Wird UK zum zweiten Irland?
Mit Steuerparadiesen kennt sich Großbritannien aus, viele ehemalige Kronkolonien praktizieren Dumping. Doch nun könnte auch das Königreich selbst in einen unfairen Wettbewerb eintreten.
Finanzminister Osborne kündigte in der “Financial Times” an, die Steuerbelastung der Unternehmen von derzeit 20 Prozent unter 15 Prozent zu senken. Das Ziel sei eine “super wettbewerbsfähige Wirtschaft”.
Als Vorbild dient offenbar Irland, wo der Steuersatz bei 12,5 Prozent liegt. Allerdings ist Irland im Euro, UK nicht. Und viele große US-konzerne sind schon in Dublin.
Osbornes Ankündigung ist denn wohl vor allem ein Zeichen der Nervosität – der Noch-Minister fürchtet, dass Firmen reihenweise abwandern könnten. Um das zu verhindern, ist ihm wohl jedes Mittel recht.
Dies wiederum sollte der EU zu denken geben. Vor ihrer Nase könnte ein Steuerparadies entstehen, dass alle Ansätze einer gemeinsamen Steuerpolitik konterkariert und die Preise drückt.
Jetzt rächt es sich, dass die Eurogruppe darauf verzichtet hat, Irland die Leviten zu lesen, als es – wegen der selbst verschuldeten Bankenkrise – noch am Tropf der Institutionen hing…
Johannes
5. Juli 2016 @ 08:36
Steuerparadies sind alle Pro-EU und daher GUT. Luxemburg ist der beste Beweis, die sind ja sogar im Euro drin *hehehehehe
kaush
4. Juli 2016 @ 18:22
“Dies wiederum sollte der EU zu denken geben. Vor ihrer Nase könnte ein Steuerparadies entstehen, dass alle Ansätze einer gemeinsamen Steuerpolitik konterkariert und die Preise drückt.”
Schöne Real-Satire. Oder sind beispielsweise Luxemburg, die Niederlande, oder Irland nicht in der EU?
Und wie die irische Regierung gezwungen wurde, internationale Banken zu retten, kann man sich hier anschauen:
“Staatsgeheimnis Bankenrettung”
https://www.youtube.com/watch?v=HrptpTTs3oM
Die EZB hat Irland genau das angedroht, was dann später in Griechenland umgesetzt wurde: Wir drehen euch den Geldhahn zu , wenn ihr nicht das tut, was wir von euch verlangen (s. ab Minute 19)
Also wem sollten hier die Leviten gelesen werden????
Skyjumper
4. Juli 2016 @ 16:02
Die “Gefahr”, ich würde es eher als Chance beschreiben, liegt wohl darin, dass mit GB ein Big Player aus der EU aussteigen will. Gesunden Menschenverstand vorausgesetzt (was ich auch in dem Fall nicht wirklich erwarte) würden sich GB, Island, Norwegen und die Schweiz locker zusammen schließen, z.B. über den EWR dem sie sowieso schon alle angehören. Das würde eine Freihandelszone von 78 Mio. Menschen bedeuten.
Den Irländern hat man in mancherlei Hinsicht ganz schön die Leviten gelesen. Ein Blick auf die Karte zeigt wo Irland nach einem EU-Austritt Großbritanniens ggf. viel besser hinpassen würde. Auch die latent eu-skeptischen Länder Dänemark und Niederlande hätten dann eine Alternative vor Augen.
Das wäre dann schon eine Freihandelszone mit einer Bevölkerung von 104 Mio. während die EU auf 418 Mio. geschrumpft wäre.
Ob es sich die EU dann immer noch leisten könnte Norwegen und der Schweiz Beiträge zum EU-Haushalt abzuknöpfen? Auch für die Niederlande ist so ein Gedankenspiel finanziell durchaus attraktiv, sind sie doch bisher mit 4,7 Mrd. € p.a. der viertgrößte Nettozahler der EU (auf’s BIP bezogen sogar der größte).
Steuern, bzw. die Steuersätze, sind das eine. Aber daneben gibt es ja durchaus auch weitere Anreize die ein Staat geben kann um Unternehmen anzulocken. Es gibt in DE bspw. über 10.000 Unternehmen die eine britische Firmenform nutzen (Lim., od. Plc.) weil es für sie vorteilhaft ist. Wenn GB aus der EU ausscheidet ohne dass es der Politik gelingt vernünftige Folgeregelungen zu treffen haben diese Firmen 2 Möglichkeiten. Entweder sie wechseln die Gesellschaftsform, oder den Standort. Teuer und aufwendig ist beides. Ich würde nicht darauf wetten dass sich alle Unternehmen dafür entscheiden die Gesellschaftsform zu ändern.
ebo
4. Juli 2016 @ 16:33
@Skyjumper Wie gesagt, Irland hat den Vorteil, im Euro UND im Binnenmarkt zu sein. Außerdem wollen die Iren weder EU noch Euro verlassen. Da wären sie auch schön blöd, Facebook, Amazon und Co. würden sofort in die Niederlande wechseln. Wenn die austreten, kommen alle nach Deutschland, oder nach Luxemburg…
Peter Nemschak
4. Juli 2016 @ 15:33
Leviten lesen nützt nichts. Die EU hat genug Marktmacht, um gleiche Wettbewerbsbedingungen für das UK herzustellen. Auch das UK müsste einen Steuerausfall anderswo kompensieren. Da gibt es sicher Möglichkeiten.