Wenn Nato-“Partner” zur Gefahr werden
Was passiert eigentlich, wenn Nato-Länder zur Gefahr für das Bündnis werden? Diese Frage hat Luxemburgs Außenminister Asselborn mit Blick auf die Türkei aufgeworfen. Sie ließe sich aber auch für die USA stellen.
Sollte das Nato-Mitglied Türkei von Syrien angegriffen werden, könne sich das Militärbündnis mit dem Bündnisfall konfrontiert sehen, sagte Asselborn beim Treffen der EU-Außenminister in Luxemburg.
Diese Vorstellung sei für ihn “außerirdisch”. Schließlich habe die Türkei den Konflikt selbst ausgelöst – durch ihre “Invasion” in Syrien. Deshalb sei es undenkbar, dass die Nato ihr dann zur Seite springe.
Dabei hat es einen ähnlichen Fall schon einmal gegeben – im Angriffskrieg der USA gegen Irak. Damals kam es zwar nicht zum Bündnisfall. Doch einige Nato-Länder, darunter UK, warfen sich an die Front.
Auch jetzt werden die USA wieder zur Gefahr. Denn US-Präsident Trump hat seine Truppen aus Nordsyrien abgezogen – und damit erst die Offensive von Sultan Erdogan möglich gemacht.
Streng genommen müssten sich Asselborn und andere “alte” Europäer daher auch von den USA distanzieren. Die gesamte US-Politik in Syrien war ein Desaster für Europa – übrigens auch schon unter Ex-Präsident Obama.
All das zeigt, dass die Nato nicht mehr funktioniert. Darüber kann auch die offizielle Propaganda nicht hinwegtäuschen. Sie versucht, wie im Kalten Krieg, Russland zum Haupt-Gefährder zu stempeln.
Dabei geht die Hauptgefahr für die “freie Welt” mittlerweile von ganz anderen Staaten und Regionen aus. In Wahrheit fürchten sich die Nato-Führer auch nicht mehr vor Russlands Zar Putin.
Beim Nato-Gipfel in Brüssel vor einem Jahr verbreitete ein ganz andere Politiker Angst und Schrecken: US-Präsident Trump – mit seiner Drohung, sich aus der Nato zurückzuziehen.
Vielleicht wäre es besser gewesen, er hätte es auch getan – und Erdogan gleich mitgenommen!?
Siehe auch “Trump führt die Alliierten vor” und “Erdogan wird zum Sicherheitsrisiko”
Peter Nemschak
10. November 2019 @ 10:00
Auch die Kurden sind keine Unschuldslämmer. Sie haben die Jesiden willentlich dem Genozid des IS ausgeliefert. Es geht überall um Interessen. An moralischen Kriterien das Handeln der Akteure zu messen ist sinnlos und trägt nicht zum Verständnis bei. Internationale Politik ist ihrem Wesen nach amoralisch. Ginge es den Parteien um Werte, hätten wir ständig Krieg, da die Werte nicht absolut und keineswegs universell sind. Bei Interessen lassen sich dagegen Kompromisse finden.
Peter Nemschak
9. November 2019 @ 21:08
In einem autoritären Staat wie Russland bedeuten Wahlen nicht viel. Von einer liberalen pluralistischen Demokratie ist Russland weit entfernt. Russland und China sind der Beweis dafür, dass westliche Werte inklusive der Menschenrechte nicht universell sind. Deshalb sollte der Westen seine Interessen verfolgen statt zu versuchen seine Werte zu exportieren. Werte sind nicht kompromissfähig, Interessen sind es sehr wohl.
Pique Dame
9. November 2019 @ 19:30
Soweit ich weiß, wurde Putin gewählt. Würde es Ihnen was ausmachen, mal den “Zar” vor Putin wegzulassen? Das hat sowas von Bildzeitung, sorry.
ebo
9. November 2019 @ 20:36
Mal schauen. Solange er mit Sultan Erdogan zusammen ist, passt der Zar doch super. Sie sind beide so mächtig 🙂
Holly01
23. Oktober 2019 @ 08:30
Diese „Dominotheorie“ kommt mir irgendwie bekannt vor.
