Zinswende zur Unzeit

Die Euro-Krise ist noch längst nicht zu Ende, doch in der Europäischen Zentralbank EZB nimmt wieder die Angst vor steigenden Preisen Überhand. Angesichts einer Inflationsrate von zuletzt 2,4 Prozent sei große Wachsamkeit geboten, sagte EZB-Chef Trichet. Schon im April sei die Zinswende – sprich: eine Erhöhung des Leitzinses – denkbar. Die europäische Wirtschaftspolitik steht damit vor einem Dilemma, denn höhere Zinsen würden das dringend benötigte Wachstum in den Krisenländern endgültig abwürgen und den Schuldendienst weiter verteuern.

 

Die letzte Zinserhöhung kam ausgerechnet 2008, also mitten in der Finanzkrise. Auch jetzt scheint die EZB wieder entschlossen, ihre Politik zur Unzeit zu ändern. Schließlich ist die Preissteigerung ja nicht auf steigende Löhne in Europa, sondern auf explodierende Rohstoff- und Nahrungsmittelpreise zurückzuführen. Laut FAO sind die Lebensmittel derzeit weltweit so teuer wie nie zuvor. Demgegenüber liegt die Kerninflation bei einem Prozent – genau wie in den USA, worauf auch Krisenökonom Nouriel Roubini hinweist.

 

Außerdem haben viele Euroländer wie Griechenland, Irland und Portugal mit der Rezession zu kämpfen, die durch die von EU und IWF verordneten Sparprogramme noch verschärft wird. Ein höhere Leitzins könnte also die Krise an der Peripherie verschärfen, ohne den moderat wachsenden Kernländern des Euro wirklich zu helfen.