Wie Merkel das Ancien Régime retten will
Der Brexit schreit nach einem Neubeginn in der EU. „Europa muss sich neu definieren“, fordern 48 Politiker und Intellektuelle, wie das „Tageblatt“ berichtet. Doch Kanzlerin Merkel klammert sich an das Ancien Régime.
Genau wie ihr Buddy Cameron, der lange ihr wichtigster EU-Partner war, spielt die CDU-Chefin auf Zeit. Man solle keinen Druck auf London ausüben und sich wegen der Austritts-Erklärung „nicht verkämpfen“, sagte sie.
Damit geht die Chefin des deutschen EUropa auf Konfrontationskurs zu Brüssel, wo alle drei EU-Institutionen unisono (!)) schnelle Entscheidungen fordern. Sie brüskiert aber auch ihren Außenminister.
Steinmeier hatte die Chefdiplomaten der EU-Gründerstaaten nach Berlin gerufen, wo die Sechs ebenfalls schnelle Brexit-Verhandlungen forderten. Doch Merkel ignoriert das, sie telefoniert lieber mit Obama.
Am Montag soll der nächste Akt der Aktion „weiter so“ folgen. Merkel empfängt Ratspräsident Tusk, Frankreichs Hollande und Italiens Renzi. Es geht darum, mögliche Gegenspieler auszubremsen.
Denn Tusk fordert ebenfalls schnelle Entscheidungen, er leitet auch den EU-Gipfel am Dienstag. Und Hollande und Renzi sind die Wortführer des Umsteuerns, vor allem in der Wirtschaftspolitik.
Renzi hat sich oft beklagt, dass die EU nicht nur einem Land (Deutschland) dienen dürfe. Ganz ähnlich sahen das übrigens auch viele Brexiteers. Genau deshalb will Merkel den Neustart verhindern…
OXIgen
27. Juni 2016 @ 20:23
Hätte ich beinahe vergessen: Merkels Taktieren, mal hüh mal hott, hat auch noch einen anderen Grund: sie sieht ihre TTIP-Felle davon schwimmen, bevor Obama abtreten muss.
Skyjumper
27. Juni 2016 @ 09:32
Ausnahmsweise finde ich das Merkel in der Frage des Tempo mal das faktisch gegebene mit dem aussenpolitisch gegenüber GB sinnvollen verknüpft.
Was nützt es denn wenn selbst jeder Politiker in Kontinentaleuropa jetzt für ein schnelles bis sehr schnelles Durchziehen des Brexit plädiert? Die einzig Handlungslegitimierten sind in dieser Frage nun einmal die Briten. Wenn diese den Antrag erst in 3, 4 oder auch erst in 12 Monaten stellen gibt es für niemanden in der EU eine Möglichkeit das zu beschleunigen.
Und auf der anderen Seite sollte man nicht vergessen das GB, ob nun innerhalb oder ausserhalb der EU, eine wirtschaftsstarke Nation bleiben wird, mit der man weiterhin irgendwie zusammenarbeiten muss. Denn die britischen Inseln werden nicht plötzlich 1.000 Meilen gen Westen verschoben werden.
Auch ganz pragmatisch betrachtet ist es für die Bürger, den Arbeiter, den Angestellten sicherlich günstiger wenn die Handelsbeziehungen zu Grossbritannien möglichst uneingeschränkt erhalten bleiben. Das Gepupse aus Brüssel ist gekränkte Eitelkeit. Wieder mal.
Andres Müller
26. Juni 2016 @ 21:21
Bereits vor der Abstimmung hatte ich erwähnt das ich Grossbritannien in diesem Fall nicht als vollwertige Demokratie empfinde, es bei einem (englischer Form des Referendum)- Brexit vermutlich zu einer Verschleppungstaktik (im Sinne der Märkte und Investoren) kommt.
Schon heute Sonntag habe ich von mehr als vier verschiedenen Aktivitäten gehört, welche darauf ausgerichtet sind die Volkswahl zu relativieren -bis gar hin zur Erklärung die Wahl sei Ungültig wegen Mängeln bei der Stimmenabgabe, oder weil die Schotten den politischen Laden in London dicht machen können.
Ich habe erwähnt das mich das Referendum an die Abstimmung in Griechenland erinnert. Inzwischen scheint sich diese Ahnung bereits zur Realität zu verdichten.
