Wir könnten auch anders
Hundert Tage nach dem Brexit-Referendum gibt es immer noch keine Debatte über die Zukunft der EU. Nicht einmal in Brüssel oder Berlin. Dabei mangelt es sich nicht an Ideen – hier zwei Beispiele.
Vorschlag Nummer eins: Back to the roots! Die EU sollte nicht mehr den Wettbewerb zwischen den Staaten organisieren, wie sie dies seit Maastricht und verschärft seit der Eurokrise tut.
Stattdessen sollte es wieder darum gehen, Interessen auszugleichen und Rivalitäten abzubauen. Dazu war die Union einst erfunden worden, dafür war auch der Binnenmarkt gedacht.
Statt auf die Staaten zu setzen und die Renationalisierung zu stärken, könnte sich die EU von unten, durch verstärkte Zusammenarbeit von Städten und Regionen, regenerieren.
Und der Binnenmarkt könnte, wie ursprünglich geplant, durch eine Sozialunion ergänzt werden. So schwebt es der SPD-Politikerin G. Schwan vor, die schon lange für ein anderes EUropa streitet.
Vorschlag Nummer zwei: Demokratisieren! Die EU sollte nicht mehr aus starren Regeln und Institutionen bestehen, die wie in Stein gemeißelt sind und über dem nationalen Recht stehen.
Stattdessen sollte es darum gehen, sowohl die nationalen Parlamente als auch das Europaparlament zu stärken. Die EU-Kammer müsste ein Initiativrecht erhalten, auch Bürgerinitiativen würden gestärkt.
Statt auf die Herrschaft des Rechts (und der obersten EU-Richter) läuft dieser Vorschlag auf eine De-Konstitutionalisierung des Binnenmarkts hinaus. Das soziale Europa hätte so mehr Chancen.
Außerdem könnte man über Opt-Outs für einzelne Staaten nachdenken, sagt D. Seikel von der Hans-Böckler-Stiftung, der diesen Vorschlag gemacht hat. So ließen sich nationale Besonderheiten sichern.
Eine andere Logik
Allerdings hatte auch Großbritannien jede Menge Opt-outs – es ist trotzdem aus der EU ausgetreten. Auch die Zusammenarbeit der Städte und Regionen hat die Renationalisierung nicht gestoppt.
Wichtig an beiden Vorschlägen ist jedoch, dass sie einer anderen Logik folgen. Statt Markt und Konkurrenz über das Recht zu institutionalisieren (und gegen Kritik zu immunisieren), machen sie ein soziales und demokratisches Europa möglich.
Wir könnten auch anders, das zeigen diese Ideen. Doch offenbar wollen wir nicht anders – denn wo werden diese und andere Modelle öffentlich und ergebnisoffen diskutiert?
Peter Nemschak
12. Oktober 2016 @ 19:33
@ebo Mit oder ohne Euro Italien hat sich nicht geändert und wird sich so schnell nicht ändern. Das Land wird seit dem Zweiten Weltkrieg schlecht verwaltet (die Anzahl seiner Regierungen gehen in die Dutzende). Wenn dem nicht so wäre, warum braucht es dann eine Verfassungsreform? Schon vor Einführung des EURO war Italien ein notorisches Abwertungsland, weil die Sozialpartnerschaft in diesem Land nie funktioniert hat und der gesellschaftliche Grundkonsens fehlt. Unter den gegebenen Umständen wird eher der EURO auseinanderfallen als dass eine Transferunion durchgesetzt werden kann. Ein Austritt Griechenlands aus dem EURO hätte das politische Ende der Syriza-Regierung zur Folge gehabt.
Ute Plass
12. Oktober 2016 @ 16:56
Die große Herausforderung dieses Jahrhunderts sind Flüchtlingsströme und
Völkerwanderungen. Ein echtes soziales, demokratisches Europa könnte dazu beitragen,
dass Menschen nicht zur Flucht und Abwanderung gezwungen wären.
