Zweite Welle? Die EU ist nicht vorbereitet
Die Zahl der Coronafälle steigt weiter an, nun auch in Deutschland. Doch die EU ist nicht vorbereitet. Brüssel schafft es nicht einmal, Reisewarnungen und Hygieneregeln zu koordinieren – dabei hatte Kommissionschefin von der Leyen viel versprochen.
Europa droht eine neue Coronakrise. Nach Spanien und Frankreich verzeichnet nun auch Deutschland einen massiven Anstieg der Neuinfektionen. Innerhalb eines Tages meldeten die Gesundheitsämter am Donnerstag 1707 neue Ansteckungen, den höchsten Wert seit Ende April. Auch in anderen EU-Ländern gehen die Zahlen steil nach oben.
In Berlin und Brüssel schrillen nun die Alarmglocken, dabei hat es an Warnungen nicht gefehlt. Schon am 10. August hat die europäische Präventionsbehörde ECDC vor einer zweiten Welle gewarnt und entschiedenes Gegensteuern gefordert.
Die Gefahr einer „Eskalation“ sei „sehr hoch“, wenn keine geeigneten Maßnahmen eingeleitet würden, so die EU-Experten.
Doch von einer entschlossenen und koordinierten Reaktion kann keine Rede sein. Jedes EU-Land macht, was es will. Auch Deutschland kümmert sich nicht um Abstimmung. Obwohl Berlin seit dem 1. Juli den EU-Vorsitz innehat, wurden Reisewarnungen im nationalen Alleingang erlassen.
Zuletzt traf es Spanien und Kroatien; das Auswärtige Amt rät von Urlaubsreisen in diese Länder ab.
Dabei gehören Reisewarnungen nicht zum Arsenal der Waffen, die die EU-Experten empfehlen. Viel wichtiger seien Coronatests und die Nachverfolgung von Kontakten, heißt es bei der ECDC.
Doch es sind nur Empfehlungen, keine verbindlichen Regeln. Die EU ist machtlos – wieder einmal.
Die Gesundheitspolitik sei eine nationale Kompetenz, über Reisewarnungen werde in den Hauptstädten entschieden, erklärt die EU-Kommission. Man sei zwar in ständigem Kontakt, könne aber nicht eingreifen.
Kommissionspräsidentin von der Leyen hatte etwas anderes versprochen. Bereits im Mai stimmte sie die Bürger auf die Urlaubssaison ein. Eine eigens aufgesetzte Website „Reopen EU“ suggerierte eine schrittweise Öffnung der Grenzen und die Rücknahme der Beschränkungen.
“Die Kommission hat nichts gemacht”
Doch davon ist nicht viel übrig. „Die Kommission hat es nicht geschafft, einheitliche Kriterien zu entwickeln“, kritisiert der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber. „Sie hat sich sehr weit rausgehängt und nichts gemacht.“
Im Herbst könnte es deshalb sogar wieder zu Grenzschließungen kommen, fürchtet die grüne Europaabgeordnete Anna Cavazzini. „Könnten wir diese ganzen Einzelaktionen bitte europäisch koordinieren?“, fragt sie. Von der Antwort hängt viel ab – auch für Deutschland.
Siehe auch “Der Wahnsinn mit den Reisewarnungen” und “Corona-Alarm in Belgien – EU ignoriert zweite Welle”
Holly01
23. August 2020 @ 07:39
Wenn man die sagen umwobenen 50 pro 100.000 zu Grunde legt und die (ach so katastrophalen) USA heranzieht kommt man auf 320 Mio Einwohner, also 3200 x 50 = 160.000 Infizierte pro Tag über 7 Tage gleitend.
Bei knapp 70.000 ist man aber in den Medien komplett ausgerastet.
Ja ich weiß. Verteilung und Infektionsdruck kann man nicht mit 50 pro 100.000 darstellen.
Aber dann sollte man auch den bescheuerten Wert nicht wie den heiligen Gral vor sich her tragen.