Erstaunlich ist daran nur, wie schnell man sich in Brüssel dem angeblich schon ausgemachten Brexit stellen möchte. Fast könnte man glauben das bestimmte Europa -Fraktionen brennend auf den Ausstieg der Briten hin fieberten. Ich vermute nun allerdings, dass diesen Politikern von Merkel und Co der Wind aus den Segeln genommen wird. Mich würde es nicht erstaunen wenn schon in einer Woche sozusagen ausgemacht ist das der Brexit wohl nich durchgeführt werden wird.
In diesem Fall dürfte sich das politische Klima in Europa allerdings weiter gefährlich zuspitzen und vor allem extremen Parteien weiteren Zulauf verschaffen.
Peter Nemschak
27. Juni 2016 @ 07:08
Großbritannien ist gespalten wie die meisten westlichen Gesellschaften. Die Parteien tun sich mit den veränderten (atomisierten) gesellschaftlichen Strukturen schwer. Es gibt keine klar abgegrenzten Klasseninteressen mehr. Die Parteien müssen mit dem rasanten gesellschaftlichen Wandel zurecht kommen und den Menschen Perspektiven bieten. Diese fehlen ihnen zumeist selbst in unserer postmaterialistischen Gesellschaft, daher ein gewisser nostalgischer Hang quer über den politischen Garten: die Beschwörung der Welt von gestern.
Johannes
26. Juni 2016 @ 21:10
Die EU wird kaputt gehen, da bin ich mir nach Junckers Äußerungen nun sicher. An Stelle mal inne zu halten will er jetzt die Whärungsunion vertiefen. Süd Europa will das nicht, Nordeuropa will das auch nicht. Aberr unsere Elite, natürlich.
Wie dumm ist Juncker und die SPD (mehr Schulden wieder machen) eigentlich???
Die FAZ: „Angesichts des bevorstehenden Brexit wolle die EU-Kommission der bisherigen „EU mit multiplen Währungen“ ein Ende bereiten, hieß es in Junckers Umgebung. Außerdem solle die Währungsunion „enger zusammenwachsen“. “
Ey sind die alle echt so doof, ihr verzockt jetzt mit solchen Plänen die EU. Ich fasse das echt nicht, ihr habt am Freitag den größten Warnschuss in der Geschichte der EU bekommen, und alles was wir jetzt hören ist ein WEITER SO?????
Ich könnte echt heulen, die Elite hat nix kapiert.
Gott, die EU ist tot, mit solchen Plänen. TOLL 🙁
Peter Nemschak
27. Juni 2016 @ 07:14
Wen meinen Sie mit Nordeuropa und Südeuropa? All die Menschen, denen Politik im Grunde egal ist?
Johannes
28. Juni 2016 @ 00:58
Mit Nord- und Südeuropa meine ich uns Bürger. Der Grieche hat die Schnauze voll, und der Deutsche auch, das eint die Bürger beider Länden, sie haben von denen da oben genug.
Ist auch egal, SPD, Schulz, Juncker haben ja schon beschlossen, alles muss so weiter laufen wie bisher, mehr Europa, und nichts anderes. Die EU ist jetzt am Ende, schade, war eigentlich insgesamt eine tolle Sache, aber wenn die Elite und die SPD umbedingt ihr Baby opfern wollen …. ne stop, die EU ist zu wichtig, wir Bürger müssen kämpfen, also auf in den Kampf gegen die böse SPD und all die fanatischen Junckers und Schulze
PS: Liebe SPD Anhänger, wie wollt ihr 2017 die Wahlen gewinnen? Mit noch mehr Europa werdert ihr noch weniger gewählt werden. Ernsthaft, was ist bei euch los???
Pique Dame
26. Juni 2016 @ 20:58
Eines schafft Merkel immer wieder: neue Formate in die Welt setzen, durch nichts legitimiert und allenfalls dazu geeignet, andere EU-Mitglieder zu vergraulen.
GS
26. Juni 2016 @ 20:54
Mittlerweile scheint es mir auch nicht mehr so unwahrscheinlich, dass das Referendum in irgendeiner Form kassiert wird. Ob nun durch ein zweites Referendum oder indem Artikel 50 einfach nicht gezogen wird, sei mal dahin gestellt.
