Wie gewonnen, so zerronnen

Er zielt auf die CDU und die Verfassungsrichter 

Eine Woche nach dem sagenumwitterten EU-Gipfel ist der Effekt schon wieder verflogen. Die Märkte sind wieder im Panikmodus, die Spreads für Italien und Spanien sind auf Vor-Gipfel-Niveau. Auch politisch ist alles verloren: Was Italiens Monti in einer Nachtsitzung mit Kanzlerin Merkel an neuen Anti-Krisen-Maßnahmen durchboxte, wird im Bundestag und im deutschen Ökonomenstreit völlig zerredet. Den Praxistest haben die Beschlüsse ohnehin noch nicht bestanden.

Eigentlich war ein doppelter Befreiungsschlag geplant: Der EU-Gipfel sollte einen neuen Rahmen für den Euro entwerfen, und die EZB sollte das Vertrauen der Märkte mit Zinssenkungen und anderen Mitteln wiederherstellen. Doch es hat beides nicht geklappt. Der Masterplan für den Euro wurde von Merkel schon vor dem Gipfel abgeschossen. Und die halbherzige Zinssenkung der EZB hat die Märkte enttäuscht. Offenbar glaubt niemand, dass die neue Arbeitsteilung zwischen Politik und Geldpolitik funktioniert.

Auch die umstrittenen kurzfristigen Maßnahmen, auf die sich Merkel und Monti in der Nachtsitzung geeinigt haben, funktionieren nicht.

Der neue Mechanismus zur Stützung der Anleihemärkte leidet unter dem Problem, dass die Mittel im Rettungsfonds ESM begrenzt sind. Stützungskäufe aus dem ESM stoßen daher schnell an ihre Grenzen; Italien hat von dem neuen Tool denn auch noch keinen Gebrauch gemacht. Spanien steht noch dümmer da, denn ESM-Hilfen für die Banken soll es erst nach Gründung einer neuen Bankenaufsicht geben – und das kann dauern, bis 2013 mindestens.

Politisch ist die Lage eigentlich nur schlimmer geworden. Erst hat Merkel die komplette EU brüskiert, als sie Eurobonds ablehnte, “so lange ich lebe”. Dann hat sie ihre eigene Klientel vor den Kopf gestoßen, indem sie die Konditionen für den ESM über Nacht verändert hat – und das auh noch kurz vor dem entscheidenden Votum im Bundestag. Dort verlor Merkel die Kanzlermehrheit; kurz danach kündigten CSU und SPD an, künftig nicht mehr mitspielen zu wollen.

Innerhalb nur einer Woche hat Merkel enormes politisches Kapital verspielt – in Berlin wie in Brüssel. Das muss ihr erst einer nachmachen.

Und nun auch noch der Ökonomenstreit. Ifo-Chef Sinn und 170 weitere Ökonomen versuchen, mit fragwürdigen Argumenten die Bürger gegen die Brüsseler Beschlüsse und die Bankenunion mobil zu machen. In Wahrheit zielen sie wohl auf das Bundesverfassungsgericht – und auf die CDU. Sollten sich Sinn & Co. durchsetzen, wird Deutschland den Euro nicht mehr lange stützen können. Die eigentlichen Verlier sind aber die Südländer, die ihren Pyrrhussieg in Brüssel teuer bezahlen.

Und nun die eine-Million-Euro-Frage: wie kann es sein, dass Merkel trotz dieser gewaltigen Rückschläge mehr Vertrauen bei den Bürgern genießt denn je? 

 

 

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