Zeiten(w)ende in der EU, Ukraine in Bedrängnis – und neue Sanktionen
Die Watchlist EUropa vom 22. Februar 2025 – heute mit der Wochenchronik.
Letzte Woche, bei der Münchener (Un-)Sicherheits-Konferenz, war es noch ungläubiges Staunen. Nun macht sich Panik breit. “Europas schlimmster Alptraum” sei wahr geworden, titelt der “Economist”. US-Präsident Trump habe die die Ukraine “verraten”, behauptet der “Spiegel” – und stellt die bange Frage: “Erst Selenskyj, bald wir?”
Was ist passiert? Trump hat einen Friedens-Deal mit Kremlchef Putin angekündigt – ohne die EU und hinter dem Rücken der Ukraine. Sein Vize JD Vance hat Europa an Prinzipien der liberalen Demokratie erinnert – und die Einschränkung der Meinungsfreiheit in Deutschland und der EU kritisiert. Das löste hektische Krisensitzungen aus.
Sie fanden aber nicht – wie sonst üblich – in Brüssel statt, sondern in Paris. Denn die offizielle EU-Führung hat versagt. Sie hat die transatlantische Krise nicht kommen sehen und ringt um Worte. Deshalb hat Frankreichs Staatschef Macron das Kommando übernommen und hat zwei Minigipfel abgehalten – allerdings ohne greifbares Ergebnis.
Es fühlt sich wie das Ende an
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Nun steckt die EU in der wohl tiefsten Krise seit der Gründung. Sie ist völlig lost, denn sie hat blind auf die Zusammenarbeit mit den USA und die sicherheitspolitischen Garantien der US-geführten Nato vertraut. Dies ist nicht nur eine Zeitenwende – aus Sicht der Transatlantiker fühlt es sich wie das Ende an. Manch einer sieht die USA unter Trump schon als Feind!
Allerdings gibt es in EUropa nicht nur Transatlantiker. Macron ist keiner, er will nach Washington reisen und versuchen, Trump ins Gewissen zu reden. “Sie können nicht schwach mit Putin sein – wie wollen Sie sonst glaubwürdig gegenüber China auftreten”, will er ihm sagen. Daheim in Paris redet er vom 3. Weltkrieg und von massiver Aufrüstung.
Darauf setzt auch die EU-Spitze. Schon am Montag will sie ein Milliardenprogramm verkünden, das vor allem der Ukraine helfen soll. Insgeheim hegen die EU-Politiker aber wohl die Hoffnung, dass es auch Trump beeindrucken möge. Von der Leyen und ihre Kommission beschwören sogar immer noch die transatlantische Zusammenarbeit!
All das zeigt, wie widersprüchlich die EU agiert – und wie ratlos ihre “Leader” sind. Die offizielle Führung in Brüssel hat bereits weitgehend abgedankt, nun richten sich die letzten Hoffnungen auf die Bundestagswahl und den wahrscheinlichen Sieger Merz. Doch der ist ein alter Transatlantiker – wie soll so einer die neue Lage begreifen?
Siehe auch Asyl, Aufrüstung, Trump: Merz und seine “hidden Agenda” für EUropa
P. S. Es ist auch nicht so, dass alle Transatlantiker den Glauben an die USA und Trump verloren haben. So schreibt Polens Präsident Duda, die Ukraine solle Trump vertrauen und tun, was er sagt…
Was war noch?
- Ukraine in Bedrängnis. Trumps neue Ukraine-Politik bringt das Land in existentielle Bedrängnis. Und das nicht nur, weil er Kiew eine (Mit-)Schuld am Krieg mit Russland zuweist und Präsident Selenskyj als “Diktator” verächtlich macht. Auch wirtschaftlich und militärisch sieht es finster aus. Trump will einen Großteil der ukrainischen Rohstoffe rauben, außerdem droht er immer offener mit einem Entzug der amerikanischen Waffenhilfe. Laut einem Aufsehen erregenden Artikel in “Le Monde” könnte die Ukraine ohne US-Hilfe nur noch rund sechs Monate durchhalten – was wieder einmal zeigt, dass wir es hier mit einem Stellvertreterkrieg zu tun haben…
- Keine Einigung im Zollstreit. Wegen der Drohung von US-Präsident Trump mit neuen Strafzöllen ist Handelskommissar Sefcovic nach Washington gereist. Doch auch nach dreitägigen Gesprächen hat er offenbar keine Lösung gefunden. – Mehr hier
- Neue Russland-Sanktionen. Während die USA und Russland wieder ins Geschäft kommen wollen, verhängt die EU neue Wirtschaftssanktionen, die wie bisher schon vor allem auf EUropa zurückfallen dürften. Der formelle Beschluss ist am Montag geplant.
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Die meistgelesenen Beiträge der Woche:

Krieg ohne Ende? EUropäer wollen Soldaten in die Ukraine schicken
Die Friedensgespräche der USA sind ins Stocken geraten. Höchste Zeit für die EU, selbst Diplomaten in die Ukraine und nach Russland schicken, sollte man meinen. Stattdessen redet man über Soldaten – Dänemark könnte schon bald die ersten nach Kiew abstellen.

