Wer zahlt die Zeche, wie standhaft sind die Grünen – und hatte Vance doch recht?
Die Watchlist EUropa vom 11. März 2025 – Heute mit News und Analysen zu den Kosten der Aufrüstung, dem Haushalts-Streit mit Merz und der US-Kritik an der europäischen Demokratie.
Wer zahlt die Zeche für die “Wiederbewaffnung”, die der EU-Kriegsgipfel letzte Woche beschlossen hat? Kommissionspräsidentin von der Leyen hatte ein Volumen von bis zu 800 Milliarden Euro angekündigt.
Davon sind aber nur 150 Milliarden Euro durch ein geplantes neues, schuldenfinanziertes EU-Instrument gedeckt, für das erst noch die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden müssen, wie die CDU-Politikerin einräumte.
Der große Rest von 650 Milliarden Euro ist bisher nur ein Hoffnungswert – für den ziemlich unwahrscheinlichen Fall, dass alle 27 Mitgliedsstaaten ihre Rüstungsausgaben um bis zu 1,5 Prozent der Wirtschaftsleistung erhöhen.
Einschnitte bei Klima und Sozialem
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Dafür sollen die gerade erst reformierten EU-Schuldenregeln gelockert werden – allerdings nur für Rüstung, nicht für Klimaschutz oder Soziales. Dort gelten die Regeln weiter, so von der Leyen. Brüssel werde darüber wachen.
Womit wir eine erste Antwort auf unsere Frage hätten: Die Zeche zahlen alle jene, die auf (neue) Klima- oder Sozialprogramme hoffen. Wahrscheinlich dürfte es sogar Einschnitte in den Wohlfahrtsstaat geben – UK macht es vor.
Nach Ansicht vieler Experten wird das Geld dennoch nicht ausreichen. In Brüssel wird daher die Schaffung von „Eurobonds“ diskutiert, um sowohl die europäische Aufrüstung als auch den Krieg in der Ukraine zu finanzieren.
Diskussion über Kriegsanleihen
Für Kriegsanleihen macht sich vor allem Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron stark – seine Staatskasse ist leer. Von der Leyen zieht bisher jedoch nicht mit. Es sei noch zu früh, über neue Finanzquellen zu sprechen, sagte sie.
Zwar lägen “alle Optionen auf dem Tisch”. Doch bisher sperrt sich Berlin gegen Eurobonds. Das letzte Wort dürfte wieder von der Leyens Parteifreund Merz haben. Der CDU-Chef hatte schon zuvor den Ausschlag gegeben.
Ohne Merz’ einsame Entscheidung, alle Wahlversprechen in den Wind zu schlagen und fast unbegrenzt neue Schulden für die Aufrüstung aufzunehmen, wäre wohl auch die “Wiederbewaffnung” der EU nicht gelungen…
News & Updates
- Wie standhaft sind die Grünen? Die Spitzen der Grünen wollen den schuldenfinanzierten Milliardenplänen von Möchtegern-Kanzler Merz nicht zur Mehrheit verhelfen. Man werde keine „Wahlgeschenke“ finanzieren, erklärten sie am Montag in Berlin. Allerdings kündigten sie zugleich eigene Vorschläge an – etwa zur Aufwertung der Geheimdienste. Da stellt sich doch die Frage, wie standhaft die Grünen sind – und ob sie nicht doch noch umfallen? In Brüssel haben sie am Ende sogar von der Leyen mitgewählt…
- Armeechefs bei Macron in Paris. Die Generalstabschefs von Unterstützerländern der Ukraine beraten am Dienstag in Paris über eine Entsendung von Truppen zur Absicherung eines möglichen Friedensabkommens. Frankreichs Präsident Macron organisiert das Treffen, bei dem Deutschland durch den Generalinspektor der Bundeswehr, Carsten Breuer, vertreten ist. Auch Großbritannien und Polen werden erwartet. Allerdings will Polen keine Truppen stellen…
- Brüssel deckt Wahlmanöver in Rumänien. Die EU-Kommission will die Abweisung der Präsidentenkandidatur des rechtsradikalen rumänischen Politikers Calin Georgescu nicht kommentieren. Für Wahlen seien allein die nationalen Behörden zuständig, erklärte eine Sprecherin. Merkwürdig – denn noch im Dezember fühlte sich die EU durchaus zuständig. Und hier geht es immerhin um den Ausschluss eines Kandidaten, der in den Umfragen vorn liegt! – Mehr im Blog
Das Letzte
Hatte Vance doch Recht? Die Empörung war grenzenlos, als US-Vizepräsident JD Vance auf der Münchener (Un-)Sicherheitskonferenz die EU attackierte und ihre demokratische Reife infrage stellte. Vance warf Europa vor, sich von seinen Grundwerten abzuwenden – und nannte die rumänischen Präsidentschaftswahlen als Beispiel. Rumänien habe die Wahlen aufgrund „fadenscheiniger Beweise“ und „kontinentalen Drucks“ annulliert, erklärte der Vertreter von US-Präsident Trump. Mit diesen und anderen Behauptungen hätten sich die USA endgültig von der EU und der Nato abgewendet, schrieben zornig erregte Leitartikler. Was sie nicht beachtet haben: Der Mann hat Recht. Gerade hat Rumänien auch noch die Kandidatur des aussichtsreichsten Präsidentschaftskandidaten annuliert. Und die EU-Kommission, die “Hüterin der Verträge”, des Rechts und der Demokratie schweigt. Nun warte ich auf die entsprechenden Leitartikel…
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Monika
11. März 2025 @ 11:50
Habe ich das alles richtig verstanden?