Der Infektionsdruck, also wie schnell das Virus unter vorgegeben Bedingungen über springt ist auch so eine schwer nachvollziehbare Größe.
Die wäre wirklich wichtig.
Aber da kümmert sich öffentlich niemand drum.
Statt dessen ist in Schweden jetzt ein Skandal zu Gange, wo es darum geht, das man die Schulden offen gelassen hat DAMIT der Infektionsdruck steigt.
Da wurden mails aus dem Beginn der Krise Zwangs veröffentlicht.
Alles hoch politisch und wenig wissenschaftlich.
Da ist dann auch die Frage: Wissenschaft?
Ist das echt alles?
In den Gesundheitsbehörden schätzt man munter vor sich hin?
Todesursachen sind eher Annahmen?
Das Bundesgesundheitsministerium sitzt laut extra 3 auf 3,9 Milliarden Masken und die Bahn führt ein Bußgeld von 150€ ein statt Masken gratis zu verteilen?
Ich sehe da sehr viel Klärungsbedarf. Wo bleibt eigentlich das ganze Geld?
WAS ist denn bitte schön am Gesundheitswesen so teuer? Also außer die Dividenden der privatisierten Bereiche?
vlg
ebo
23. August 2020 @ 11:03
Der “bescheuerte Wert” kommt aus Deutschland.
Holly01
22. August 2020 @ 20:59
Mal abgesehen davon, dass ich selbst Corona (für mich) nicht als Jux abtun möchte und die Maßnahmen durchaus für sinnvoll halte (also Mund-Nasen-Schutz für Erwachsene und Abstand halten).
Die Übersterblichkeit ist kein Maß für Covid-19.
Da ist die Medizin genau wie die Politik abgetaucht und verschweigt, wie viele Opfer die unterlassene Tätigkeit der Krankenhäuser und Ärzte gefordert hat.
Wenn man Prävention abstellt und Ops nur noch bei Lebensgefahr zulässt, dann hat das (auch) Folgen.
Dazu kommen die Fälle von massiven Depressionen, von denen man aber nur bei Leuten ließt, die beruflich mit Alten, Kranken und sonst eingeschränkten arbeiten.
Auch da wird sauber abgetaucht.
Also Übersterblichkeit ist kein Maß.
Das RKI ist auch eine der schlechtesten Quellen, was Informationen aufarbeiten und Statistiken angeht.
Das bestimmt dann aber einen großen Teil der diffusen Diskussion.
Da fragt man sich schon manch mal was die beruflich da machen …
vlg
European
22. August 2020 @ 15:56
Da fragt man sich doch, wo Frau Doktor gerade unterwegs ist?
Ich bin mir schon darüber im Klaren, dass Gesundheitsvorsorge Aufgabe der Länder ist. Jedoch war von Anfang an klar, dass es weitere Wellen geben würde, bis sich denn ein Impfstoff finden würde. Heißt also, dass man durchaus koordinierende Maßnahmen hätte treffen können, z.B. auch in dem Sinne, dass man sich dann gemeinsam um neue Epizentren kümmert, anstatt die Schranken wieder herunterzulassen.
Die gründen doch auch sonst für alles mögliche Arbeitskreise.
@Peter Nemschak
So reden nur Leute, die nicht betroffen sind. Solange die Prozentsätze immer nur die anderen betreffen, lässt sich gut schwadronieren.
Simulacron
21. August 2020 @ 18:40
Die Zahlen Infizierter und Todesfälle (an/mit Corona) gemessen an der Landesbevölkerung vom 19.08.2020. In allen Ländern haben mehr als 99,9% der Menschen überlebt! Was für eine Pandemie!
