht auf der Bremse. „Es wird nicht möglich sein“, sagte Schäuble nach einem Treffen der EU-Finanzminister in Nikosia. Zu viele Fragen seien offen.

Der Marsch in die Bankenunion war beim EU-Gipfel im Juni beschlossen worden – mit Zustimmung von Kanzlerin Merkel. Damit soll der Teufelskreis zwischen privater und öffentlicher Verschuldung durchbrochen werden. Bisher mussten Staaten wie Spanien ihre Banken aus Steuergeldern retten, was sie dann selbst in Probleme stürzte. 

Dies soll die Bankenunion künftig verhindern – durch eine bessere Aufsicht, aber auch durch eine direkte Stützung maroder Gedlinstitute durch den Euro-Rettungsfonds ESM. Die Aufsicht soll nach den Plänen der EU-Kommission bei der Europäischen Zentralbank liegen. Später könnte eine gemeinsame Einlagensicherung hinzukommen.

Mit Rücksicht auf Berlin hat Binnenmarktkommissar Barnier bereits auf die Einlagensicherung verzichtet. Die Bundesregierung sträubt sich gegen alles, was nach gemeinsamer Haftung für ausländische „Pleite-Banken“ aussieht. Barnier hoffte, so wenigstens die deutsche Zustimmung zur zentralen Aufsicht zu sichern.

Doch Schäuble schaltet auf stur. Schon vor vierzehn Tagen – Barnier hatte seine Pläne nicht einmal vorgelegt – äußerte er Zweifel am Zeitplan des Franzosen. Beim Treffen in Nikosia legte er noch einen drauf und meldete Bedenken gegen die Rolle der EZB an. Dabei machte er ausgerechnet mit den Euro-Skeptikern bzw. Verweigerern aus Schweden und UK gemeinsame Sache.

Er habe „erhebliche Zweifel“, ob die EZB die Banken überwachen könne, so Schäuble. Denn die Aufgabe der EZB ist die Geldpolitik. Wenn sie zugleich Banken abwickeln oder retten soll, sei ein Interessenkonflikt programmiert. Er selbst sei sich noch nicht klar, wie die Struktur letztlich aussehen solle, sagte der Minister. Einen Gegenvorschlag legte er auch nicht vor – die Bankenunion ist damit auf unbestimmte Zeit vertagt.

Abwarten, aussitzen, bremsen. Dies scheint immer noch das Motto der Bundesregierung in der Eurokrise zu sein. Schon als die Krise vor drei Jahren in Griechenland anfing, stand Berlin auf der Bremse. Auch beim Euro-Rettungsschirm ESM ließ man die anderen Euroländer zappeln. Kaum ist der ESM durch, geht das Spiel wieder von vorne los… 

Doch Schäubles Aufgabe ist es nicht, Fragen zu stellen, sondern Antworten zu geben. Wenn er die Bankenunion nicht in die Hände der EZB legen will, muss er sagen, wer es sonst machen soll. Andernfalls setzt er sich dem Verdacht aus, dass ihm die ganze Richtung nicht passt. Oder dass er einfach auf Zeit spielt (zu Beginn der Krise wollte man die Landtagswahl in NRW abwarten, diesmal naht die Bundestagswahl)….

Doch Abwarten hilft nicht, wie die letzten Jahre gezeigt haben. Es macht die Krise nur noch schlimmer – und noch teurer, auch für Deutschland. 

Siehe zu diesem Thema auch „Abwarten, aussitzen, bremsen (II)“

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