Jamaika düpiert Macron – aber gaaanz höflich
WATCHLIST EUROPA 27.10.2017 – Nach den Sondierungen der “Jamaika”-Truppe zur EU-Politik richtet sich der Blick nun nach Paris. Wie wird Staatschef Macron auf die Signale aus Berlin reagieren?
Mit Rücksicht auf Macron hatten die Jamaikaner nämlich darauf verzichtet, sich zu ihren eigenen Überzeugungen zu bekennen. So wurde das “Nein” zu einem eigenen Euro-Budget diplomatisch verklausuliert.
Und das “Ja” zum Fiskalpakt, den Macrons Vorgänger Hollande noch abschaffen wollte, wurde als Bekenntnis zu Stabilität getarnt. Dabei soll Merkels Sparbremse nun sogar in EU-Recht überführt werden.
Von Macrons Vorstellungen zur Euro-Reform findet sich hingegen fast nichts im “Jamaika”-Papier. Dabei hatte er seine Rede in der Sorbonne extra so gelegt, dass sie in die Koalitionsgesprächen einfließen können.
Doch wenn nicht alles täuscht, sind nicht einmal die Grünen auf die Impulse aus Paris eingegangen. Vom Ende der Austerität und einer Demokratisierung der Eurozone hört man in Berlin gar nicht mehr…
Siehe auch “Jamaika streitet über EUropa”
WAS FEHLT: EU-Kommissionspräsident Juncker und der französische Staatschef Macron besuchen den Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guyana. Sie wollen damit “die Bedeutung eines unabhängigen europäischen Zugangs zum Weltraum unterstreichen”.
Zudem gehe es um die strategischen Interessen der EU-Industriepolitik, so die EU-Kommission. Dass die Lage in der Region angespannt ist, dürfte dabei weitgehend untergehen…
P.S. In der kommenden Woche erscheint keine WATCHLIST – in Belgien sind Herbstferien!
Peter Nemschak
27. Oktober 2017 @ 14:59
@ebo Alte Schulden werden derzeit ohnehin günstig refinanziert. Das braucht man den Finanzabteilungen der Staaten nicht nahelegen, weil sie es ohnedies tun. Für gemeinsame Projekte der Mitgliedsländer, gerade im alternativen Energiebereich wäre tatsächlich derzeit eine günstige Gelegenheit. Hier würden sich Eurobonds mit gemeinschaftlicher Haftung anbieten. Die Kommission wäre in der Pflicht dieses zu betreiben.
hintermbusch
27. Oktober 2017 @ 08:23
Es wird auf eine Auflösung des Euro hinauslaufen, in der einen oder anderen Form. Das ist die einzige Möglichkeit, wie die Länder leben und sich gegenseitig respektieren können.
Beispiel:
Erst wenn Deutschland seinen tief verwurzelten Hang zur Austerität (andere nennen das „Sado-Monetarismus“) wieder selbst ausbadet, in Form von Arbeitslosigkeit, wird es in Deutschland wieder eine Linke geben, die diesen Namen verdient und Mehrheiten organisiert, um das auf ein erträgliches Maß zu begrenzen.
Nur weil andere Nationen die soziale Last der Austerität tragen, kann sich die deutsche Linke den Übermut leisten, sich um Arbeitnehmer und Arbeitslose einen Scheiß zu kümmern und stattdessen Massenimmigration zu bejubeln, die objektiv zu unerträglicher Kriminalität auf den Straßen und zahllosen anderen Problemen führt.
Wenn der Euro geht und die Arbeitslosigkeit schlagartig nach Deutschland zurückkommt, wird damit ebenfalls über Nacht Schluss sein. Dann hat das Land nämlich wieder echte ökonomische Probleme statt Luxusprobleme und Blütenträume.
Wir sind als deutsche Öffentlichkeit geistig und psychosozial schlicht nicht in der Lage, etwas anderes als unseren Nationalstaat zu managen. Dass wir selbst das oft mehr schlecht als recht konnten, ist kein gutes Argument, um derselben Öffentlichkeit die Verantwortung für Europa aufzuladen. Dieser Verantwortung können wir nämlich grundsätzlich nicht gerecht werden.
Peter Nemschak
27. Oktober 2017 @ 08:08
Angesichts der Konjunkturentwicklung in den Mitgliedsländern ist von Austerität – eine fixe Idee von Gruppen, die sich einen warmen Geldregen vom Staat erwarten – nichts zu merken. Wie immer die Jamaikaverhandlungen ausgehen, es scheint bis auf weiteres das intergouvernmentale Prinzip das supranationale in den Hintergrund zu drängen. Die Bereitschaft nationale Souveränität abzugeben, ist derzeit nicht vorhanden. Woher sollte auch die Motivation dazu kommen? Werden die europäischen Bürger darüber unglücklich sein?
ebo
27. Oktober 2017 @ 08:16
Sie hätten mal die TV-Debatte bei M. Illner sehen sollen. Selbst die Möchtegern-Koalitionäre in Deutschland wissen nicht, wie sie ihre Projekte finanzieren sollen – die Schuldenbremse sei dank! Und die soll jetzt- via Fiskalpakt – in allen EU-Ländern gelten!
Peter Nemschak
27. Oktober 2017 @ 11:12
Budgetrestriktionen zwingen dazu, das vielleicht Wünschenswerte mit dem realistischerweise Machbaren in Einklang zu bringen. Das gilt für Staaten wie für Private, nur dass Private schneller als Staaten an die Finanzierbarkeitsgrenze stoßen.
ebo
27. Oktober 2017 @ 12:20
Die Budgetrestriktionen sind eine Folge falscher Budgetpolitik. Angesichts der Nullzinsen wäre es jetzt angebracht, neue Schulden “für lau” aufzunehmen, um damit Zukunfts-Investitionen zu tätigen und alte, “teure” Schulden abzulösen.