Land Gesamtbevölkerung Infizierte In % Tote In %
USA 328Mio 5,5Mio 1,17% 171.000 0,05%
Brasilien 212Mio 3,4Mio 1,6% 109.000 0,051%
Indien 1,38Milliarden 3,8Mio 0,275% 52.000 0,0078%
Russland 147Mio 950.000 0,65% 16.000 0,01%
Spanien 47Mio 360.000 0,77% 29.000 0.062%
Iran 82Mio 350.000 0.43% 20.000 0,024%
England 67Mio 330.000 0,5% 42.000 0,063%
Italien 60Mio 260.000 0,43% 36.000 0,06%
Belgien 11,5Mio 79.000 0,69% 10.000 0,087%
Niederlande 18Mio 65.000 0,36% 6.200 0.034%
Australien 26Mio 24.000 0,09% 500 0,002%
Deutschland 83Mio 230.000 0,28% 9.500 0,01%
Schweden 10,3Mio 86.000 0,83% 5.800 0,056%
China 1,4Milliarden 90.000 0,0064% 4.700 0,00034%
Welt 7,5Milliarden 22Mio 0,29% 775.000 0.01%
Zweite Welle? Wo war denn die erste? Wenn man die Kamera permanent auf eine Gewitterwolke richtet, leugnet man irgendwann einen blauen Himmel. Setzen wir die Zahlen doch mal in Relation zur Bevölkerung und schon wird der blaue Himmel sichtbar.
ebo
21. August 2020 @ 18:50
Diese Zahlen vermitteln einen falschen Eindruck. Natürlich sollte man COVID-19 nicht überbewerten. Aber in vielen Ländern gibt es eine erhebliche “Übersterblichkeit”, also deutlich mehr Tote als in normalen Jahren. ZUdem hat die Pandemie das Potential, das Gesundheitssystem zu überlasten, wie wir u.a. in Norditalien, Ostfrankreich, Paris und sogar in New York gesehen haben. Eine wichtige Kennziffer ist daher die Belegung der Krankenhäuser. Leider konzentriert man sich auf die Infizierten – und folgt dabei auch noch dem ziemlich willkürlichen Grenzwert von 50 pro 100.000, der in Detuschland festgelegt wurde…
Peter Nemschak
21. August 2020 @ 21:40
Wegen der relativ wenigen Toten ist die Welt nicht aus den Fugen geraten, vielmehr wegen der (irrationalen) Angst in Zukunft unter ihnen sich wiederzufinden.. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit an Corona zu erkranken und daran zu sterben, wenn man Social Distancing und Hygienevorschriften beachtet ? Man muss jene schützen, die das aus verschiedenen Gründen nicht können. Der Rest ist in Eigenverantwortung, nicht leicht in einer infantilen Gesellschaft.
Van der haegen Tony
21. August 2020 @ 09:25
Sie scheinen nicht zu wissen, dass die Kommission keine Befugnisse hat auf diesem Gebiet, oder Sie tun als ob.
ebo
21. August 2020 @ 09:37
Sie wiederholen sich. Die Kommission hat keine direkte Zuständigkeit in der Gesundheitspolitik, sehr wohl aber bei der Freizügigkeit. Sie hat zudem versprochen, sich für eine reibungslose Urlaubsssaison einzusetzen. Dem müssen nun Taten folgen, wie es die zitierten Europaabgeordneten fordern.
Peter Nemschak
21. August 2020 @ 12:20
Corona und reibungslos sind ein Widerspruch. Die Situation ist in den Ländern sehr unterschiedlich. Die EU ist kein Tourismusmanager, verantwortlich für das Wohl der Gäste. Die Leute können nicht erwarten, dass ihnen einen Gesundheitsteppich zum Wohlfühlen ausgerollt wird. Mindestmaßnahmen sind erforderlich zum Schutz besonders gefährdeter Personengruppen, die sich selbst nicht helfen können. Für den Rest gilt primär Eigenverantwortung, unterstützt durch staatliche Maßnahmen, wo Social Distancing nicht möglich ist. Es ist Ausnahmezustand. Seien wir froh, dass es keinen Krieg gibt. Dann würde der Ausnahmezustand anders als jetzt aussehen. Wir leben in einer wehleidigen Gesellschaft.