“Wir” respektive die EU-Kommission “wünscht” ein 800 Mrd. schweres Geldpaket um eine europäische Armee auszurüsten. Diese Armee besteht derzeit lediglich aus dem Wunsch, die nationalen Armeen unter europäischem Kommando zu vereinen, obwohl diese militärischen Kräfte derzeit in der NATO unter US-Kommando fest eingebunden sind. Sollte ich richtig gelesen haben, gehen mind. 60% des gewünschten -aber noch nicht vorhandenen- Geldpakets an Rüstungsfirmen der USA. Das NATO-Statut sieht reines US-Kommando vor, egal wer die europäischen Kräfte und Mannen befehligt. Die vorgesehenen EU-Rüstungsprojekte sind im “Was wäre wünschenswert”-Stadium. (Und zerfallen zu Bröseln im Sinne des Wünschenswerten durch den aktuellen Kriegsverlauf in der Ukraine, Panzer und Mrd. teure Flugzeuge haben sich kampftechnisch “überholt”).
150 Mrd. des Geldpakets sind Schulden, die die EU -wo bitte- aufnimmt oder druckt? Die restlichen 650 Mrd sollen die europäischen Nationen aus ihrer Privatschatulle bezahlen. Wobei die Privatschatulle etlicher Nationen (alle Netto-Empfängerländer) sowieso vom steten Fluss von EU-Geldern abhängt. Deutschland als größte EU-Geldbörse ist seit 2 Jahren durch die EU-verordneten Russlandsanktionen im Abschwung, soll sich aber durch Umwidmen der der dadurch “freigewordenen” Kapazitäten im “Defence-Bereich” wirtschaftlich sanieren.
BND-Chef Kahl erzählt derweil einer polnischen Journalistin der deutschen Welle, dass der Krieg in der Ukraine bis 2029 unbedingt fortgeführt werden muss, da sonst die berechneten (!) Zeitfenster sich verschieben und “die Sicherheit der EU” gefährden würden.
Als Brech-Mittel für die Russen, soll die tatsächliche oder diskutierte “Aufrüstung Deutschlands mit eigenen Atomwaffen” taugen. Just 2029 sollen ja auch die 2026 stationierten amerikanischen Atomraketen der bilateral beschlossenen MultiDomainTaskForce durch Raketen europäischer Eigenherstellung ergänzt werden.
Wenn nun durch den unvorhergesehenen Deal Trumps der Frieden vorher ausbricht, war der ganze schöne Plan Barbarossa 2.0 für die Katz….
Das ist er zwar sowieso, da er auf Barbarossa 1.0 bzw. dem historischen Lügengebilde das Gehlen und Co. den Amerikanern nach 45 aufgetischt haben um der eigenen Verurteilung von der Schippe zu springen, aufgebaut ist. Demnach sind Slawen und “Kaukasians” ect. nur billiges Kriegsmaterial mit bedingtem Resthirn, Russland nur ein Eldorado an ausbeutungsfähigen Bodenschätzen, China und “die Asiaten” nur fleißige Bienlein, die dringend eines fähigen Imkers bedürfen.
Wie mit solchen kranken Gedanken vernünftig politisch umgehen?
Guido B.
11. März 2025 @ 16:14
“Wenn nun durch den unvorhergesehenen Deal Trumps der Frieden vorher ausbricht, war der ganze schöne Plan Barbarossa 2.0 für die Katz….”
Keine Sorge, in Europa wird noch Jahrzehnte lang kein Frieden mehr ausbrechen. Eher gefriert die Hölle.
Arthur Dent
11. März 2025 @ 09:03
Aufrüstung nur mit grünem Stahl, der dritte Weltkrieg soll klimaschonend geführt werden, sonst sind die Grünen wiedermal beleidigt. (Es hat ungefähr 140 Jahre gedauert um das Klima so zu beeinflussen wie heutzutage, wie lang wird wohl der Rückweg dauern und wer den noch erleben? Und wir sind nur durch Fortschritt und Technik in die “missliche Lage” gekommen, die soll uns jetzt auch wieder da heraus helfen. Hahaha).
Carsten Breuer ist doch der Mann, der in der Corona-Abwehrschlacht Kampferfahrungen gesammelt hat, oder? Na dann.
Guido B.
11. März 2025 @ 08:54
In Zeiten wie diesen mit Fuhrungspersonen wie diesen ist es ein Glück, dass die EU ein Flohzirkus ist. Bisher konnte nur die EZB Krisen meistern. Bei komplexen politischen Krisen wie Verteidigung, Klimaschutz und Migration ist die EU komplett überfordert. Zum Glück ist sie es, sonst hätten wir schon lange einen Weltkrieg.
Michael
11. März 2025 @ 07:39
Die Grünen sind inzwischen nurmehr standhafte Opportunisten der Macht!
Thomas Damrau
11. März 2025 @ 07:25
Die Grünen haben sich jahrelang inhaltlich prostituiert (“ich mach es Dir auch ohne Umweltschutz und Pazifismus.”) und waren danach immer frustriert, wenn ihr Lieblingsfreier CDU/CSU sie nicht heiraten wollte. Ob sie daraus gelernt haben? Ich habe da meine Zweifel. Und eine Repriorisierung zu Gunsten einer Hyper-Rüstung ist für die Grünen Vordenker schon lange kein Problem mehr.
Vance Vorstellung von Meinungsfreiheit und Demokratie ist simpel: “Wer meiner Meinung ist, darf reden – der Rest soll die Klappe halten.” Und ja: Die Radikale Mitte ( https://redfirefrog.wordpress.com/2024/03/02/das-glaubensbekenntnis-der-radikalen-mitte/ ) denkt ähnlich.