Allerdings gelingt ein solches Europa nur mit einer solidarisch-ökologischen Ökonomie,
die den Menschen in den Mittelpunkt und nicht die Profitrate in den Mittelpunkt jeglichen
Wirtschaftens stellt. Sicher, klingt utopisch. Doch ohne Utopie geht’s nun mal nicht. 🙂
S.B.
12. Oktober 2016 @ 22:09
@Ute Plass: „Ein echtes soziales, demokratisches Europa könnte dazu beitragen, dass Menschen nicht zur Flucht und Abwanderung gezwungen wären.“
Also das müssen Sie mir bitte einmal näher erklären. Ich verstehe diese Verknüpfung von Ursache und Wirkung nicht.
OXIgen
12. Oktober 2016 @ 15:13
Diese EU ist nicht mehr zu kurieren, sondern gehört abgeschafft. Undemokratisch, politisch bis ins Mark genau so verottet wie die USA und nur noch deren transatlantische Interessenvertretung hat sie ausgedient und sollte schleunigst entsorgt werden bevor die Schäden noch größer werden. Das einstige Friedensprojekt hat sich als Chimäre erwiesen. Es ging nie um Frieden, sondern immer nur um Geld und wie man es am besten von unten nach oben verteilen kann.
Aber damals, zu EWG-Zeiten konnten die nationalen Parlamente wenigstens noch Grenzen ziehen, wenn die Ausplünderung zu dreist zu werden drohte. Wer wissen will, wie es wirklich um die EU bestellt ist, der blicke nach Griechenland, denn dort ist die Zukunft der EU-Länder bereits Gegenwart. Und sowas braucht niemand. Weg damit und zwar hurtig!
ebo
12. Oktober 2016 @ 15:24
@OXIgen Tja, trotz allem wollten selbst die Griechen nicht den Euro aufgeben oder gar die EU verlassen. Bisher sieht es auch nicht so aus, als fänden die Briten viele Nachahmer. Die Mehrheit hofft immer noch, dass sich die EU reformieren lässt – deshalb ist die Debatte dringend nötig. Vor allem in Deutschland, das am meisten profitiert und zugleich den Kurs vorgibt!
OXIgen
12. Oktober 2016 @ 20:17
@ebo
Dass die Griechen die Eurozone oder gar die EU nicht verlassen wollten, lag an einer bis dato beispiellosen medialen Angstkampagne, mit der man ihnen die völlige wirtschaftliche Vernichtung androhte, falls sie diesen Schritt wagen sollten. Auch Schäubles Drohungen mit Rauswurf, die vor diesem Hintergrund als paradox erscheinen mögen, passen da haargenau ins Bild.
In Griechenland ging wirklich die nackte Angst um, in einen Abgrund gestossen zu werden, der tiefer ist als die Ägäis. Als Varoufakis seinen Plan B einer alternativen Währung ins Spiel bringen wollte, wurde er von Tsipras vor die Tür gesetzt. Als sich die letzten aufrechten Linken in der Syriza für einen Grexit stark machen wollten, wurden sie von ihrem neuen Premier aus dem Parlament gefegt. Dafür ist der dann in Merkels derrière gezogen und macht es sich dort gemütlich. Die Griechen wurden seit dem Ende der Militärdiktatur von ausnahmslos jeder ihrer Regierungen verraten und verkauft, aber der letzte Verrat durch Tsipras wiegt am schwersten, denn der plündert das Land nun schlimmer aus als alle anderen zuvor. Es bricht einem das Herz, wenn man hinter die Kulissen blickt.
Nein, die EU lässt sich nicht mehr reformieren. Die ist voll an die Wand gefahren und gehört verschrottet. Ich habe mit Nationalismus wirklich nichts am Hut, vor allem nicht in Richtung Volkstümelei oder so. Aber ich habe die – wenn auch teilweise bittere – Erkenntnis gewonnen, dass die verbliebenen 27 EU-Staaten besser dran sind, wenn sie, aus dieser Zwangsjacke befreit, wieder voll souverän ihr eigenes Ding machen. Das macht sie gegen den globalisierten Finanzvandalismus weit weit weniger angreifbar und gibt ihnen die Gelegenheit in flexibel wechselnden Allianzen dagegen zu steuern. Um den Frieden unter den Europäern mache ich mir keinerlei Sorgen, die jagen lieber gemeinsam Pokemons als sich gegenseitig die Köpfe einzuschlagen.
