Zum Ende der Merkel-Ära: Germany first

Nach den USA hat sich auch Großbritannien für eine (noch) größere Rolle Deutschlands in EUropa und der Welt ausgesprochen. London und Washington würdigen damit die Arbeit von Kanzlerin Merkel – und wollen sich Einfluß für die Nach-Merkel-Ära sichern.

Großbritannien hat Deutschland Hilfe beim Werben um einen dauerhaften Sitz im UN-Sicherheitsrat versprochen. “Wir unterstützen einen neuen ständigen Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen für die Bundesrepublik Deutschland, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der Außenminister Dominic Raab und Heiko Maas.

London und Berlin erklärten zudem, in der Sicherheitspolitik enger zusammenarbeiten zu wollen. Dazu soll jedes Jahr ein “Strategischer Dialog” stattfinden – auch, um das neue Verhältnis nach dem Brexit zu stärken. Maas hatte noch während der Brexit-Verhandlungen im Alleingang eine Annäherung zu London versucht.

Die Partnerschafts-Erklärung kommt kurz vor einer Abschieds-Reise von Kanzlerin Merkel nach London. Merkel wird Königin Elizabeth II. und Premier Johnson sehen. Das Treffen mit Johnson soll auf dem Landsitz Chequers nordwestlich von London stattfinden, was als besondere Ehre gilt.

Merkel hat stets eine enge Beziehung zu UK gepflegt. Bis zum Brexit war der damalige britische Premier Cameron ihr engster Partner in der EU. Frankreich wurde übergangen, gemeinsam haben Merkel und Cameron das EU-Budget gekürzt. Offenbar ist London für all das heute noch dankbar.

Auch die USA halten die deutsche Fahne hoch. “Wir haben keinen besseren Freund als Deutschland”, sagte Außenminister Antony Blinken bei seiner Berlin-Reise letzte Woche. Blinken bedankte sich bei Merkel für ihre “bemerkenswerte Führung”. Sie galt in der Trump-Ära als “leader of the free world”.

Das ist zwar völlig überzogen, wie Wolfgang Münchau zu Recht feststellt. Klar ist jedoch, dass Merkel sich zur Chefin im “deutschen Europa” aufgeschwungen hat, auch wenn ihr Stern in letzter Zeit deutlich sinkt. Wer Deutschland auf seine Seite zieht, kann auch die EU mitziehen.

Genau das vermute ich hinter den Lobgesängen aus London und Washington. Briten und Amerikaner wollen sich Einfluß auf die Nach-Merkel-Ära sichern. Mit den deutschen Kanzlerkandidaten ist das eine leichte Übung: Alle drei stehen fest an der Seite der Amerikaner und der Briten.

Die Grüne Annalena Baerbock vielleicht sogar noch ein bißchen mehr als Merkel

Siehe auch “Baerbock redet wie eine Amerikanerin über EUropa”