Zittern ohne Ende
Deutschland hat die Krise abgewendet, nun zittern die Märkte um Italien: So kommentiert “Reuters” das Ergebnis der SPD-Abstimmung über die (ziemlich kleine) GroKo in Deutschland. Sind Wahlen wirklich so schlimm?
Kaum dass die Genossen in Berlin das “Go” für Kanzlerin Merkel IV. gegeben hatten, richtete sich der Blick sofort auf die Wahl in Rom. Denn dort, so die Experten, droht die nächste Krise.
“Deutschland sucht sich noch, Großbritannien verlässt die EU – das Letzte, was wir in dieser Lage gebrauchen können, ist Chaos in Italien”, kommentierte “Le Monde” die europäische Lage.
Stimmt schon, eine Krise im drittgrößten EU-Land käme jetzt ziemlich ungelegen. Doch gleichzeitig verrät dieser Kommentar, wie so viele andere, eine eigenartige Sicht auf die Welt.
Wahlen werden offenbar nicht mehr als Hochamt der Demokratie und privilegierter Moment des Souveräns, sondern nur noch als Zitter-Wahlen und Krisen-Beschleuniger wahrgenommen.
Ob die Briten beim Brexit 2016, die Niederländer und Franzosen bei ihren Wahlen 2017, oder nun SPD und Italien: jede Abstimmung scheint in der Lage zu sein, das System zu erschüttern.
Doch das ist das für ein System, das kein “Nein” oder keine kritische Distanz mehr vertragen kann? Was ist das für eine EU, die jede Abstimmung als Zitter-Wahl betrachtet?
Zählt nur noch die “marktkonforme” Demokratie, muss “Pulse of Europe” jetzt bei jeder Abstimmung eine Mahnwache organisieren? Dann wäre es wahrlich schlimm um diese Union bestellt…
asisi1
6. März 2018 @ 22:00
warum oder wiso soll irgend jemand zittern??
es ist doch jedem, der ein bißchen denken kann, klar, dass Deutschland alle schulden zahlen muss!
Claus
5. März 2018 @ 14:49
Nun kommt mit der Abwahl der vierundsechzigsten Nachkriegsregierung Italiens die fünfundsechzigste. Die kürzeste mit dem Christdemokraten Amintore Fanfani dauerte 23 Tage, auch das hat niemand so richtig aufgeregt, denn dafür regierte er insgesamt sechs Mal. Früher konnte man dies alles als Teil der beneidenswerten italienischen Lebensfreude sehen, und wirtschaftliche Defizite ließen sich mit fröhlicher Abwertung der Lira begegnen. Seit 2001 geht das nicht mehr. Denn der Euro würgt Italien und trägt zu gesellschaftlichen Verwerfungen bei, die in Wahlen zum Ausdruck kommen. Und neben den Brüsseler Krisenwächtern sitzt auch Herr Draghi in der Klemme: Hebt die FED die Zinsen an, müsste er nachziehen, und die Finanzen Italiens hätte dann die nächste (wirkliche!) Krise.
Winston
5. März 2018 @ 08:41
Da dürfte ein kühles lüftchen aus Italien Richtung Brüssel wehen, sollte die mitterechtskoalition an di Macht kommen.
Halte ein Italexit nicht mehr für ausgeschlossen, allerdings nicht kurzfristig, wird imho ein schleichender Prozess.
Pro EU/Euro Parteien wurden alle weggefegt.
Die 5 Sterne sind eine Umbekannte, vorallem di Führung, die Basis ist klar euroskeptisch. Die Führung wird sich nicht gegen die Basis stellen.
Peter Nemschak
4. März 2018 @ 21:25
Bei Italien weiß man nicht einmal, warum man zittern soll: damit sich etwas ändert oder damit alles in gewohnter italienischer Konfusion beim Alten bleibt.