Die EU ist ein Monstertruck mit einer Irren im Führerhaus (sic!), der ungebremst auf die Klippen zurast. Da bleibt einfach nur noch, rechtzeitig abzuspringen.
Ja, die Debatte ist dringend nötig. Aber wo bitte, wenn jede EU-Kritik in den Mainstream-Medien als popeliger Rechtspopulismus dargestellt wird? Man darf die EU ja nicht einmal innnerhalb der Linken kritisieren, wenn man keine Torte ins Gesicht kriegen will. Wo also soll diese hoffnungsvolle Mehrheit eigentlich debattieren?
ebo
12. Oktober 2016 @ 22:31
@OXIGEN Die hier skizzierte Debatte findet aktuell bei den deutschen Sozialdemokraten und Gewerkschaften statt. Linke und Grüne denken auch über Alternativen nach. Bei Merkel & Co., hingegen wird jede Debatte abgewürgt. In Bratislava hat sie aus der Brexit-Reflexion eine schöne Bootsfahrt gemacht.
Winston
13. Oktober 2016 @ 06:31
Das die Griechen aber auch die Italiener, die Franzosen, Spanier, Portugiesen und selbst die Finnen den Euro nicht verlassen wollen liegt daran, wie schon Oxi sagte an einer beispiellosen Euro Propaganda, die selbst Göbbels alt aussehen lässt. Zudem stehen hinter dem Euro praktisch die sämtliche Politik-elite, die Finanzindustrie und was sehr gravierend ist die gesamte Medienlandschaft, vor allem TV. Eine Objektive Euro Debatte findet nicht statt. Wer den Euro in frage stellt wird sofort als Populist, Rassist, Spinner und und und niedergemacht, hier sind vor allem die Linken sehr aktiv. Der Euro ist nix anders als ein abgrundtiefes Neoliberales Projekt (von Euro Vater Mundell selbst zugegeben) dessen Ziel es ist, den Sozialstaat zu vernichten oder auf ein absolutes Minimum zu reduzieren, Lohnabbau und Privatisierung.
Die Linke unterstützt das was sie eigentlich Bekämpfen sollte, Die Sozialisten haben ihre Wähler verraten und verkauft, siehe Tsipras, und Varoufakis ist kein deut besser, das gleiche A…………ch. Die Linken müssten die ersten sein die gegen den Euro auf die Barrikaden gehen sollten und verlieren Zeit mit Ihrem Frame „Europa verrändern“. dieses Europa kann nicht verrändert werden, nur abgebaut, am besten geordnet.
Der Euro ist nicht nur extrem Dysfunktional. Der Euro kann nicht funktionieren, selbst mit Transferzahlungen, sondern für Europa Hochgefährlich. Er bringt kein Frieden sondern spült die alten Geister des letzten Jahrhunderts zwischen 1900 und 1945 wieder hoch.
Das ist der Grund, warum ich so Sauer bin auf die Linken. Mit kleinen Ausnahmen aber die sind im 0.1% Bereich.
ebo
13. Oktober 2016 @ 09:17
@Winston Die letzte Wendung verstehe ich nicht. Die Linken in Griechenland haben doch versucht, das Euro-REgime zu verändern, Varoufakis wollte sogar den Euro verlassen. Schuld an dem Euro-Regime sind doch nicht „die Linken“, sondern die deutschen Konservativen, die die Regeln im Maastricht und danach während der Eurokrise diktiert haben.
S.B.
