Zwischen Kommerz und Moral, Hoffnung um Belarus – und Fake News als Verbrechen

Die Watchlist EUropa vom 18. November 2021 –

Kurz nach der Klimakonferenz COP26 treibt die EU ihren „Green Deal“ voran. Die EU-Kommission legte ein Gesetz gegen die Entwaldung etwa in Südamerika vor, mit dem sie europäische Unternehmen in die Pflicht nehmen und globale Lieferketten neu ordnen will.

Es geht um beliebte Produkte wie Kaffee, Fleisch und Soja, für die immer mehr Wälder gerodet werden – derzeit vor allem in Brasilien. An ihrem umstrittenen Freihandelsdeal mit den Mercosur-Staaten – das wichtigste Land ist Brasilien – hält die EU-Behörde aber weiter fest.

„Mit unserer Entwaldungsverordnung kommen wir den Forderungen der Bürgerinnen und Bürger nach, den europäischen Beitrag zur Entwaldung zu minimieren und nachhaltigen Verbrauch zu fördern“, sagte der für den Klimaschutz zuständige EU-Kommissar Frans Timmermans.

Timmermans Vorschlag soll dafür sorgen, dass die auf dem EU-Markt gekauften, genutzten und konsumierten Produkte nicht länger zur weltweiten Entwaldung beitragen. Die Verbraucher könnten künftig also mit gutem Gewissen einkaufen – auch wenn der Handel ausgeweitet wird.

Vorerst keine Sanktionen

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Um den Spagat zwischen Moral und Kommerz zu schaffen, will die EU-Kommission die Anbauländer in Risikogruppen einteilen. Je nach Risiko müssten die am Handel mit den fraglichen Produkten beteiligten Firmen mehr oder weniger umfassende Sorgfaltspflichten erfüllen.

Die Unternehmen sollen unter anderem prüfen, ob für die Erzeugung ihrer Produkte die Wälder gerodet oder geschä-digt werden. Dabei sollen sie auf Satellitenbilder zurückgreifen. Bei negativen Auswirkungen sollen die Firmen geeignete Gegenmaßnahmen ergreifen.

Wer sich nicht an die neuen Regeln hält, muß mit Sanktionen rechnen. Details zu möglichen Strafen wollte Timmermans jedoch noch nicht nennen. Es gehe zunächst einmal darum, die Sorgfaltspflicht der Unternehmen zu stärken, sagte der Sozialdemokrat aus den Niederlanden.

Es geht aber auch darum, den Mercosur-Deal zu retten. So gesehen, ist der Waldschutz ein Alibi. Die Last trägt die Wirtschaft, nicht die Politik…

Mehr zum Klimaschutz und “Fit for 55” hier

Die Watchlist

Kommt es zu direkten Verhandlungen zwischen Belarus und der EU? Diese Frage stellt sich nach einem zweiten Telefonat zwischen Kanzlerin Merkel und Machthaber Lukaschenko. Die staatliche belarussische Nachrichtenagentur Belta berichtete, Merkel und Lukaschenko seien sich einig gewesen, “dass das gesamte Problem auf die Ebene der Beziehungen Belarus-EU gehoben werden sollte”. Beide Seiten wollen demnach “unverzüglich Verhandlungen aufnehmen”. Meiner Meinung nach gibt es dazu keine Alternative, Merkels Vorstoß macht Hoffnung…

Was fehlt

Die Kriminalisierung von “Fake News”. Wer Falschmeldungen verbreitet, soll nach einem neuen Gesetz in Griechenland wie ein Verbrecher bestraft werden und bis zu fünf Jahre im Knast landen. Betroffen sind Meldungen “capable of causing concern or fear to the public or undermining public confidence in the national economy, the country’s defense capacity or public health.” Die NGO “Human Right Watch” warnt, dies könne die Pressefreiheit gefährden. Dabei macht die EU doch auch Jagd auf Fake News und Desinformation… Mehr dazu hier