Angriff auf Sumy: Sogar Selenskyj nährt Zweifel an offizieller Darstellung
Russland habe im ukrainischen Sumy gezielt Zivilisten angegriffen und ein Kriegsverbrechen begangen, behauptet die EU. Sie will deshalb sogar neue Sanktionen verhängen. Doch nun wachsen die Zweifel.

Merz will Taurus liefern und Kertsch-Brücke zerstören
Eine Zeitlang war CDU-Chef Merz von der aggressiven Rhetorik abgerückt. Doch nun spricht er sich wieder für die Lieferung von Taurus an die Ukraine aus – und nennt sogar ein Ziel. Geht’s noch?
Helmut Höft
23. Februar 2025 @ 09:31
Wenn’s gefällt – im Kontext zu „Sie hätten das nie anfangen sollen“ – noch drei Grafiken (aus siehe das Link zuvor – Quellen: SIPRI und Greenpeace):
https://www.datocms-assets.com/19658/1740148337-20250220_gg-abb-2-1-greenpeace-2024-und-iiss-2024.png?auto=format&dpr=0.3&w=2729
https://www.datocms-assets.com/19658/1740148364-20250220_gg-abb-2-2-greenpeace-2024-und-iiss-2024.png?auto=format&dpr=0.3&w=2729
https://www.datocms-assets.com/19658/1740148427-20250220_gg_brauchen-wir-militarische-mehrausgaben-abb-3.png?auto=format&dpr=0.3&w=2728
Letztere Grafik zeigt deutlich das Problem: Das seit 1989 wieder erstarkte Teutschland wird morgen die Welt beherrschen!
Helmut Höft
23. Februar 2025 @ 09:12
” „Sie hätten das nie anfangen sollen“” Leider tlw. korrekt! Herr Wolodymyr Oleksandrowytsch Selenskyj hätte seine Vorgänger (seit 1991) remigrieren sollen – hätte, hätte Fahradkette –, nach Russland (schließlich war die UA Gründungsmitlied der SU aus der RUS als größter Bestandteil und Nachbar übrigblieb). Und hätte die Wessies ignorieren sollen (€U, USA, NATO). Es war von Anfang an klar, dass der Zug nach Westen Probleme bereiten wird. Aber das interessiert die Strippenzieher nicht (der Wertewesten®, die internationale Vereinigung der Raffkes aka Oligarchen, NATO und Neocons). *pfui_deibel*
Soweit das “tlw. korrekt” 😉 Kommen wir zum anderen Teil, zu Bush, Clinton, Bush, Obama, Trump & Biden und den Neocons: Herr Donald John Trump hat lediglich die (Geo-)Politik der USA vergessen herauszustellen, die beispielhaft in dieser Grafik deutlich wird: https://www.datocms-assets.com/19658/1740148248-20250220_gg_brauchen-wir-militarische-mehrausgaben-abb-1.png?auto=format&dpr=0.3&w=2728 (von hier: https://makroskop.eu/07-2025/brauchen-wir-militarische-mehrausgaben/) Anmerkung: Die Offensive sollte der Defensive mind. im Verhältnis 3 : 1 ggü. stehen … passt!
Noch Fragen, Kienzle?
KK
22. Februar 2025 @ 17:46
EUropa wirkt auf mich derzeit wie ein Hühnerhof, um den schon seit geraumer Weile ein Fuchs herumschleicht – und die Hühner das gerade gemerkt haben…
Michael
22. Februar 2025 @ 18:02
… und Wer oder Was ist der Fuchs?
ebo
22. Februar 2025 @ 18:04
Das habe ich mich auch gefragt!
Besser passt das Bild vom Schafhüter, der die europäischen Schafe vor dem bösen Wolf schützen soll – um sie am Ende selbst zu verspeisen 🙂
KK
22. Februar 2025 @ 18:35
Mir ging es dabei mehr um das Bild der aufgescheuchten Hühner – der Fuchs ist hier u.a. der „drohende“ Frieden in der Ukraine, aber auch die erpresserische (Zoll-)Politik Trumps, die nach den Erfahrungen mit seiner ersten Amtszeit zu erwarten war.!
Skyjumper
22. Februar 2025 @ 18:42
Die Ober-Henne wird sicher bald die Order ausgeben dass sich ein jeder selbst die Federn auszurupfen hat. Dann tarnen wir uns als Mäuse 😀
Michael
22. Februar 2025 @ 14:46
Ein Artikel der zur Klarheit beiträgt:
https://globalbridge.ch/die-kollision-mit-der-realitaet/