Merkel hin oder her (klar, dass die wieder mit Obama kuschelt…*), Paris und Rom können sagen, was sie wollen, die Briten müssen bei der EU nun einmal ganz offiziell den Austritt beantragen.
* Allein, damit die Unterwürfigkeit gegenüber den USA aufhört, müsste man hoffen, dass Trump Präsident wird. Dann ist das alles nämlich nicht mehr so einfach zu kaschieren.
Peter Nemschak
27. Juni 2016 @ 09:22
Braucht Cameron ein Mandat seines Parlaments, um Artikel 50 auszulösen? Je länger er wartet und je deutlicher die wirtschaftlichen Nachteile für Großbritannien werde, desto unwahrscheinlicher wird eine Mehrheit für BREXIT im britischen Parlament. Labour muss gegen den BREXIT stimmen, da den wirtschaftlichen Schaden, wie üblich, nicht die Reichen sondern die Masse der englischen Bevölkerung haben wird.
Skyjumper
27. Juni 2016 @ 12:42
„Braucht Cameron ein Mandat seines Parlaments, um Artikel 50 auszulösen?“
Soweit ich weiß ja, er braucht. Und das Labour in der Parlamentsabstimmung gegen den Brexit stimmen wird wage ich zu bezweifeln. Die Pro-Brexit Wähler waren dort am stärksten (in England und Wales) wo sonst Labour am stärksten bei Wahlen abschneidet. Das jetzige Wählervotum im Parlament nicht umzusetzen könnte daher leicht die Pulverisierung von Labour bei den nächsten Unterhauswahlen bedeuten. Ich glaube nicht dass Labour das riskiert.
Aber gut, ich habe mich auch beim Ausgang des Referendums geirrt.
Peter Nemschak
26. Juni 2016 @ 19:14
@ebo Die Rückkehr zu einem Vereinten Europa. Derzeit dürfte Corbyn das größere Problem für Europa sein. Seine neoliberalen Arbeiter werfen ihm vor, das Referendum verbockt zu haben. Mit seinen Ideen und seiner Führungsstärke ist Labour bei den nächsten Wahlen chancenlos. Das haben seine Mitstreiter bereits erkannt und springen ab.
ebo
26. Juni 2016 @ 19:40
Haben Sie immer noch nicht begriffen, dass UK nie ein richtiges EU Mitglied war und das Vereinte Europa stets verhindert hat?
Peter Nemschak
26. Juni 2016 @ 20:47
Man kann auch dazulernen, wenn schon nicht mit dem Herzen, dann mit dem Hirn.
astras
26. Juni 2016 @ 21:16
Gut analysiert. Merkel ist DAS Problem. Und das schon seit Jahren. Wie nur könnte man sie endlich los werden?
Wenn sie weiter vor sich hin murkselt werden die Probleme In Europa immer größer und die allgeime stimmung immer explosiver werden.
Peter Nemschak
27. Juni 2016 @ 08:47
@ebo Nicht nur die Briten, die meisten anderen auch wollten im Grunde kein Vereintes Europa, außer ein solches ihrer eigenen Prägung. Das gilt vorrangig für Deutschland und Frankreich, in Schattierungen auch für die anderen Mitgliedsländer. Die unterschiedlichen Vorstellungen reichen von liberal, korporatistisch bis zu etatistisch, wobei sich diese nicht notwendigerweise mit den Parteigrenzen decken. Überlagert wurden diese Ansätze von unterschiedlichen Traditionen hinsichtlich zentral und föderal. Wenn viele Bürger nicht mehr Integration wollen, sollte ein Europa unterschiedlicher Geschwindigkeiten angeboten werden. Die versuchte Zwangsbeglückung hat nicht funktioniert. Die Konflikte innerhalb der Eurozone sprechen eine deutliche Sprache.
hyperlokal
26. Juni 2016 @ 19:09
Sie werden (nicht nur) diesen Volksentscheid ignorieren. Die Medien bereiten den Betrug gerade vor.
S.B.