Es gibt keine Terror, der nicht staatlich organisiert ist. Es gibt Grüppchen von radikalen Spinnern, aber das ist Kriminalität.
Egal wie das Kind heißt, wenn Terror drin ist, dann ist die CIA nicht weit.
Die Radikalisierung von teilen des Islam hat viele Hintergründe, aber die bewaffnete Radikalisierung hat ebenfalls einen Namen und der lautet CIA.
Zum Religionenkrieg nur so viel, die katholische Kirche ist aktuell und historisch immer an dutzenden von Kriegen beteiligt. In Kroatien hat der Vatikan einen Milliardenkredit gegeben, wegen dem Krieg gegen die Serben.
Radikale Christen in Deutschland betreiben eine §219 Debatte die zum Himmel stinkt und von Doppelmoral nur so trieft.
Also wenn Sie eine Islamische Revolution sehen, ist das nicht ausgeschlossen. Aber dann ist das Aushängeschild „Islam“ nur Reklame und die Religion wird benutzt.
Das haben wir in Europa 2000 Jahre gemacht und das war immer ein Kassenschlager.
Egal ob bei der Humanisierung, der Entdeckung der Welt und der Christianisierung der „Wilden“ (gerne auch bei der Ausrottung der „Wilden“ aber immer mit der Entrechtung der „Wilden“ denn wer keine Rechte hat, der hat auch kein Eigentum) bis hin zur traditionellen Segnung von Waffen, war die christliche Kirche nie faul, ihre Schäfchen ins trockene zu bringen. Und die größten Nichtsnutze der Geschichte werden gesalbte Häupter, die nur vor dem Papst das Knie beugen.
Bleiben Sie also ganz entspannt. Da mag sich etwas aufbauen, aber damit haben wir 2000 Jahre Erfahrung ….
vlg
Julia
21. Oktober 2019 @ 10:42
Rebellisches Glühwürmchen – sehr sehr hübsch.
Ich möchte etwas zu bedenken geben – das gilt für alle hier im Forum, wir dürfen das nicht vergessen – so wie Donald.
1. Die Türkei will den Islam zu Weltmacht führen, dabei will sie selber natürlich die Führung übernehmen. Erdogan schwebt eine Art “Islamistisches Empire” vor, daher hat er jahrelang den IS unterstützt und versucht, den laizistischen Assad zu stürzen.
2. Schaut auf dieKarte, machen wir ein Spiel: Die Türken erobern Syrien. Sie maschieren in Damaskus ein. Dort stoppen sie aber nicht, sondern sie marschieren weiter bis Ägypten – dort warten (praktisch) schon die Muslimbrüder. Man organisiert sich neu und maschiert nach Lybien, wo der IS und Co. schon für die dementsprechende instabile Lage gesorgt hat, dass es den Türken und Muslimbrüdern nicht mehr schwer fällt, Tripolis zu erobern… Am Ende wird ganz Nordafrika erobert. Niger? Chad? Der Niger ist gespickt mit französisch/amerikanischen Luftwaffenstützpunkten, die den Vormarsch der Radikalen ggf. aufhalten sollen. Erinnert mich an “Apokalypse now” . Über den Balkan (Hotspot radikaler Islamisten) bewegt sich die “Islamarmee” auf Wien zu. (schaut euch das doch mal auf “Youtube” an, googelt doch mal “Islamarmee”. Und – ja, die Türken haben Albanien, das Kosovo und Bosnien fest im Griff. Da gibt es Horden radikaler Muslimbrüder. ICh muss euch nicht daran erinnern, dass hier in Deutschland dieses DITIB (eine Vereinigung türkischer Moscheen) dabei ertappt wurde, Muslimbrüder eingeladen zu haben. Ziemlicher Gau – ging in NRW groß durch die PResse.
WIr haben ein Problem
Holly01
17. Oktober 2019 @ 09:52
Wenn ich das richtig erinnere hat man in der Türkei immer sehr viel Wert auf Geheimhaltung gelegt.
Es gab aber immer wieder Bilder und Videos zum florierenden Handel mit dem IS.
Waffen gegen Öl (die Tankwagenschlangen waren ja auch in den Medien).
