Wer ist der nächste?

Die „Rettung“ Zyperns wird zur Blaupause für andere Länder. Dies sagte Eurogruppenchef Dijsselbloem, um kurz darauf einen Rückzieher zu machen – denn seine Äußerungen hatten die Märkte erschreckt. Doch Dijsselbloems Worte waren kein Patzer: Deutschland und die Niederlande wollen das Feld von hinten aufrollen.

Wer ist der nächste? Das ist nun die große Frage, die Politiker und Experten bewegt. Malta und Luxemburg haben sie sich schon gestellt, denn auch diese beiden Länder leben – ähnlich wie Zypern – von einem aufgeblähten Bankensektor.

Die Finanzindustrie in Luxemburg ist sogar noch wesentlich größer als die in Nikosia. Die Politiker des Großherzogtums haben denn auch am lautesten das europäische Krisenmanagement kritisiert.

Deutschland dürfe nicht den Eindruck erwecken, anderen das Wirtschaftsmodell vorschreiben zu wollen, sagte Luxemburgs Außenminister Asselborn. „Mich hat schon gestört, dass für jedes Land eine andere Lösung gesucht wird“, legte Finanzminister Frieden nach.

Echte Sorgen muss man sich allerdings weder in Luxemburg noch auf Malta machen. Denn nach allem, was man weiß, droht diesen beiden Finanzplätzen (noch) keine Schieflage.

Ganz anders sieht dies in Spanien aus. Das Land musste erst vor wenigen Monaten EU-Hilfe zur Stützung seines maroden Bankensektors anfordern. Seither scheint sich die spanische Bankenkrise zwar beruhigt zu haben.

Doch die Wirtschaftskrise reißt ständig neue Löcher in den Haushalt; wegen der schweren Rezession wird Madrid auch in diesem Jahr seine Budgetziele verfehlen. Wenn sich die Lage nicht bald beruhigt, könnte die Regierung gezwungen sein, erneut die Hilfe der Euro“retter“ anzufordern.

Und welche Regeln gelten dann? Müsste auch Spanien Pleitebanken schließen und sein „Geschäftsmodell“ ändern, wie Zypern? Oder würde es vor einer solchen Radikalkur verschont, weil es viel größer ist?

Könnte Madrid gar auf Hilfe der Europäischen Zentralbank hoffen, die seit Herbst mit ihrem umstrittenen Anleihekaufprogramm bereit steht?

Niemand weiß eine Antwort auf diese Fragen, nicht einmal in Brüssel. Denn letztlich wurden die Details der Rettungsprogramme bisher immer in Berlin und Washington entschieden – bei der Bundesregierung und beim IWF.

Umso aufmerksamer beobachtet man in Madrid, wie sich die deutsche Haltung entwickelt. Auch die Politiker in Rom schauen gebannt nach Berlin.

Bisher zeichnet sich zwar noch keine „Ansteckung“ durch die Zypern-Krise ab. Italien kann sich, genau wie Spanien, weiter problemlos mit frischem Geld an den Anleihemärkten versorgen.

Doch wenn in Rom nicht bald eine arbeitsfähige Regierung gebildet wird, könnte sich das schnell ändern. Dann würde sich auch Italien die bange Frage stellen, ob Zypern wirklich ein Einzelfall war – und welche Regeln gelten.

Klar ist derzeit nur eins: Alle Euro-Länder müssen nach der deutschen Pfeife tanzen und ihr „Geschäftsmodell“ auf Vordermann bringen. Das hat Kanzlerin  Merkel nämlich schon ganz offiziell angekündigt; beim EU-Gipfel im Juni will sie ein Programm für Wettbewerbsfähigkeit auflegen.

Wer dann nicht spurt, muss sich auf das Schlimmste einstellen, wenn die Eurokrise zuschlägt. Denn Merkel will künftig nur noch jenen Ländern helfen, die sich fit für die Währungsunion gemacht haben. Das Vorbild steht auch schon fest: es ist die Agenda 2010.

Dies ist die aktualisierte Fassung eines Beitrags für die „Taz“. Das Original steht hier