13. Oktober 2016 @ 13:29
@ebo: Die Linken spielen das Spiel doch perfekt mit und haben sich bestens darin eingerichtet. Andernfalls müssten sie in die Opposition gehen und sich komplett querstellen. ESM, EFSF, alles, aber auch alles, was dieser EU dient, bicken sie widerspruchslos ab. Sie sind ihrer Ideologie von „no borders, no nations“ so tief verfangen, dass sie dabei ihre ureigene Klientel verraten, was diese auch immer mehr erkennt. Die Linken sind genauso Schuld an dem Euro-Regime, wie alle anderen etablierten Block-Parteien mit ihrem unendlichen, aber völlig unrealistischen Weltverbessserungsanspruch,
Peter Nemschak
12. Oktober 2016 @ 16:23
Der Euro und die EU sind nicht an allem schuld. Warum hat sich bereits vor Einführung des EURO Schweden zu einem reichen Land entwickelt während Griechenland arm geblieben ist? Kulturelle und politisch-institutionelle Unterschiede der EU-Mitglieder sind hausgemacht und können durch eine Transferunion nicht ungeschehen gemacht werden. Historisch gewachsene Mentalitätsunterschiede von Gesellschaften sind hartnäckiger als manche wahrhaben wollen.
ebo
12. Oktober 2016 @ 17:29
Schweden hat den Euro nie eingeführt. Italien hat es getan und bereut es jeden Tag mehr.
Peter Nemschak
12. Oktober 2016 @ 11:22
@ebo Zu EWG-Zeiten waren alle damaligen Mitgliedsländer ärmer als heute. Die Erweiterung der EWG hat die Gründungsmitglieder nicht ärmer sondern reicher gemacht.
ebo
12. Oktober 2016 @ 12:46
@Nemschak Was meinen Sie mit Erweiterung der EWG? Die Ost-Erweiterung der EU hat die Union zweifellos ärmer gemacht, der Euro hat das Wachstum gedämpft, wie wir in jedem Vergleich mit den Nicht-Euro-Ländern sehen
Peter Nemschak
12. Oktober 2016 @ 13:50
Ich meine, die 6 Gründungsmitglieder sind durch die fortschreitende Integration nicht ärmer geworden. Ihnen hat auch der Euro nicht geschadet.
ebo
12. Oktober 2016 @ 15:20
Italien?
mister-ede
12. Oktober 2016 @ 20:45
@Nemschak
Was ist denn ein Gründungsmitglied? Sind das die deutschen Exportunternehmen? Ist das der Hartz-4 Bezieher?
Ute Plass
12. Oktober 2016 @ 10:07
„Wir könnten auch anders, das zeigen diese Ideen. Doch offenbar wollen wir nicht anders – denn wo werden diese und andere Modelle öffentlich und ergebnisoffen diskutiert?“
Zu dem einen „wir“, welches ein soziales, demokratisches Europa will, zähle ich mich auch. Wer ist das ‚andere wir‘, welches das nicht will und wie könnte sich das ändern?
ebo
12. Oktober 2016 @ 10:22
@Ute Plass Das „andere wir“ ist die Bundesregierung, genauer Frau Merkel. Sie hat in Bratislava und auch sonst bei jeder Gelegenheit verhindert, dass Alternativen auf den Tisch kommen. Ein Grund für den Aufstieg der „AfD“…
mister-ede
12. Oktober 2016 @ 20:36
@Ute Plass
Es braucht die Bereitschaft, die Europa-Debatten auch zu führen. Viel zu oft – das ist mein Eindruck – werden Debatten eher gemieden. Die linken treffen sich in linken Foren, die rechten in rechten und manche schauen einfach Dschungel-Camp, aber ein echter Austausch findet nicht statt.
Vielleicht bräuchte es mehr „neutrale“ Angebote für den Europa-Dialog und vielleicht auch einfach ein wenig mehr Mut, sich in der heute so individuellen Gesellschaft wieder auf andere Meinungen oder Perspektiven einzulassen.
S.B.