Die SUVs aus meist japanischer Produktion, neuesten Datums, die man erst in der Türkei und dann in Syrien gefilmt hat und all so Kram.
Es gab ja auch beim IS den Geldsegen per palettenweise verladenen Bargeld Dollars.
Die Liste seit dem Afghanistan Krieg der Russen ist sehr lang und die CIA war immer dabei.
Die Türkei war da immer ein williger Partner, Deutschland bestimmt auch …..
vlg
Holly01
17. Oktober 2019 @ 08:15
Ich denke so langsam wird der “Fahrplan” der türkischen Offensive deutlicher.
” https://www.heise.de/tp/features/Tuerkische-Offensive-Die-Stunde-der-Befreiung-fuer-IS-Kaempfer-und-Anhaengerinnen-4558442.html ”
Die Wertegemeinschaft will sich das Spielzeug “IS” nicht kaputt machen lassen.
Die wurden in Syrien eingekesselt und entwaffnet, so geht das ja auch nicht.
Da muss man was tun.
Seit dem Afghanistan Krieg der Russen haben die USA und die NATO da Milliarden investiert und Menschen von den Saudies und anderen “Gottesstaaten” bekommen, mit diesem Instrument wird Politik gemacht.
Die heißen inzwischen alle anders und wechseln auch gerne 3 mal am tag den namen, aber der Inhalt ist immer der selbe.
Da ist bestimmt schon ein Schiff mit neuen SUVs unterwegs und Waffen sind ja nun wirklich kein Problem.
Die Türkei hat die Jahre lang in ihren Krankenhäusern versorgt, mit Waffen ausgestattet und nun befreit.
Braver NATO Kumpel, gut gemacht.
Ihr müsst nicht immer denken die NATO macht nichts oder Europa pennt nur.
Das läuft ….
vlg
ebo
17. Oktober 2019 @ 08:48
Diesen bösen Verdacht habe ich auch. Der Sultan hat doch auch schon mal Waffen an den IS geliefert, oder?
Peter Nemschak
16. Oktober 2019 @ 11:07
Bevor man irgendjemandem Paroli bietet, wäre es sinnvoll die Interessen der EU in der Region zu definieren und die Strategie danach auszurichten. Wir haben ein Interesse daran, dass die Türkei die Fluchtbewegung nach Europa aus dem syrischen Bürgerkrieg abfängt und die gefährlichen IS-Kämpfer vor Ort bleiben. Immerhin hat die Türkei in der Vergangenheit bereits mehr als 3 Millionen Menschen aufgenommen, was viele Türken mittlerweile als Belastung empfinden. An der Entstehung eines kurdischen Parastaates hat die EU kein Interesse. Dass die Kurden den IS bekämpft haben, taten sie aus Eigeninteresse in der mittlerweile enttäuschten Hoffnung von den USA dabei unterstützt zu werden. Weder Syrien noch die Türkei, noch der Iran und der Irak haben ein Interesse am Entstehen eines Kurdenstaates in der Region, da sie alle mehr oder minder große kurdische Minderheiten auf ihrem Staatsgebiet haben. Interessanterweise hat Asad als Präsident des durch den türkischen Völkerrechtsbruch primär geschädigten Syriens nicht in den Chor der international Empörten eingestimmt, vielmehr die Gelegenheit dazu benutzt die Kurden an sich zu ziehen. Der Wertekatalog der EU ist keine geeignete Richtschnur eine EU-Strategie für den Nahen Osten zu entwickeln. Es geht um die Durchsetzung realer Interessen der EU. Daran werden die EU-Eliten von ihren Bevölkerungen, vielleicht mit Ausnahme bestimmter Intellektueller, gemessen.
Holly01
16. Oktober 2019 @ 10:24
@ Luciérnaga rebelde:
Regeln stellt man auf, damit man sie (nach persönlichem Ermessen) auf ANDERE anwenden kann.
Der internationale Gerichtshof in Den Haag ist so ein Beispiel. Rein zufällig werden da nur Leute angeklagt, die nicht auf der Linie der “Wertgemeinschaft” liegen oder in Ungnade gefallen sind.