26. Juni 2016 @ 19:58
Von den „glühenden Europäern“ wird mit allen unerlaubten Mitteln manipuliert. Sie sind einfach sehr, sehr schlechte Verlierer. http://www.derwesten.de/politik/mehr-als-drei-millionen-briten-fordern-zweites-eu-referendum-id11951020.html
ebo
26. Juni 2016 @ 20:08
Falsch. das sind nicht die „glühenden Europäer“, die da manipulieren. Das sind Merkel, Merkel, und Merkel – selbst die SPD setzt sich von der Kanzlerin ab und fordert einen schnellen Brexit! Merkel hingegen möchte den Status Quo retten, sie steht für das Ancien Régime
Johannes
26. Juni 2016 @ 21:15
Finde das lustig mit der Onlinepetition.
Die AfD reibt sich sicher schon die Hände. Bundestagswahl 2017? Das Ergebnis passt uns nicht. 2 Millionen Onlineunterschriften sammel, kein Problem. 2018 erneute Bundestagswahl, weil mal wieder jemand ein Problem mit dem Ergebnisse hatte. Und wenn einem die nicht passen, muss neu wählen.
Wenn die jungen Briten zu faul waren, wählen zu gehen, ist das ihre eigene Schuld.
Oder werden jetzt Bundestagswahlen erneut abgehalten, weil zu wenig junge Menschen teilgenommen haben?
Gott, baut doch nicht schon wieder eine erneute Angriffsfläche für die AfD auf, wie kann man nur, unfassbar.
S.B.
27. Juni 2016 @ 08:32
@ebo: Die deutschen Mainstream-Medien, insbesondere ARD und ZDF, stehen aber sowas von voll hinter Merkel. Mehr Propaganda-Dauerfeuer contra Brexit und pro gescheiterter EU geht wirklich nicht. Es ist unerträglich! Jeder, der etwas gegen die EU sagt, wird regelrecht „geschlachtet“. Wo haben Sie denn eine Absetzbewegung der SPD gegen Merkel entdeckt?
S.B.
26. Juni 2016 @ 18:04
Merkel ist ein hundertprozentiger US-Befehlsempfänger. Deshalb muss sie auch erst in Washington anrufen, um die nächsten Schritte zu klären.
Die Töne gegen sie werden immer deutlicher: http://www.epochtimes.de/politik/europa/die-briten-waehlen-merkels-alleingaenge-ab-die-welt-fordert-den-ruecktritt-a1339621.html
Peter Nemschak
26. Juni 2016 @ 17:13
Noch gibt es keinen Brexit. Das britische Parlament ist nicht an den Volksentscheid gebunden. Auch Völker können irren. Die Deutschen und Österreicher sollten dafür Verständnis haben. Brüssel ist in seinem Selbstverständnis gekränkt und nicht der Maßstab aller Dinge. Es ist unklar, wie sich die politische Situation in Großbritannien in den nächsten Wochen entwickeln wird. Niemand kann Großbritannien zwingen, den Austritt aus der EU zu beantragen. Merkel darf sich nicht in das Meer der politischen Emotionen hineinziehen lassen. Sie muss wie ein CEO die Entwicklung der Kräfte verfolgen und mit den sich durchsetzenden letztlich eine Entscheidung für das Gesamtwohl Europas inklusive Großbritanniens zu treffen versuchen. Die deutsche Bundeskanzlerin ist weder Vorturnerin der Nation noch des Staatenverbunds EU. Sie muss danach trachten, die heute bestehende EU als ganzes zusammenzuhalten. Dazu bedarf es der Distanz zu den widerstreitenden Kräften. Das mögen ihre Gegner verstehen, auch wenn sie es auf Grund ihrer eigenen Interessen nicht billigen.
ebo
26. Juni 2016 @ 17:18
@Nemschak Merkel ist weder CEO der Europa AG noch von 500 Millionen Europäern gewählt, die EU zu führen – sie ist Teil des Problems!
Peter Nemschak
26. Juni 2016 @ 17:28
Auch Metternich war nicht der CEO Europas, hat aber erfolgreich die europäische Staatenkoalition gegen Napoleon noch Jahre nach dessen Sturz zusammengehalten. Merkel ist das Problem zweier ungleicher Paare: der Linken und der Rechtspopulisten. Es wird spannend, ob es ihr gelingt, an der Macht zu bleiben und Europa zusammenzuhalten. Ich wünsche es ihr und uns allen.
ebo
26. Juni 2016 @ 19:04
Genau, Metternich, die Restauration
OXIgen
27. Juni 2016 @ 20:14
@ebo
Ganz richtig. Merkel ist aber nicht nur Teil des Problems, sie ist DAS Problem
in Europa!