12. Oktober 2016 @ 09:58
Beides sind typisch sozialistisch geprägte Vorschläge, die auf eine noch stärkere Zwangsumverteilung von den produktiven zu den unproduktiven EU-Staaten führen würden. Gemacht von Leuten, die noch nie in ihrem Leben etwas Produktives geleistet haben, also selbst nur aus Steuergeldern leben und für die das Wort Wettbewerb gleichbedeutend mit dem Leibhaftigen ist. Nichts Neues als. Die Frage, wo das Geld für dieses „sozialere Europa“ herkommt, würden diese Traumtänzer sicher genauso beantworten, wie Herr Mass(los) zuletzt bei Frau Illner im Zusammenhang mit der Finanzierung der Flüchtlinge: Es wird niemanden etwas genommen, das Geld wird erwirtschaftet (Lieber Gott, lass Hirn regnen!).
Besten Dank, ich verzichte gerne und mache Vorschlag Nummer drei und der ist wirklich „Back to the roots!“:
Weg mit EU und Euro und zurück zu EWG und ECU, was nichts anderes als Freihandel zwischen den europäischen Nationalstaaten bedeutet. Schluss mit der europäischen Umverteilung und zurück zum echten Wettbewerb zwischen den Ländern.
EU und Euro haben den Wettbewerb nämlich, anders als im Artikel behauptet, nicht verschärft, sondern quasi beseitigt, indem sie die ohnehin wirtschaftsstarken Ländern gestärkt (für ihre Verhältnisse zu billige Exporte) und die ohnehin wirtschaftsschwachen Länder geschwächt (für ihre Verhältnisse zu teure Exporte) haben. Hinzu kam bei den wirtschaftsschwachen Ländern die Möglichkeit zur billigsten Verschuldung in undenkbaren Ausmaß. Diese wurde nicht für Investitionen, sondern für Konsum genutzt. Dieser billige Kredit, wohlgemerkt für Konsum, hat diese Wirtschaften erst recht in ihrer Entwicklung gelähmt.
All das hätte es ohne EU und Euro nicht, zumindest nicht in diesem Ausmaß, aber jedenfalls mit Korrekturmöglichkeiten (= Abwertung der nationalen Währung in Eigenregie, also ohne Fremdbestimmung) gegeben.
ebo
12. Oktober 2016 @ 10:27
@S.B. Na klar, das ist der Sozialismus der Schumans, Monnets, Adenauers und Delors. Genau darauf berufen sich die Autoren nämlich. Alle jene, die wie Sie „zurück“ zum „guten alten Europa“ wollen, reden in Wahrheit einem Manchester- oder Chicago-Kapitalismus das Wort. Das wird natürlich sozial bemäntelt, wie bei Ms. May. Doch das Erste, was sie abschaffen will, sind die (wenigen) EU-Arbeitsgesetze und der Schutz durch die EU-Gerichte.
S.B.
12. Oktober 2016 @ 10:41
@ebo: Ich kann mich nicht erinnern, dass es zu EWG / ECU-Zeiten in Europa einen Manchester- oder Chicago-Kapitalismus gab. Erklären Sie mir doch bitte einmal, warum jemand, der gegen EU und Euro ist, gleich den Manchester- oder Chicago-Kapitalismus zurückhaben will.
Im Übrigen braucht es weder EU-Arbeitsgesetze, noch EU-Gerichte, denn es braucht nicht einmal eine EU. „Wir“ in Europa können besser ohne dieses gewillkürte Eliten-Konstrukt leben. So ist jedenfalls meine Meinung.
ebo
12. Oktober 2016 @ 11:04
Zu EWG-Zeiten hatten wir noch keinen Binnenmarkt und auch keine Rechtsprechung, die diesen Markt verabsolutiert. Zu ECU-Zeiten gab es permanent Spannungen wegen der Wechselkurspolitik. Ein gewisser Herr Soros nutzte das aus, gegen UK zu spekulieren – alles schon vergessen?