Nein. Das kann man nicht abschaffen, das muss man als Disziplinierung auf der Hand behalten ….
vlg
Luciérnaga rebelde
15. Oktober 2019 @ 21:55
Wozu gibt es eigentlich noch so ein veraltetes Ding wie Völkerrecht? Könnte man doch wirklich mal abschaffen. Wird ja sowieso nicht eingehalten!
Peter Nemschak
15. Oktober 2019 @ 08:49
Warum haben sie es nicht getan ? Weil Trittbrettfahren bei den USA seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs sich bis vor kurzem gelohnt hat (Friedensdividende). Die internationalen Interessen der europäischen NATO-Mitglieder sind unterschiedlich. Was den einen (Deutschland) Osteuropa, ist den anderen (Frankreich, Spanien, Italien) der Mittelmeerraum. Ihr Verhältnis zu den USA ist historisch bedingt heterogen. Die Osteuropäer haben andere Sicherheitsinteressen als die Südländer. Warum kam bisher keine kohärente Flüchtlings- und Migrationspolitik zustande ? Als Obama 2012 auf die Überschreitung der roten Linie durch Asad militärisch nicht reagierte und es bei einer leeren Drohung beließ, hätte es die EU tun müssen, um ihren Gestaltungsanspruch bei der zukünftigen Friedensordnung in der Region zu demonstrieren. Beim Kampf gegen den IS war sie mehr als zurückhaltend. Zumindest hätte sie als zweitbeste Lösung gemeinsam mit den USA die Kurden militärisch unterstützen können. Solange die militärisch mächtigen USA irgendwo auf der Welt vor Ort sind, schreckt das potentielle Aggressoren davon ab diese anzugreifen. Bisherige Verbündete werden sich neu orientieren. Auch Saudiarabien wird sich nolens volens mit seinen Nachbarn arrangieren müssen. Ob die Interessen Trumps sich mit denen der USA decken, bleibe dahingestellt. Seine Vorstellungen wie Großmachtpolitik funktioniert, sind im Unterschied zu Putins oder jenen der langfristig orientierten Chinesen erstaunlich schlicht.
ebo
15. Oktober 2019 @ 10:17
Nein, weil Deutschland, Großbritannien und Polen Sonderbeziehungen zu den USA pflegen und gegen eine europäische Säule in der Nato sind. Nur unter Chirac-Schröder stand die Idee einmal kurz im Raum.
Peter Nemschak
14. Oktober 2019 @ 20:33
Die Türkei verfolgt ihre nationalen Interessen, was man ihr nicht vorwerfen kann. Diese bestehen unter anderem darin, die Entstehung eines Kurdenstaates in ihrer Nachbarschaft angesichts der eigenen starken kurdischen Minderheit zu verhindern. Die PKK, eine auch von der EU als terroristische Organisation eingestufte Partei mit Verbindungen zur kurdischen YPG in Syrien, wird von der Türkei als Gefahr für ihre nationale Sicherheit eingestuft. Man muss die Antipathie gegenüber Erdogan von den Sicherheitsinteressen der Türkei trennen. Die EU, die sich bei der Bekämpfung des IS mit Bodentruppen nobel zurückgehalten hat, hat in dieser Region keinen Einfluss. Sie hätte längst die Möglichkeit gehabt, die sich zurückziehenden US-Truppen zu ersetzen statt das Feld der Türkei, Asad und Putin zu überlassen. Sie wird von den Großmächten daher nicht ernst genommen. Seit Obama (20129 ist mit einem Rückzug der USA aus der Region zu rechnen. Trump hat ihn wiederholt angekündigt. Ob er langfristig im Interesse der USA ist, müssen diese beurteilen.
Peter Nemschak
14. Oktober 2019 @ 17:03
Besser vor der eigenen Tür kehren: wenn Mitgliedsstaaten zur Gefahr werden. Was dann ?
ebo
14. Oktober 2019 @ 17:16
Nun, die meisten EU-Staaten sind auch Nato-Mitglieder… Sie hätten sich schon längst zu einem europäischen Pfeiler im Bündnis organisieren müssen, um den USA und der Türkei Paroli geben zu können.