Peter Nemschak
12. Oktober 2016 @ 10:43
Vom Manchesterkapitalismus sind wir meilenweit entfernt, wenn man die hohe Umverteilungsquote betrachtet. Es wäre sinnvoller ,die soziale Mobilität nach oben zu erleichtern und zu fördern statt, wie die Linken es wollen, alles zu nivellieren. Ungleichheit hat es immer gegeben und wird es immer geben, da die Menschen nicht gleich sind. Auch zur Zeit eines Adenauer und Monnet war es nicht anders. Wer das leugnet, leugnet die Realität. Die Chance auf höheres Einkommen ist und bleibt als Leistungsanreiz ein starker Motivationsfaktor. Man mag den homo oeconomicus als realitätsfremd kritisieren, dennoch sind die Menschen in hohem Maß verhaltensgesteuert. Neid und Gier sind urmenschliche Eigenschaften. Änderungsversuche sind in der Geschichte regelmäßig gescheitert. Deshalb sollten wir nicht anders wollen.
S.B.
12. Oktober 2016 @ 11:18
@ebo: EU und Euro haben Europa unstrittig an den Rand des politischen und wirtschaftlichen Abgrunds gebracht. Das ist ja eine super Alternative zu den Spannungen wegen der Wechselkurspolitik zu EWG-Zeiten. Und Sie meinen, mit noch mehr Umverteilung (= sozialeres Europa) wird endlich alles gut? Zu Soros: Heute spekuliert er nicht nur gegen UK, sondern gegen ganz Europa. Dazu installiert er überall NGOs etc. pp., um seine (kranken) Ziele zu erreichen.
ebo
12. Oktober 2016 @ 12:45
@S.B. Nicht die EU, sondern der Euro hat Europa an den Rand des Abgrunds gebracht. Dazu kommt, dass der Binnenmarkt verabsolutiert wird, wie wir jetzt auch wieder beim Brexit sehen. Dabei trägt er kaum noch zu Wohlstandsgewinnen bei, jedenfalls geht der Grenznutzen gegen Null. Ein soziales und demokratisches Europa ist das Gebot der Stunde, nicht die Rückkehr zu Nationalismus und Ausländerfeindlichkeit
S.B.
12. Oktober 2016 @ 16:17
@ebo:
Zur EU: Das sehe ich anders: Die EU ist ein Fremdbestimmungs-Projekt der politischen und wirtschaftlichen Eliten, das von seinen Bürgern zu keiner Zeit aktiv mitgetragen wurde und mit dem sie sich ganz überwiegend auch nicht identifiziert haben. Trotzdem mischt sich die EU ungefragt und vor allem unzuständig in alle Lebensbereiche ein (Verstoß gegen Subsidiaritätsprinzip). In der Eurokrise wurde alles falsch gemacht, was falsch gemacht werden konnte. Dies hat zu einer (weiteren) wirtschaftlichen Spaltung Europas kräftig beigetragen. Das gleiche Spiel in der Flüchtlingskrise, die letztlich der entscheidende Auslöser zum Austritt von UK aus der EU war.
Zum Nationalstaat: Das sehen viele, u.a. ich, anders. Ich fühle mich u.a. nicht dafür zuständig, anderen Europäern eine soziale Mindestabsicherung zu erarbeiten. Ganz offensichtlich fühlen sich nicht mal mehr die Linken dafür zuständig: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/bundesregierung-will-sozialleistungen-von-eu-buergern-einschraenken-a-1116243.html
Auch ich bin aber für ein soziales Europa. Allerdings muss jedes Land den sozialen Standard, den es seinen Bürgern gewähren will, selbst erarbeiten. Europa wird also nicht aufgrund innereuropäischer Umverteilung sozialer, sondern weil jedes Land den ihm gebührenden Anteil selbst (!) dazu beiträgt, also Anstrengungen unternimmt, aus sich heraus sozial(er) zu werden. Eine solche Errungenschaft hängt unmittelbar mit der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines Landes zusammen. Diese muss jedes Land für sich und aus sich heraus herstellen. Wie soll es auch anders gehen? Ich kenne kein Land, dessen Wirtschaft von außen erfolgreich organisiert wurde.